Als Taxifahrer hat Muhammad Imran schon alles Mögliche gesehen und gehört. Das verwundert kaum, er transportiert oft alkoholisierte Gäste, kümmert sich um Krankentransporte, holt Menschen ab, die es eilig haben und ungeduldig sind. Zeitdruck und Stress sind Alltag. Obwohl der 44-Jährige mit seinem Unternehmen Flex Taxi in der Bahnhofstraße 256a Castrop-Rauxel erst seit einem Jahr im Geschäft ist, hat er schon viele unschöne Erfahrungen gemacht. Seine drei unangenehmsten hat er uns geschildert.
„Wenn du rein kommst, bringe ich dich um!“
Er berichtet von Gästen, die so stark alkoholisiert sind, dass er rätseln muss, wo sie hinmöchten, weil sie kaum zu verstehen sind. So ging eine Fahrt los, die er nicht so schnell vergessen wird. Zunächst sei alles normal verlaufen. Der Gast sei eingestiegen, am Ziel ausgestiegen und habe dann sein Portemonnaie gesucht. Er sei schwankend von links nach rechts gelaufen. Als Imran kurz weggeschaut habe, habe der Fahrgast die Gelegenheit zur Flucht ergriffen.
Imran habe sich das nicht gefallen lassen wollen und den Mann zur Haustür verfolgt. „Wenn du rein kommst, bringe ich dich um! Wenn du überleben willst, komm nicht rein!“, habe der Mann ihm angedroht. Angst habe er nicht gehabt, sagt Imran. „Dann kann man entweder mutig sein und hinterher gehen oder man ruft die Polizei. Ich bewahre meist sichere Distanz, wenn die so besoffen sind.“ Auf das Geld habe er lieber verzichtet.
Angriff auf Taxifahrer
In diesem Fall ist der Taxifahrer glimpflich davon gekommen. So viel Glück hatte er ein anderes Mal nicht. Er berichtet von einer Fahrt, bei der er Mitarbeitende einer Firma für Autoteile von der Arbeit abgeholt hat. Zwei Passagiere sollte er von dort zum Hotel Vienna House befördern. Doch plötzlich habe dort eine dritte alkoholisierte Person gestanden; ein Freund oder Arbeitskollege, so die Annahme Imrans. Dieser habe den Taxifahrer um eine Fahrt zum Hauptbahnhof gebeten. „Das war so nicht vereinbart, ich habe es aber trotzdem gemacht“, sagt der 44-Jährige.

Bei der Ankunft am Bahnhof sei die Situation plötzlich eskaliert. „Was guckst du mich so an?“, habe der dritte in aggressiver Stimmung zu einem der anderen gesagt. Daraufhin sei ein Streit entbrannt, der sich schnell hochschaukelte. Die Insassen hätten begonnen, aufeinander einzuschlagen und dabei auch Imran verletzt. „Als ich begriffen habe, was los war, dachte ich: Das lasse ich nicht zu‘“, schildert der Taxifahrer.
Er sei ausgestiegen, habe den Aggressiven mit aller Kraft aus dem Auto gezogen, alle Türen geschlossen und sei selbst wieder eingestiegen. Erst im Wagen habe er festgestellt, dass einer der Insassen am Kopf blutete. Der Taxifahrer habe Rettungswagen und Polizei gerufen, der aggressive Fahrgast sei beim Eintreffen der Beamten aber schon verschwunden gewesen.
Diskussionen um Festpreise
Ungefährlich, aber ärgerlich sind Kunden, die nachträglich über den besprochenen Preis verhandeln wollen. Imran erinnert sich an eine Gruppe junger Männer, die eine Fahrt nach Bochum zur Kneipenmeile „Bermuda Dreieck“ bestellt hatte. Der Anruf kam am Wochenende, wenn Hochbetrieb ist und die Wartezeiten länger sind. Vor Abfahrt hätten sich Fahrer und Fahrgäste auf 45 Euro geeinigt. Die Fahrt sei zunächst entspannt verlaufen, „wir haben uns super unterhalten“, sagt der 44-Jährige.
Doch je näher das Ziel rückte, umso mehr hätten die jungen Männer angefangen, über den Preis zu diskutieren. 30 Euro statt 45 hätten sie geben wollen. Ihre Begründung: die lange Wartezeit. Imran habe auf die 45 Euro bestanden. „An einem ruhigen Tag hätte ich vielleicht mit mir reden lassen. Ich hatte an dem Tag genug zu tun, da muss ich keinen für so wenig Geld rumfahren.“
Also habe er eine Vollbremsung hingelegt und den vollen Preis verlangt. Als die jungen Männer sich weigerten, habe der 44-Jährige die Polizei eingeschaltet. Einer der Männer sei standhaft geblieben, während die Beamten Imrans Anzeige aufnahmen, ein anderer habe nachgegeben, als die Polizei die Personalien des anderen aufnahm. Der Taxifahrer bekam schließlich doch seine 45 Euro.
„Besoffene sind wie Kinder.“
„Nachts erlebst du alles“, fasst der gebürtige Pakistani seine Erlebnisse zusammen. Er hat von seinen Erfahrungen gelernt. Bei größeren Beträgen geht er lieber in Vorkasse. Ansonsten verlässt er sich auf seine Menschenkenntnis. Natürlich komme es trotzdem vor, dass Fahrgäste die Zeche prellen oder es versuchen. Gerade bei niedrigeren Beträgen ruft er nicht immer die Polizei. „Ich bin ja schon eine Strecke gefahren, das kostet eine gewisse Zeit. Dann muss ich auf die Polizei warten, dann den ganzen Vorgang abwarten und dann geht noch mal Zeit drauf, bis ich die Strecke wieder zurückgefahren bin. Ich verliere insgesamt also sehr viel Zeit und verdiene dabei nichts.“

Mehr als ruhig zu bleiben, kann er oft nicht tun. Alkoholisierte Menschen seien oft unberechenbar. „Besoffene sind wie Kinder. Oder sie fangen an zu diskutieren. Dann stimmt man am besten einfach zu, sonst werden sie noch aggressiver.“ Beleidigungen hat er schon oft genug gehört, auch seine Fahrer berichten ihm davon immer wieder.
Zum Glück sei der Großteil der Fahrgäste freundlich. Viele Fahrten mit alkoholisierten Passagieren machen ihm Spaß. „Ich finde es immer witzig, wenn sie mir erzählen, wie sehr sie es lieben, zu saufen“, erzählt er schmunzelnd. Und mit weiblichen Gästen habe er noch nie Probleme gehabt, auch nicht, wenn Alkohol im Spiel war. Auch daran, dass manche Gäste ihm ihre Lebensgeschichte anvertrauen oder ältere Passagiere ihre gesamte Krankengeschichte ausbreiten, hat er sich gewöhnt. Muhammad Imran hat gelernt, geduldig zu sein.
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