Castrop-Rauxel in der Vorreiter-Rolle: Seit 2019 wird in der Altstadt der Naschmarkt gefeiert. Andere Feierabendmarkt-Konzepte in der direkten Nachbarschaft sind deutlich jünger. Viele entstanden erst nach der Corona-Pandemie. In Dortmund, wo der erste Feierabendmarkt Ende März 2025 den Theater-Vorplatz an seine Kapazitätsgrenzen brachte, startete das Donnerstags-Event im Jahr 2021 – Recklinghausen startet Anfang Mai ins dritte Abendmarkt-Jahr.
Beide Events sind größer als die Castrop-Rauxeler Variante – dennoch herrscht Zufriedenheit bei Veranstaltern und Gastronomen. Fühlen sie sich nicht von den Nachbarn überholt? Lohnt sich das Event im kleineren Rahmen? Der Trend ist jedenfalls unverkennbar. Deswegen startet jetzt ein Castroper Gastronom in seinem Biergarten seinen eigenen Feierabendmarkt – und zwar gleich wöchentlich.

„Wir sind immer größer geworden“, sagt Steven Wels aus dem Vorstand von „Casconcept“. Die Werbegemeinschaft der Castroper Altstadt fungiert als Veranstalter. Bei den Veranstaltungen im Jahr 2024 habe Wels mit seinem Team von Monat zu Monat mehr Tische und Stühle bereitgestellt. Etwa der halbe Marktplatz wird für den Naschmarkt-Tag gesperrt – die Hälfte der Stellplätze auf dem zentralen Parkplatz fallen somit weg. Allerdings nur für einen Donnerstagabend und nicht wie bei größeren Events für mehrere Tage.
Es scheint also zu laufen. „Wir versuchen, das Beste aus unserem Budget zu machen“, sagt Wels für die ehrenamtliche Werbegemeinschaft. Knapp 2000 Euro an Unkosten entstehen pro Event. „Und da hat man noch nichts von“, sagt er. 400 bis 600 Menschen feiern dann einmal pro Sommermonat in der Altstadt – natürlich abhängig vom Wetter.
Für das Angebot sorgt derweil ein Großteil des „Who-is-who“ der Gastro-Szene: Haus Hölter, Fleischerei Holz, Parkbad Süd, Hof Menken, Edeka Gronemann, 1910/Tante Amanda sowie die Fleischerei Rathers präsentieren sich auf dem Markt. „Und danach landen dann viele in der Kulisse, der Marktschänke oder was sonst noch geöffnet hat“, stellt Steven Wels den Vorteil für die gesamte Altstadt heraus.
Zufriedenheit im Parkbad Süd
Nicht nur der Veranstalter, auch die Gastronomen zeigen sich zufrieden. Marlen Kempf, Betreiberin des Parkbads Süd, stellt die Präsentation im Zentrum der Altstadt heraus. Auch wenn das nur wenige Hundert Meter von ihrer Gastronomie entfernt liegt. „Wir können unsere eigene Gastronomie dort vorstellen, es gab auch Besucher aus dem Raum Dortmund, die uns dann hier kennengelernt haben.“ Und die, so führt sie fort, seien eben nicht an einem Großevent interessiert, zu dem der Feierabendmarkt am Theater-Vorplatz aktuell aufsteigt, sondern an einem kleinen, heimeligen Event – einem Naschmarkt eben.
„Nicht jeder mag groß und voll“, resümiert Kempf. Sie will einen „netten Treff nach Feierabend“ etablieren. Etablieren ist hierbei ein gutes Stichwort. Denn obwohl der Naschmarkt schon 2019 an den Start ging, musste er natürlich coronabedingte Pausen einlegen. „Bei Wind und Wetter hatten Gastronomen dann auch mal spontan abgesagt“, sagt Kempf, „aber wir brauchen diese Kontinuität. In Dortmund findet es auch immer nach dem selben Konzept statt.“

Einer, der sich überhaupt nicht an dem Naschmarkt-Konzept beteiligt, ist Nunzio Marcucci mit seiner Trattoria Puglia. Doch zum Start in die Biergarten-Saison lässt er nun eine Bombe platzen: „Ich veranstalte wöchentlich einen Feierabendmarkt in unserem Biergarten.“ Das Konzept der Feierabendmärkte findet also auch bei dem italienischen Gastronomen Anklang. Einmal im Monat war ihm offenbar aber zu wenig. Generell setzte Marcucci in der Vergangenheit immer wieder auf Event-Gastronomie: Weinfest, Big-Bottle-Party, Trüffel-Abend – die Ideen gehen wohl nicht aus.
Erst kürzlich überraschte er mit der Ankündigung, einen Mittagstisch etablieren zu wollen. Kurz nach der Offensive aufs Mittagsgeschäft soll nun also mittwochs der Biergarten belebt werden: „Es wurde zuletzt unter der Woche ruhiger, aber am Wochenende haben wir alle Hände voll zu tun“, sagt Marcucci. „Da habe ich mir überlegt, wie ich mein Personal beschäftigen kann“, schiebt er augenzwinkernd nach.

Das „klassische Feierabend-Konzept“ will er fahren. Antipasti zwischen 4 und 5 Euro soll es geben, drei verschiedene Gerichte kosten dann 12,50 Euro im „Angebot“. Aber auch Gegrilltes und kleine Pizzen sollen nicht fehlen. Platz will er für mehr als 160 Personen bieten: „So viele hatte ich bei der Weinmesse. Aber jetzt wollen wir mehr mit Stehtischen arbeiten.“ Jeden Mittwoch soll es ab dem 7. Mai rund gehen im Puglia-Biergarten. „Unsere Sonnensegel halten dann auch dem Regen sehr gut stand“, sagt Marcucci. Und wenn es gut läuft, dann gehe es im Herbst und Winter mit Heizstrahlern und Heißgetränken weiter.
Volle Kneipen beim Feierabendmarkt
Während in Dortmund donnerstags „gefeiert“ wird, setzt Recklinghausen seit der Einführung auf den Freitag. Dann wird es mit gastronomischem Angebot und einem DJ auf dem Platz des Ikonenmuseums bis etwa 23 Uhr richtig voll. Im Anschluss freuen sich die Kneipenbetreiber: Alle sind an den Abendmarkt-Freitagen prall gefüllt.
Ein Konzept, das auch für den Naschmarkt in Castrop-Rauxel greifen könnte? „Wir wollen die Altstadt unter der Woche beleben“, nennt Steven Wels von „Casconcept“ die Hintergründe. Dazu gebe es zwei „Nightshopping“-Events, die freitags in der Altstadt stattfinden. Auch hier mischen einige der Gastronomen mit, zusätzlich gibt es ein größeres musikalisches Angebot wie bei der „Irish Folk Night“. Am 9. Mai soll ein „spanischer Abend“ den Auftakt in die Saison einläuten. Den Naschmarkt, der erst am 12. Juni stattfindet, in der Zukunft auf einen Freitag zu verschieben – solche Pläne gibt es nicht
Genug Events in Castrop-Rauxel
Marlen Kempf kann damit gut leben. Schließlich läuft es auch in ihrem Parkbad Süd an den Wochenenden besonders gut. Hier müsste sie wohl einen größeren Spagat machen, wenn sie gleichzeitig noch den Naschmarkt bespielen will. Ein Beispiel hier ist das fünftägige Gastro-Event „Castrop kocht über“. Das Parkbad Süd bleibt zu dieser Zeit durchgehend geöffnet. Für Personal und Chefin bleibt das aber ein Kraftakt. Zudem soll der Naschmarkt nicht mit anderen Events kollidieren.
Und davon gebe es laut Steven Wels genug: „Eigentlich kannst du jedes Wochenende in Castrop-Rauxel was unternehmen“, sagt er. Auch wenn natürlich nicht jede Veranstaltung den jeweils eigenen Geschmack treffen kann. Es sei aber ein guter Mix aus Musik, Konzerten und Kultur. „Da sind wir gut aufgestellt.“ Natürlich müsse man was ändern, wenn das Konzept nicht verfängt. Genau das Gegenteil sei aber schließlich der Fall.

Einen Vorteil hat Castrop-Rauxel gegenüber den Nachbarn Recklinghausen und Dortmund aber noch: eine Menge Platz. Während dort die Locations aus allen Nähten platzen, beansprucht der Naschmarkt „nur“ den halben Marktplatz. Große Bestrebungen, das zu ändern, gibt es nicht. Offenbar wird also nicht der „große Ansturm“ erwartet, den der Saisonauftakt in Dortmund vermuten lässt.
Das Angebot ließe das aber wohl zu, wenn so viele Gastronomen mit Wein, Bier und Essen auftrumpfen. Extrem weit ist es für die Castrop-Rauxeler derweil zu den Konkurrenz-Angeboten in Recklinghausen und Dortmund nicht. Zudem gibt es schon bald Feierabendmarkt-Konkurrenz vor der „eigenen Haustür“, wenn Nunzio Marcuccis Konzept Anklang finden sollte. Feierabendmärkte boomen – auch in Castrop-Rauxel ist das Konzept erfolgreich. Aber mit eigenem, vielleicht auch etwas kleinerem Charme.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16. April 2025.