Sofort stieg der Familienvater am Sonntagnachmittag (2.2.) gegen 16.15 Uhr in sein Auto, um seinen Sohn zu finden. Mit dabei hatte er seinen Nachbarn und seinen Schwager. „Luca und sein Kumpel waren an dem Tag schon längere Zeit draußen, in der Nähe des Kulturzentrums Agora“, sagt Andre Müller wenige Tage nach dem Vorfall im Gespräch mit unserer Redaktion.
„Am Anfang konnten wir sie nicht entdecken.“ Schließlich fanden die drei Männer die zwei zwölfjährigen Jungs nahe der Martin-Luther-King-Schule im Stadtteil Ickern. „Sie waren komplett beschmutzt. Luca war blau im Gesicht, am Hals. Seine Hose war kaputt. Wir haben die beiden ins Auto eingeladen.“
Frau rief die Polizei
In einer Querstraße sah Müller einen Polizeiwagen. „Die Polizei ist ungefähr gleichzeitig mit uns angekommen.“ Wie sich herausstellte, waren die Beamten allerdings nicht durch die beiden Jungen gerufen worden, sondern durch eine Frau.
Diese habe offenbar das Gefühl gehabt, sie sei im Vorfeld der Gewalttat das Ziel von Steinwürfen der Kinder gewesen, schildert Müller. Sein Sohn habe hingegen angegeben, nur etwa golfballgroße Steine einen Hügel hinunter in Richtung der Straße Rapensweg gekullert zu haben. „Im Bowling-Stil, wohl um einen Baumstamm oder einen Busch zu treffen.“ Dass das keine kluge Aktion war, sei den Jungs jetzt auch bewusst. „Luca versicherte mir, dass sie nicht die Absicht hatten, die Straße oder gar Menschen zu treffen.“ Einer der Steine müsse seinen Weg nach unten gefunden und beinahe diese Frau getroffen haben.
Mann greift die Kinder an
Daraufhin solle ein Mann auf die Jungs losgegangen sein. „Er hat Luca gepackt und auf den Boden geschmissen“, gibt Müller die Schilderung seines Sohns wieder. Anstatt zu reden, zu fragen oder zu ermahnen, habe der Erwachsene sofort zugeschlagen. „Bitte schlag mich nicht“ habe Lucas Freund zu ihm gesagt. Doch der Mann habe sogar nachgetreten, als die Jungen auf dem Boden lagen. Schließlich ließ der Mann von den Zwölfjährigen ab und entfernte sich. „Sie sind dann weggelaufen, in Richtung ihrer Schule, und haben uns angerufen“, sagt Andre Müller. Für ihn sei es unbegreiflich, wie ein erwachsener Mann derart auf Kinder losgehen könne.
Frau wurde nicht getroffen
Eine Sprecherin der Polizei bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, dass in dem Zusammenhang zwei Anzeigen vorliegen. Einerseits habe die erwähnte Frau die Kinder angezeigt – wegen einer „versuchten gefährlichen Körperverletzung“. Es sei niemand von einem der Steine getroffen, welche die Kinder in Richtung der Straße befördert hatten. Die andere Anzeige richtet sich gegen den Mann, der auf die Kinder losgegangen ist.
Die Polizei konnte kurz nach dem Angriff im Umfeld des Agora Kulturzentrums einen tatverdächtigen Mann aus Castrop-Rauxel ermitteln und antreffen. „Der Tatverdacht hat sich erhärtet“, sagt eine Polizeisprecherin. „Der Mann wurde vorgeladen. Die Vernehmung steht noch aus.“ Dass der Tatverdächtige gefunden wurde, erfuhr Müller erst aus unserem redaktionellen Bericht.
Untersuchung im Krankenhaus
Nach einer ersten Vernehmung durch die Polizei seien die Jungen ins Krankenhaus gebracht worden. „Luca hat eine Prellung der Rippen und des Knies. Auch beide Handgelenke sind geprellt. Und er hat diverse blaue Flecken“, sagt Müller. Sein Kumpel habe diverse Kratzer im Gesicht, eine Prellung im Gesicht und eine Verstauchung der Halswirbelsäule. Beiden Jungen gehe es aber schon wieder besser. Luca konnte am Dienstag nach der Tat, nach einer weiteren Kontrolle beim Arzt, wieder zur Schule gehen.
Früher habe die Familie in Deininghausen gelebt und sei 2017 nach Ickern gezogen. „In den ganzen Jahren habe ich so etwas nie erlebt. Ich würde es – auch wenn es vielleicht ein doofes Wort ist – als Einzelfall benennen.“
