Einige Castrop-Rauxeler Politiker rechnen mit über 60 Prozent Wahlbeteiligung

© Thomas Schroeter

Einige Castrop-Rauxeler Politiker rechnen mit über 60 Prozent Wahlbeteiligung

rnEuropawahl 2019

Am 26. Mai wählt Europa sein Parlament. Im zweiten Teil unserer Serie schätzen die Vertreter der Parteien in der Europastadt den Stellwert der Wahl ein - und tippen die Wahlbeteiligung.

Castrop-Rauxel

, 18.05.2019, 04:55 Uhr / Lesedauer: 4 min

Unsere Fragen: Welchen Stellenwert hat für Sie die diesjährige Europawahl und mit welcher Wahlbeteiligung rechnen Sie in Castrop-Rauxel?

Daniel Molloisch, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat:

Zum Stellenwert: Gerade in der Europastadt Castrop-Rauxel hat die Europawahl für uns eine wichtige Bedeutung. Den Titel „Gemeinde Europas“ erwarb die Stadt durch eine Teilnahme an einer Abstimmung in den 50er-Jahren, zur Fragestellung zu einem vereinten Europa. Viele wichtige Projekte wie z.B. die Agora in Ickern wären ohne die Unterstützung durch die EU nicht realisierbar gewesen. Europa spiegelt sich also auch mit seinen Projekten in unserer Stadt. Darum ist auch die Wahl zum Europäischen Parlament von großer Bedeutung.

Zur Wahlbeteiligung: Leider ist bei den Europawahlen die Wahlbeteiligung deutschlandweit immer am geringsten. Wir hoffen durch Aktionen zur Europawahl wie die Infostände der SPD in der Stadt und in Ickern, aber auch durch die Veranstaltung mit Martin Schulz am Leoplatz am 24. Mai und unsere Rote Meile am 25. Mai, bei der jeder Ortsverein ein europäisches Land vertritt, möglichst viele davon zu überzeugen zur Wahl zu gehen.

Carsten Papp, Vorsitzender der CDU Castrop-Rauxel:

Zum Stellenwert: Für mich ist gerade vor dem Hintergrund des deutlichen Zulaufs für die „Rechtspopulisten“ und damit der Europagegner die diesjährige Europawahl sehr wichtig. Die Wähler sollten den Europa-Befürwortern den Rücken stärken und durch eine hohe Wahlbeteiligung ein Zeichen gegen „Rechts“ setzen.

Zur Wahlbeteiligung: Ich rechne mit einer Wahlbeteiligung um 60 Prozent, hoffe aber, dass die Wahlbeteiligung deutlich über 70 Prozent liegt. Die Erfahrung bei der Brexit-Abstimmung in Großbritannien möchte ich hier nicht erleben, dass viele Nichtwähler nach der Wahl mit der Abstimmung nicht einverstanden sind. Deshalb werbe ich vor allem für die Abgabe der Stimme. Wir sind stolz darauf, freie Wahlen durchführen zu können. Dies ist in vielen Ländern auf der Welt nicht selbstverständlich. Aus diesem Grund sehe ich die Ausübung des Wahlrechtes auch als Bürgerpflicht.

Holger Schelte, Stadtverbandssprecher Bündnis 90 / Die Grünen:

Zum Stellenwert: Unserer Meinung nach steht die wichtigste Wahl für das Europäische Parlament überhaupt an, weil Europa sich in einer Umbruchphase befindet. Jahrelang war es Konsens, an einem vereinten Europa mitzuwirken. Jetzt aber besteht die Gefahr, dass diejenigen, die die Europäische Union zerstören wollen, mit einem erheblichen Anteil ins EU-Parlament einziehen werden. Deswegen wollen wir dafür sorgen, dass die Wahlbeteiligung hoch ist - in der Erwartung, dass viele ihr Votum für proeuropäische Parteien wie die Grünen abgeben. Es geht nicht um weniger als um die Frage, ob Europa wieder in den Nationalismus zurückfällt oder ob die Europäische Union aus der anstehenden Wahl ausreichend Kraft schöpft, notwendige Reformprozesse angehen zu können.

Zur Wahlbeteiligung: Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2014 (zeitgleich mit der Kommunalwahl) lag bei gut 44 Prozent. 2009 lag die Wahlbeteiligung bei ca. 38 Prozent. Wir wünschen uns als Grüne eine recht hohe Wahlbeteiligung und versuchen mit allen Bemühungen die Wahlbeteiligung zu steigern. Schön wäre eine Beteiligung mindestens um die 50 Prozent. Aber wir wissen natürlich, dass die Europawahl längst nicht die Aufmerksamkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern hat, die sie haben müsste. Wir gehen davon aus, dass die Wahlbeteiligung steigen wird.

Anne Krüger, Vorsitzende des FDP-Stadtverbands:

Zum Stellenwert: Einen hohen Stellenwert, denn mit dem Gang an die Urne legen wir fest, welche Bedeutung wir der EU geben. Die EU ist ein wirtschaftliches Bündnis, wir bewegen uns ganz selbstverständlich über offene Grenzen hinweg, zahlen mit der gleichen Währung.

Zur Wahlbeteiligung: Ich rechne mit einer Wahlbeteiligung von knapp 50 Prozent.

Margita Gudjons, Fraktionsvorsitzende Die Linke:

Zum Stellenwert: Durch den Brexit werden sich die Machtverhältnisse der Fraktionen und auch die Machtverhältnisse zwischen den Staaten verschieben. Wie einflussreich die Europagegner der extremen Rechten, wie stark jeweils die anderen Fraktionen sind, wird konkrete Folgen haben. Neu ist auch, dass in Deutschland erstmals Bürger wahlberechtigt sind, die der Betreuung in allen Angelegenheiten bedürfen.

Die EU wird sich verändern. Wie? Das hängt auch von der Europawahl ab.

Zur Wahlbeteiligung: Ich rechne mit einer Wahlbeteiligung von 65 Prozent.

Daniel Djan, Vorsitzender der Jusos Castrop-Rauxel:

Zum Stellenwert: Für mich hat sie in Zeiten von Brexit und Co einen riesigen Stellenwert, weil sie ein Wegweiser in vielerlei Hinsicht ist. Zum einen steht hier aufgrund des in den vergangenen Jahren stärker gewordenen Nationalismus‘ nicht mehr und nicht weniger als unser demokratisches System auf dem Spiel. Zum anderen kann ich mir vorstellen, dass wir als SPD bei diesen Wahlen einen Denkzettel verpasst bekommen werden, aus dem wir unsere Schlüsse ziehen werden müssen. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen liegt es in unserer Verantwortung, dass wir uns noch mehr in diesen Wahlkampf reinhängen und die Gespräche vor Ort suchen, um die verschiedenen Gründe für die Enttäuschung der Menschen herauszufinden.

Zur Wahlbeteiligung: Ob Fridays for Future, Bürgerinitiativen oder die verschiedensten Diskussionen bei Infoständen und der Facebook-Gruppe „Du bist Castroper, wenn…“: Ich beobachte immer wieder, wie politisch Castrop-Rauxel eigentlich ist - und das ist großartig. Die Menschen hier wissen genau, was sie von der Politik erwarten, und deswegen rechne ich auch mit einer relativ hohen Wahlbeteiligung. Die Castroper wissen, wie wichtig diese Wahl für die Demokratie ist.

Yasemin Dittrich, stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union:

Zum Stellenwert: Die Europawahl 2019 ist eine der wichtigsten und wegweisenden Wahlen seit Jahren. Bei dieser Wahl entscheidet sich, wohin der zukünftige Weg der EU gehen soll.

Zur Wahlbeteiligung: Ich glaube, dass die Wahlbeteiligung höher sein wird als 2014. Dennoch appelliere ich weiterhin an alle Wahlberechtigten, wählen zu gehen und vor allem eine demokratische Partei zu wählen. Das Wahlrecht ist auf dieser Welt noch keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Privileg.

Andreas Kemna, Die Partei Castrop-Rauxel:

Zum Stellenwert: Die diesjährige Europawahl ist für uns eine Schicksalswahl. Wir werden im Vergleich zur letzten Europawahl unser Ergebnis mehr als verdoppeln, unsere Abgeordneten mindestens verdoppeln, das Ergebnis der SPD halbieren und die CDU für die Zerstörung des Internets zur Rechenschaft ziehen.

Zur Wahlbeteiligung: Wir rechnen mit einer Wahlbeteiligung von 42,36 Prozent.

Im dritten Teil der Serie geht es um die Erfahrungen aus dem Wahlkampf in Castrop-Rauxel.