Dingen: Sehr ruhig und grün, aber leider ohne Laden

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Dingen: Sehr ruhig und grün, aber leider ohne Laden

rnStadtteilcheck

Normen Schrader und seine Frau Judith Alecke lieben den kleinen Stadtteil, auch wenn seine Infrastruktur nicht viel hergibt. Im eigenen Garten wandert die Sonne um das Haus.

von Abi Schlehenkamp

Dingen

, 05.04.2019, 04:55 Uhr / Lesedauer: 4 min

Als die Chance sich eröffnete, haben sie sofort zugeschlagen. Und die schöne Eigentumswohnung mit dem Garten, in dem die Sonne wandert, weil er hinter und neben dem Haus an der Talstraße liegt, gekauft. „Wir sind von A nach B gezogen“, sagt Normen Schrader, vom ersten Obergeschoss des Hauses nebenan ins Parterre.

Dass Schrader und seine Frau Judith Alecke jemals aus Dingen wegzögen: für sie beide undenkbar. Judith Alecke ist in Dingen aufgewachsen, ihr Mann immerhin auch schon seit 19 Jahren Dingener – seit die beiden ein Paar sind. Was schätzen sie so am Stadtteil Dingen? „Die Ruhe und das Grüne sind unschlagbar“, sagt Judith Alecke. „Und von hier aus hat man perfekte Verkehrsanbindungen zu den Autobahnen“, fügt Normen Schrader hinzu. Für Judith Alecke ist das auch wichtig.

„Für Kinder ist es wirklich toll hier“

Die 37-Jährige arbeitet als Bilanzbuchhalterin in Essen, ihr Mann (41) ist Bau- und Möbeltischler. Töchterchen Sophia, bald zwei, ist zur Freude ihrer Eltern ein „Draußen-Kind“, liebt es, im Garten zu spielen, zu rutschen, zu schaukeln und die Natur für sich zu entdecken. „Für Kinder ist es wirklich toll hier“, sagt Normen Schrader. Auch wenn das Ehepaar es bedauere, dass es keine Kita mehr in Dingen gibt.

Sophia besucht die Kita am Brückenweg in Castrop. Sie sei aber gut, das sei in Ordnung. Gerne hätten die Eltern Sophia in die viel nähere Kita in Bodelschwingh geschickt. Aber weil Bodelschwingh eben zu Dortmund gehört, sei das wegen des Überschreitens der Stadtgrenze nicht möglich gewesen.

Es gibt keinen einzigen Laden in Dingen, nur die Gaststätte Haus Rüther in Dingen, auch „Zur Berg-Quelle“ genannt.

Es gibt keinen einzigen Laden in Dingen, nur die Gaststätte Haus Rüther in Dingen, auch „Zur Berg-Quelle“ genannt. © Tobias Weckenbrock

Nun gehört Dingen bekanntlich zu den Stadtteilen, die zwar sehr schön grün sind, aber von der Infrastruktur her nicht bloß nicht üppig bestückt sind, sondern schlicht nicht mal mehr über einen einzigen Laden verfügen. Seit der Kiosk von Krämer im vergangenen Jahr schloss, gibt es in Dingen keine Einkaufsmöglichkeit mehr.

Kein Laden, keine Kita, keine Schule: Der kleine Stadtteil Dingen sei da schon speziell, meint Normen Schrader. Und schiebt hinterher: „Muss man schon mögen.“ Das mit dem Einkaufen sei kein Problem, wenn man motorisiert sei. Und für ältere Leute gebe es Lieferdienste. „Wir fahren nach Schwerin oder nach Bodelschwingh zum Einkauf“, berichtet Judith Alecke.

Dass Dingen mit dem Haus Rüther nur noch über eine einzige Gaststätte verfügt, sei auch nicht tragisch. „Das Kneipensterben hat es ja auch in an den anderen größeren Stadtteilen gegeben“, sagt Normen Schrader. Was ihn tatsächlich stört, sei der marode Zustand der Oestricher Straße. „Das kriegen die da einfach nicht hin“, sagt der 41-Jährige und macht dafür beide Städte, Castrop-Rauxel und Dortmund, wozu Dingen ja auch fast zur Hälfte gehöre, verantwortlich.

Dass Dingen beim Stadtteilcheck dieser Zeitung auf dem 14. von 15. Rängen landete, damit haben beide nicht gerechnet. „Das hat Dingen nicht verdient“, so Normen Schrader. In seiner Freizeit zieht es ihn ab und an in die Wälder rund um Dingen. „Fürs Mountainbike gibt es ideale Strecken hier“, sagt Schrader. Judith Alecke zieht es, wann immer es geht, in den Garten. „Den liebe ich“, sagt sie. Vom eigenen Garten profitiert auch Hund Kasper. Der zeigt sich bei unserem Besuch sehr begeisterungsfähig. Und Töchterchen Sophia winkt beim Abschied und sagt „Tschüss“.

Dingen ist sehr ruhig und sehr grün. Dafür gab es viele positive Stimmen.

Dingen ist sehr ruhig und sehr grün. Dafür gab es viele positive Stimmen. © Oskar Neubauer

Das wurde positiv bewertet

Lebensqualität: Dingen erreicht hier 9 von 10 Punkten, besser ist kein anderer Stadtteil bewertet worden. Schlechter hingegen immerhin 8 von 15. Auch bei der Sauberkeit schneidet Dingen mit 8 Punkten gut ab. Normen Schrader und Judith Alecke bestätigen, dass es in Dingen gepflegt aussehe.

Dass allerdings an der Ersatzhaltestelle für den Bus an der Talstraße kein Abfallbehälter angebracht ist, sollte korrigiert werden, sagt Normen Schrader. Und Dingen sei ein schöner, ruhiger Stadtteil mit viel Wald und Feld und einer guten Verkehrsanbindung, so die Antwort von einem Leser oder einer Leserin aus der Altersgruppe 50 bis 70. Einen kleinen Spielplatz hat Dingen übrigens auch – in der neuen Siedlung am Bogenweg.

Grünflächen: Durch die vielen Grünflächen sei Dingen ein Paradies für Hundehalter, Fußgänger und Fahrradfahrer. Supermärkte seien sowohl in Mengede als auch auf Schwerin gut zu erreichen, heißt es in einer Leser- Antwort. Dingen schneidet bei den Grünflächen nicht überraschend mit der Höchstpunktzahl von 10 ab.

Nach Schwerin kommt man per Bus nicht direkt, sondern muss den riesigen Umweg über Castrop fahren.

Nach Schwerin kommt man per Bus nicht direkt, sondern muss den riesigen Umweg über Castrop fahren. © Tobias Weckenbrock

Verkehrsbelastung: Hier gab es für Dingen 9 Punkte, stadtweit waren es 7. Damit sehen sich auch Normen Schrader und Judith Alecke in ihrer Einschätzung, Dingen sei sehr ruhig, bestätigt. Auch wenn ein Leser darauf verweist, dass viel Lärm von den beiden Autobahnen A 42 und A45 ausgehe und hier eigentlich Lärmschutzwände angebracht werden sollten, sagt Judith Alecke: „Es kommt natürlich darauf an, wo genau man wohnt.“ Aber es komme auch immer auf die Windrichtung an. Als sie mit ihrem Mann noch an der Mengeder Straße gewohnt hätte, sei die Beeinträchtigung höher gewesen. An der Talstraße höre man nichts von den Autobahnen.

Das wurde negativ bewertet

Angebote für Jugendliche: Da sieht es in Dingen mehr als bescheiden aus. Auf ganze 2 Punkte kommt der Stadtteil hier. Normen Schrader bestätigt das. Es gibt hier halt nichts Eigenständiges mehr. Auch der Sportverein sei eine Fusion eingegangen. „Von Angeboten hier ist uns nichts bekannt.“ Aber immerhin gebe es einmal im Jahr ein Siedlerfest oder ein Osterfeuer, da könnten auch junge Leute hingehen. Das Angebot für Senioren kommt mit einem halben Punkt mehr kaum darüber hinaus. Was die Präsenz von Kirche angeht: Protestanten in Dingen gehören wie in Deininghausen zur evangelischen Noah-Kirchengemeinde in Dortmund. Die evangelische Kirche an der Weimarer Straße in Deininghausen ist vor einigen Jahren an die Freie evangelische Gemeinde verkauft worden. Schrader und Alecke haben in der kleinen Schlosskirche in Bodelschwingh geheiratet.

Dingen: Sehr ruhig und grün, aber leider ohne Laden

Nahversorgung: Hier gab es 5 von 10 Punkten. Eigentlich noch erstaunlich dafür, dass es keinen einzigen Laden in Dingen mehr gibt. Die Versorgung im öffentlichen Nahverkehr sei miserabel, lautete eine Antwort. Um von Dingen nach Schwerin zum Arzt zu fahren, müsse man über den Münsterplatz in Castrop fahren. „Das ist wirklich ein Ärgernis“, sagt Normen Schrader. Und besonders für ältere Leute ein dickes Problem. In der Politik und auch bei den örtlichen Nahverkehrsunternehmen ist der Wunsch nach einer Busverbindung zwischen Dingen und Schwerin mit seiner gut ausgestatteten Infrastruktur schon lange bekannt. Eine Umsetzung scheiterte bislang, weil es da auch um die Verhältnismäßigkeit und Kosten geht. Stadtweit wurden bei der Nahversorgung 8 Punkte vergeben.

Stadtteilchronik

Wohngebäude mit Anklängen an die mittelalterliche Schlossarchitektur
Die Zeche Graf Schwerin 3/4 in Dingen, hier auf einer Aufnahme von der Schieferbergstraße / Ecke Dorlohstraße um 1965.

Die Zeche Graf Schwerin 3/4 in Dingen, hier auf einer Aufnahme von der Schieferbergstraße / Ecke Dorlohstraße um 1965. © Helmut Orwat


  • Der Ortsname Dingen wurde erstmalig in der Limburger Vogteirolle im Jahr 1220 erwähnt.
  • Freiherr Carl von Bodelschwingh-Plettenberg ließ in der Zeit von 1869 bis 1872 das Haus Dorloh erbauen. Namensgeber war die alte Flurbezeichnung „Dorlöchte“, die aus dem 15. Jahrhundert stammt.
  • Dingen wurde im Jahr 1926 in die damals neu gegründete Stadt Castrop-Rauxel eingemeindet.