Lucia (links) und Patrizia Fiore schließen das Eiscafé Fiore am Busbahnhof in Castrop-Rauxel.

© Julian Preuß

Eine Ära endet: Traditionsreiches Castroper Eiscafé schließt wegen Corona

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58 Jahre lang hat eine Eisdiele am Münsterplatz hausgemachte Eisspezialitäten verkauft. Nun ziehen die Besitzerinnen Corona-bedingt einen Schlussstrich.

Castrop-Rauxel

, 25.02.2021, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sonnenstrahlen erhellen den Castrop-Rauxeler Busbahnhof, die Temperaturen steigen auf frühlingshafte Werte. Normalerweise herrscht an solchen Tagen Hochbetrieb im Eiscafé Fiore. Stammgäste treffen und unterhalten sich vor Ort. Laufkundschaft schaut auf der Suche nach einer leckeren Eis-Sorte vorbei. Doch die Rollläden des Eiscafés sind geschlossen. Und das wohl für immer.

Die Schwestern Patrizia (55) und Lucia Fiore (48) sind in ihrer Eisdiele. Sie bereiten das Inventar für den Verkauf vor. Gläser, Eisbecher, Besteck – alles muss weg. Als Anfang Dezember der harte Lockdown in Kraft trat, reifte in ihnen die Entscheidung, das Geschäft aufzugeben.

„Der Pandemie-bedingte Lockdown war der Hauptauslöser dafür“, sagt Lucia Fiore. Die Schwestern zogen die Notbremse, bevor es zu einer Insolvenz kommen konnte.

Die Mietkosten liefen weiter

Seit November war das Eiscafé zwangsweise geschlossen. Die allgemeinen Kosten für das Ladenlokal liefen dennoch weiter. Die staatlichen Corona-Hilfen reichten nicht aus, um das Geschäft zu erhalten.

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„Zudem hätte es sich nicht gelohnt, für einen To-Go-Service die Eismaschine laufen zu lassen“, ergänzt Patrizia Fiore. Als gelernte Konditorin fertigte sie in der Sommersaison 26 Eissorten. Zwischen 6 und 7 Uhr morgens startete sie die Eismaschine. Das Wiener Sahneeis habe sich besonderer Beliebtheit erfreut.

Patrizia Fiore backte im Winter Kuchen und Torten

„Wenn Kunden länger nicht bei uns waren, haben sie uns oft gefragt, ob wir das Wiener Sahneeis noch im Angebot haben“, schaut Patrizia Fiore zurück. Im Winter backte sie zudem Kuchen und Torten. Die Qualität der hausgemachten Speisen war eines der signifikanten Merkmale des Eiscafés.

Patrizia (l.) und Lucia Fiore vor ihrer geschlossenen Eisdiele. Öffnen wird sie wohl nicht mehr.

Patrizia (l.) und Lucia Fiore vor ihrer geschlossenen Eisdiele. Öffnen wird sie wohl nicht mehr. © Katharina Roß

Die Gelateria war für die Schwestern und ihre Kundschaft allerdings mehr als nur eine Eisdiele. „Unser Laden glich einem Generationenhaus. Wir haben viele unserer Kunden aufwachsen sehen. Viele kamen dann mit ihren eignen Kindern oder gar Enkeln zu uns“, sagt sie ergänzend.

Vom Gastarbeiter-Traum zum Gastronomie-Urgestein

Die Schwestern führten den Familienbetrieb in der zweiten Generation. 1963 eröffnete ihre Eltern Salvatore (90) und Gertrud Fiore (85) das Eiscafé am Neuroder Platz. Beide zogen sich vor gut 20 Jahren aus dem Eiscafé zurück.

„Unser Vater durchlebte die klassische Gastarbeiter-Geschichte. Er kam aus Italien nach Deutschland, arbeitete unter Tage und erfüllte sich dann den Traum von der Selbstständigkeit“, erinnert sich Lucia Fiore. Als gelernte Industriekaufrau kümmerte sie sich bislang um die Buchhaltung.

Das Foto ihres Vaters ziert noch immer ein Fenster des Ladenlokals am Busbahnhof. Vor 50 Jahren zog die Gelateria zum bekannten Standort in die Altstadt um. Im Februar hätte das Jubiläum angestanden. „Wir waren das älteste Eiscafé in der Stadt“, sagen die beiden Schwestern. Doch anstatt das 50-jährige Bestehen des Standortes zu feiern, endet eine Ära in der Castrop-Rauxeler Gastronomie-Szene.

Lucia Fiore: Schließung „bricht einem das Herz“

Umso trauriger wurden Patrizia und Lucia Fiore, als Ende Februar das Wetter frühlingshafte Züge annahm. „Viele Stammkunden haben uns bereits angerufen und gefragt, wann wir denn öffnen“, sagt Lucia Fiore. Den Kunden dann von der Schließung zu berichten, „bricht einem das Herz“, ergänzt sie.

Wie es für die Schwestern nun weiter geht, wissen sie noch nicht. „Wir möchten in ein Angestelltenverhältnis wechseln“, sagen sie. Eine Eisdiele wird es in den Räumen am Busbahnhof zukünftig nur geben, wenn sich ein Nachmieter findet. Und dann auch unter einem anderen Namen. Komplett ausgeschlossen sei es aber nicht, dass Patrizia und Lucia Fiore nochmal ein Eiscafé eröffnen. Schließlich bleibt bei traumhaftem Wetter die Nachfrage nach einem leckeren Eis ungebrochen.