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Fahrradklimatest: Castrop-Rauxel schneidet noch schlechter ab als zuvor
ADFC
Der ADFC-Fahrradklima-Test misst alle zwei Jahre die Zufriedenheit von Radfahrern. In Castrop-Rauxel hat sich in puncto Fahrradfreundlichkeit wenig getan. Im Gegenteil. Er ist ein mieses Zeugnis.
Der Fahrradklimatest des ADFC 2020 ist nicht repräsentativ. Aber er zeigt alle zwei Jahre ein Stimmungsbild bei Radfahrern in ganz Deutschland. In Castrop-Rauxel thematisiert die Politik das Thema zwar immer wieder, zuletzt auch vor den Kommunalwahlen. Aus Sicht der Radler hat sich aber offensichtlich nicht viel getan.
Wir müssen reden: Livetalk bei uns im Internet
- Über den Verkehr in Castrop-Rauxel reden wir ausführlich am Donnerstag (18.3.2021, 20 Uhr) in einem kostenlosen Livestream auf unserem Internetportal auf rn.de/castrop live.
- In unserer Expertenrunde: Lisa Kapteinat (SPD), Michael Breilmann (CDU), Martin Kühl-Lukas (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub) und Willi Bols (Fleischer und Akteur in Sachen E-Mobilität).
- Sie haben Fragen und Beiträge zu diesem Thema? Mailen Sie an reden@ruhrnachrichten.de. Gerne können Sie uns Ihre Fragen auch während der Sendung per WhatsApp schicken. Die Nummer blenden wir zu Beginn der Talkshow ein.
In Schulnoten ausgedrückt geben die Radfahrer der Europastadt eine 4 minus. Mit 4,3 liegt Castrop-Rauxel im Vergleich mit ähnlich großen Städten bundesweit auf Platz 87 von 110, im Land NRW auf Platz 33 von 46. Der Wert hat sich über die Jahre hinweg kontinuierlich verschlechtert. 2018 gab es beim Fahrradklima-Test eine 4,0, 2016 eine 3,8.
Der ADFC verzeichnete dabei einen Teilnahme-Rekord: 230.000 Tester machten mit. Ihre Bewertungen sind ernüchternd, so der ADFC: Die Fahrradfreundlichkeit liegt wie 2018 bundesweit bei 3,9.
Auch in Castrop-Rauxel hat sich die Zahl der Radfahrer, die ihre Bewertung abgaben, mehr als verdoppelt. 181 Teilnehmer haben gleich mehrfach in Detailfragen ein mangelhaft vergeben. Am negativsten: Es gibt in der Stadt keine öffentlichen Fahrräder. Darum gab es von fast allen Fünfen und Sechsen (5,2). Eine glatte 5 gibt es für die Falschparker-Kontrolle auf Radwegen und für die Breite der Radwege. Man muss dazu wissen: An vielen Stellen gibt es überhaupt keine (kontinuierlichen) Radwege. 75 Prozent der Befragten gaben hier die Schulnoten 4 und 5.
Schlechter als in vergleichbaren Städten wird der Winterdienst auf Radwegen bewertet (4,8). Eine 3,9 gab es zwar für Radfahr-Wegweiser, doch auch das ist deutlich schlechter als in Städten vergleichbarer Größe.
Am positivsten sehen es die Castrop-Rauxler Radler an, dass es Einbahnstraßen mit der Öffnung für den Gegenverkehr gibt (3,1), dass das Stadtzentrum gut erreichbar ist (3,2) und es wenig Konflikte mit Fußgängern gibt (3,4).
Für die meisten Testteilnehmer bedeutet Fahrradfahren Stress
Macht Radfahren Spaß oder ist es Stress? Für die Mehrheit bedeutet es Stress. Die Mehrheit fühlt sich als Verkehrsteilnehmer nicht akzeptiert (4,1). Dabei ist dies sogar einer der Punkte, die ihnen neben einem konfliktfreien Nebeneinander in Rad- und Autoverkehr (4,4) sehr wichtig sind.
Die radfahrenden Testteilnehmer sind außerdem der Meinung, dass kaum etwas für den Radverkehr getan wird (4,5) – ein klares Signal an die Stadt. Bürgermeister Rajko Kravanja hatte noch vor den Kommunalwahlen angekündigt, dass am Radwegeausbau gearbeitet werde. Er hatte auch geurteilt, dass Castrop-Rauxel im Freizeitbereich bei Radwegen gut aufgestellt sei, es vor allem beim Alltagsverkehr aber Handlungsbedarf gebe.
Ein weiteres wichtiges Thema für Radfahrer ist die Sicherheit. Mit 4,6 liegt der Wert 0,4 Punkte über dem Durchschnitt der vergleichbaren Städte. Immerhin 58 Prozent der Teilnehmer werten mit mangelhaft oder ungenügend und geben damit an, dass sie sich gefährdet fühlen. 51 Prozent sehen viele Hindernisse auf Radwegen und Fahrradstreifen.
Radwege in Castrop-Rauxel in schlechtem Zustand und zu eng
Schlechte Noten zwischen 4,3 und 5,0 sammeln sich unter der Überschrift Komfort. Mangelhaft und ungenügend vergaben 58 Prozent der Teilnehmer für holprige Wege in schlechtem baulichen Zustand; 68 Prozent dafür, dass man an Baustellen meist absteigen und schieben muss; und 50 Prozent für das Mitnehmen von Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln. 51 Prozent finden kaum geeignete Abstellmöglichkeiten.
Die Corona-Pandemie führte noch zu einer Erweiterung des Fragenkatalogs im Vergleich zu den Vorjahren. Wurden den Radfahrern während der Coronazeit handfeste Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit gegeben? 86 Prozent geben hier die Schulnoten 5 oder 6. Haben die Bürgermeister und Kommunalpolitiker während der Corona-Zeit das Radfahren neu entdeckt? Auch hier Fehlanzeige: 62 Prozent vergaben die 5 oder 6.
Allerdings finden die meisten, dass die Bedeutung des Fahrrads in der Pandemie gestiegen ist (Gesamtnote 2,7). Und immerhin 57 Prozent sagen mit den Noten 1 bis 3, dass sie neue mit dem Rad erreichbare Ziele in der Umgebung entdeckt haben.