Leerstände in der Altstadt wie hier im ehemaligen Schuhhaus Schlatholt: Warum gibt es sie? Und wie bekämpft man sie? Unsere Gastautoren haben eine Idee. © Marcia Köhler (A)
Gastkommentar
Die Castroper Altstadt stirbt! Verlegt endlich das Bürgerbüro dorthin
Wie retten wir die Altstadt in Castrop vor dem Tod? Oder wie holen wir sie aus dem Siechtum, das unsere beiden Gastautoren festgestellt haben? Sie haben Ideen und gute Argumente dafür.
von Martina Tielker und Andreas Heier
Castrop
, 08.01.2022 / Lesedauer: 3 minDie Castroper Altstadt stirbt. Zumindest siecht sie dahin. Geschäfte schließen, verkürzen ihre Öffnungszeiten (RN vom 23.9.2021 „Die Castroper Altstadt ist in Gefahr“), Gegenmaßnahmen fruchten nicht, der Bürgermeister „hofft“ auf Rettung durch Gastronomie, und die Lokalredaktion benennt die Ursachen: der Online-Handel (natürlich) und zu viele Parkplätze (RN vom 12.7.2021).
Zu viele? Im Ernst?
Es ist eine Binsenweisheit, dass unsere Innenstädte in Zukunft anders aussehen werden, als wir es aus den vergangenen Jahrzehnten kennen. Aus fast reinen Einkaufszentren in Fußgängerzonen werden sich – im besten Fall – Mischungen aus Einzelhandel, Dienstleistungen, Wohnen, Gastronomie, und Unterhaltung entwickeln. Aber diese Entwicklung kommt nicht von allein, sie muss gewollt, gefördert, schlichtweg „gemacht“ werden.
Für Castrop-Rauxel heißt dies, dass Fehlentwicklungen der Vergangenheit erkannt, eingestanden und auf keinen Fall zementiert werden dürfen. Wir müssen die Wirklichkeit anerkennen, statt realitätsfernen Utopien nachzuhängen und der Vergangenheit hinterherzulaufen.
Stellen wir uns das mal vor...
Stellen wir uns vor, wie unsere Innenstadt aussähe, wenn das Rathaus mit seinen etwa 1000 Beschäftigten, das Amtsgericht und das wunderbare WLT da wären, wo sie hingehören – nämlich in der Castroper Altstadt. Stellen wir uns weiter vor, es gäbe ausreichend Parkplätze und ein gutes Angebot an Gütern des täglichen Bedarfs. Der Innenstadt ginge es gut!
Martina Tielker ist seit zehn Jahren mit Leidenschaft selbstständige Buchhändlerin in der Castroper Altstadt. Wie sie künftig die 2G-Regel kontrollieren soll, kann sie sich noch nicht vorstellen. © Marcel Witte
Alles vergossene Milch, natürlich. Rathaus und WLT sind da, wo sie nie hingehörten. Der mit viel Geld veränderte Marktplatz bietet weniger Platz zum Parken als zuvor. Und Lebensmittel und Drogerieartikel kauft man jetzt am Westring.
All dies hat seine Gründe: falsche Einschätzungen der Stadtentwicklung vor fast einem Menschenleben, persönliche Interessen von Kommunalpolitikern vor wenigen Jahren und der nach wie vor bestehende Wunsch seitens der Politik, die Kunden der Altstadt umzuerziehen: zu Fußgängern und Radfahrern (mehr Bullerbü in Castrop, während es im Ruhrpark 5000 kostenlose Parkplätze gibt).
Es ist bedauerlich, aber eine schlichte Wahrheit: Einzelhandel ist da erfolgreich, wo er bequem mit dem Auto erreichbar ist. Wenn man hier schon gegensteuern will, sollte man nicht den Autoverkehr behindern, sondern die Erreichbarkeit mit anderen Verkehrsmitteln erleichtern. Und dann darf man zum Beispiel die Bennertor-Brücke nicht einfach vergessen. Auch ihr Fehlen schadet der Altstadt.
Viele Millionen für einen Neubau?
Und es wird schlimmer: Offenbar erwägt die Stadt Castrop-Rauxel ernsthaft, für eine Summe zwischen 7 und 17 Millionen Euro neben dem Rathaus ein neues Gebäude zu errichten. Ein Name, „BürgerRatHaus“, ist schon gefunden; vielleicht glaubt man, mit lustigen Wortschöpfungen von der in weiten Bereichen dysfunktionalen Verwaltung ablenken zu können. An diesem Standort, weitab von den Bürgern, soll eine „zentrale Anlaufstelle für Bürgerdienste und Verwaltungsabteilungen mit hoher öffentlicher Besucherfrequenz“ entstehen. Zentral ist sie dort nicht!
Genau dieses Bürgerbüro wäre um ein Vielfaches besser in der Altstadt aufgehoben: Attraktiver für die Bürger; und es würde die Frequenz in der Innenstadt massiv steigern. Die Fehlentscheidung zur Ansiedlung des Rathauses auf der grünen Wiese wäre nicht für eine weitere Generation zementiert.
Wie man den Immobilienangeboten im Internet entnehmen kann, gäbe es geeignete Flächen genug. Das Bürgerbüro am ehemaligen Schlatholt-Standort am Lambertusplatz zum Beispiel wäre ein richtiger und wichtiger Schritt zur Belebung der Altstadt (durch ca. 3000 Besucher monatlich – RN vom 23.9.2021).
Direkte Ansprechpartner vor Ort, präzise Zuständigkeiten in der Verwaltung: Einzelhandel und Gastronomie würden profitieren. Durch Handeln der Politik. Ganz einfach, ohne übertriebenen Aufwand und zum Nutzen aller. Die Politik würde sich endlich am Bürger orientieren!
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