
© Thomas Schroeter
Castrop-Rauxeler Mieterin klagt über Vermieter Belvona: Wie bei Altro Mondo
Neuer Vermieter
Neuer Ärger um das Wohnungsunternehmen Belvona: Eine Castrop-Rauxeler Mieterin fühlt sich von Mahnungen unter Druck gesetzt. Das Unternehmen gibt ihr recht – aber nur zum Teil.
Seit mehreren Jahren wohnt Birgit Hellmann am Schophof. Dort hatte sie schon mit vielen Problemen zu kämpfen: „Irgendwann fehlt auch mir die Kraft", erzählt sie. Ihr früherer Vermieter Altro Mondo hat in Castrop-Rauxel immer wieder in der Kritik gestanden: Schimmel, unbezahlte Stromrechnungen oder defekte Klingeln − die Liste der Mängel war lang.
Zum Jahreswechsel kehrte bei den Bewohnern dann eine leise Hoffnung ein. Ein junges Unternehmen aus Düsseldorf − die Belvona GmbH − übernahm die Miethäuser am Schophof. Doch die anfängliche Euphorie ist mittlerweile verflogen.
Justizministerin Lambrecht informiert sich über Situation
Das bekam nun auch die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) mit. Schon einmal hatte sich Lambrecht mit Birgit Hellmann getroffen – vor knapp zwei Jahren, als Birgit Hellmanns Vermieter noch Altro Mondo hieß. Nun war Lambrecht im Wahlkampf zu Gast in Castrop-Rauxel.

Die Justizministerin Christine Lambrecht schaute sich den Schriftverkehr zwischen Belvona und der Bewohnerin Birgit Hellmann genau an. © Timo Pianka
Birgit Hellmann legte ihr einen Ordner mit den jüngsten Schreiben von Belvona auf den Tisch. Dabei bekam Ministerin Lambrecht ein Wort immer wieder zu lesen: Mahnung. Angefangen habe dies im Juni: „Ohne vorherige Zahlungsaufforderung habe ich direkt ein solches Schreiben bekommen“, sagte Hellmann. Darin wird sie aufgefordert, einen Mietrückstand von über 1000 Euro zu überweisen.
Mahngebühren sind „skandalös“
Hinzu kommt eine Mahngebühr von 25 Euro − für jedes neue Schreiben. Der Mieterverein Dortmund und Umgebung hält dies für „skandalös.“ Die übliche Pauschale liege bei etwa 2,50 Euro. Vier Schreiben dieser Art habe Hellmann seitdem erhalten.

Mehrfach hat der Mieterverein Dortmund und Umgebung von Belvona eine Erklärung zu den verschickten Mahnungen angefordert. © Privat
Woher die offenen Beträge stammen sollen, wisse sie jedoch nicht: „Ich habe in meinem Leben noch nie Schulden gehabt, ich kann es mir einfach nicht erklären“, erzählt die Bewohnerin. Auch der Mieterverein schrieb an Belvona, dass sich die Rückstände nicht erschließen lassen.
Trotz ihres reinen Gewissens stehe Hellmann aber unter Druck. Der Mieterin wird nämlich angekündigt, dass eine „Kündigung und Räumung“ ihrer Wohnung erfolgen würde, wenn die ausstehenden Beträge nicht gezahlt werden.

Der Bewohnerin wird mit einer "Kündigung und Räumung" gedroht, falls die offenen Beträge nicht gezahlt werden. © Privat
Im Juli äußerte sich daraufhin ein Mitarbeiter von Belvona. Die Rede war dabei von einer „irrtümlich versendeten Mahnung“, zu der weitere Erklärungen folgen würden. Was wirklich folgte, waren zwei erneute Mahnschreiben des Düsseldorfer Unternehmens.
Belvona hat Forderungen von mehr als 1000 Euro
Unsere Redaktion fragte bei Belvona nach. Dort hieß es, man habe die aktuelle Beschwerde von Birgit Hellmann geprüft. Tatsächlich hätten sich einige der Nachforderungen des Unternehmens erledigt. Dass sie noch erhoben worden seien, habe damit zu tun, dass man das Objekt erst vor kurzer Zeit übernommen habe.
Teilweise habe Birgit Hellmann Miete auch zurecht zurückgehalten. Allerdings nicht alles. Es gebe tatsächlich noch Rückstände in Höhe von 1150 Euro, die Belvona zurückverlange.
Unabhängig von dem konkreten Fall von Birgit Hellmann heißt es bei Belvona, dass die Mieter jederzeit Kontakt zu den Mitarbeitern aufnehmen können. So sei man nun bemüht, das beschädigte Vertrauen durch Altro Mondo wieder aufzubauen und den Bewohnern zur Seite zu stehen.
Für Birgit Hellmann ist Letzteres ein schlechter Scherz. Sie habe bis heute keinen Auszug ihres Mietkontos erhalten, mit dem die Forderungen geprüft werden könnten. Auch eine Anfrage des Mietervereins hierzu sei unbeantwortet geblieben.
Gleiches Muster wie bei Altro Mondo
Dieses Verhalten habe Hellmann bereits von Altro Mondo gekannt. Und sie sehe nun weitere altbekannte Muster. So sei es bereits früher der Fall gewesen, dass offene Stromrechnungen häufig im letzten Moment beglichen wurden. Gleiches wurde erst vor zwei Wochen bei Belvona bekannt.
Der Mieterverein habe Hellmann daher oft dazu geraten, sich mit anderen Bewohnern zusammenzuschließen. Doch genau das sei in den Siedlungen am Schophof schwierig: „Viele Bewohner können sich ohne Hilfe von außen nicht selbst organisieren“, erzählt der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe.
Der Castrop-Rauxeler beobachte die Entwicklung am Schophof bereits seit Jahren. Daher kenne er auch die meisten Bewohner: „Hier gibt es viele Menschen im hohen Alter oder mit sprachlichen Problemen“, so Schwabe. Daher seien auch immer nur einzelne Hilferufe zu hören.

So fing es an: Mit einem Mahnschreiben der Belvona wird die Mieterin aufgefordert, offene Beträge zu begleichen. © Privat
Einer kommt − wieder einmal − von Birgit Hellmann: „Ich bin seit Jahren eine Einzelkämpferin“, erzählt sie. Und weiter: „Vielen meiner Nachbarn ist die Situation mittlerweile egal, die haben schon resigniert“.
Psychische Folgen durch jahrelange Probleme
Doch dabei betont sie: „Ich möchte nicht mehr meine letzte Energie dafür investieren.“ Ihr jahrelanger Einsatz hat nämlich Spuren hinterlassen − zu groß ist die stetige Angst, dass sie ihr Zuhause verlieren könnte.
„Ich wache teilweise mit Herzrasen auf, so etwas hatte ich vorher nicht“, erzählt Hellmann. Für Frank Schwabe eine klare Masche: „Einige Bewohner sind psychisch irgendwann so fertig, dass sie die Mahnungen einfach bezahlen.“
Studiert Economics und Journalismus in Dortmund, schreibt über die Menschen und ihre Geschichten in Castrop-Rauxel, schätzt die Vielfalt und Mentalität im Ruhrgebiet. Arbeitet sich gerne in verschiedenste Themen ein und fühlt sich daher im Lokaljournalismus richtig aufgehoben.
