Eine Stadt als Kulisse ARD-Politthriller um Frank Schwabe spielt auch in Recklinghausen

Eine Stadt als Kulisse: ARD-Politthriller spielt auch in Recklinghausen
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Gleich zu Beginn des Spielfilms „Am Abgrund“ (Mittwoch, 6.3., 20.15 Uhr, ARD) nimmt uns die Kamera mit ins Bürgerhaus Süd. Klinkersteine so weit das Auge reicht. Jecken schunkeln im Saal. Und dabei handelt es sich um Recklinghäuser Originale: Renate Fröhlich von der Großen Recklinghäuser Karnevalsgesellschaft (GroReKa) sitzt da an einem Tisch auf der Bühne, unten im Saal klatschen Christian Jäger und Jürgen Schumachers in die Hände. Und mit ihnen am Tisch in der ersten Reihe: Schauspielerin Jasmin Tabatabai.

Die Schauspielerin ist nur eine von zahlreichen prominenten Größen, die in dem 90-Minüter mitwirken. Auf der Bühne sitzt auch ein nicht auf den ersten Blick erkennbarer Heiner Lauterbach. Martin Brambach platzt auf einem Motorrad als Teil der Inszenierung auf die Bühne. All dies wurde im April 2023 im Bürgerhaus Süd gedreht.

Es geht um die Aserbaidschan-Korruptionsaffäre. Frank Schwabe, direkt gewählter SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Recklinghausen I (Recklinghausen, Castrop-Rauxel und Waltrop), war und ist maßgeblich an der Enthüllung des Skandals beteiligt. Sein Tun ist die reale Vorlage für den Spielfilm.

SPD-Politiker Frank Schwabe (r.) und sein Alter Ego aus dem ARD-Film "Am Abgrund", Hans-Jochen Wagner, stehen bei den Dreharbeiten im Bürgerhaus Süd in einem überdimensionalen Käfig.
Bei den Dreharbeiten im Bürgerhaus Süd war auch der Original-Schwabe zugegen. © Ulrich Spies

Das Werk stellt den „Närrischen Gerichtshof“ der GroReKa nach. 2016 fuhr FDP-Politiker Wolfgang Kubicki tatsächlich auf einem Motorrad ins Bürgerhaus Süd. Der Fim-Kubicki wettert über E-Autos. Der „Angeklagte“ sitzt in einem (vom Regisseur ersonnenen) Käfig. Es geht um den SPD-Bundestagsabgeordneten und Europaratspolitiker Frank Schwabe, der von „Tatort“-Kommissar Hans-Jochen Wagner gespielt wird und der im Film Gerd Meineke heißt. Schwabe war im November 2022 die Hauptfigur des „Närrischen Gerichtshofes“ um die Verleihung der Weißen Weste.

Der Film-Schwabe ist jemand, der vom Europarat als Wahlbeobachter nach Aserbaidschan entsandt wird und sich dort eben nicht mit goldenen Kugelschreibern und Geld vom Regime kaufen lässt, wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen. Auch Meineke soll nach dem Willen der Mächtigen in Baku eine Präsidentenwahl als demokratisch abnicken. Doch der Urnengang wird manipuliert, um das gewünschte Ergebnis für die Machthaber zu erzielen. Meineke findet Stimmzettel im Keller eines Wahllokals und viele andere Ungereimtheiten. Schließlich ist er mit seinen Vorwürfen allein auf weiter Flur.

"Am Abgrund" in der ARD: Deutsche Politik im Sumpf aus Korruption

Ähnlich erging es Frank Schwabe als Wahlbeobachter 2013 in Aserbaidschan. 2020 war der Castrop-Rauxeler Leiter der Wahlbeobachter-Delegation. In Baku wird er zunehmend als Staatsfeind betrachtet. Spätestens seit er für einen vorübergehenden Ausschluss des Landes aus dem Europarat sorgte. Aserbaidschan wirft Schwabe, der dem linken Flügel der SPD angehört, Islamfeindlichkeit vor. Für Schwabe ist all dies Teil einer aus Baku orchestrierten Verleumdungskampagne.

Der Film „Am Abgrund“ zeigt, wie tief die deutsche Politik und auch Wirtschaftsvertreter in einem Sumpf aus Korruption stecken. Axel Milberg gibt den skrupellosen Firmenboss, der alle Skrupel damit abstreift, dass man ein System wie die Demokratie nicht einfach auf andere Länder übertragen könne. Denn: „Am Ende gewinnen immer die Warlords.“ Es geht im Film auch um lukrative Aufträge in dem rohstoffreichen Land, nicht zuletzt in den vor Kurzem eroberten zuvor armenischen Gebieten der Region Bergkarabach.

Am Ende explodiert eine Autobombe

Der Film weicht in manchen Punkten vom realen Geschehen ab. Herausgekommen ist ein spannender Krimi über ein tatsächliches Geschehen, das nachdenklich stimmt. Das Klischee, das der Garten des Ehepaars Schwabe ausgerechnet am Fuß eines alten Förderturms liegt, sei den Filmemachern verziehen. Eine Preview fand bereits Anfang März im Recklinghäuser Cineworld-Kino statt. 200 Gäste im vollen Saal fühlten sich bestens unterhalten. Die ARD zeigt am Mittwoch (6.6.) im Anschluss an den Film noch eine gleichnamige Dokumentation, in der der echte Frank Schwabe zu Wort kommt. Vorab ist der Film in der Mediathek zu sehen.

Schwabe sagt: „Die Person im Film ist zu 80 Prozent ich.“ Dass seine Frau selbst Aserin ist, ist Fiktion. Vieles andere nicht, wie die jüngsten Anzeigen gegen frühere Bundestagsmitglieder beweisen, die sich mutmaßlich schmieren ließen. Auch der Film-Schwabe sagt: Wenn Aserbaidschan Teil von Europa sein will, müsse es die rechtsstaatlichen Prinzipien achten. Doch das hat das Regime in Baku offenbar nicht vor. Am Ende explodiert eine Autobombe.

Im voll besetzten Kinosaal im Cineworld in Recklinghausen läuft auf der Leinwand der Film "Am Abgrund".
200 Gäste verfolgten eine Preview im Recklinghäuser Cineworld-Kino. © Michael Kavena