Revisionsarbeiten in Datteln 4 haben begonnen Für acht Wochen herrscht Ausnahmezustand

Ausnahmezustand: Revisionsarbeiten in Datteln 4
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Das Kraftwerk Datteln 4 ist insgesamt acht Wochen nicht am Netz. Grund dafür sind die geplanten Revisionsarbeiten. Diese müssen in regelmäßigen Abständen von drei Jahren durchgeführt werden. Wie eine TÜV-Prüfung, nur für ein Steinkohlekraftwerk. Damit soll sichergestellt werden, dass die verschiedenen Anlagen effizient und ohne Probleme laufen.

Zwar steht die Anlage in Datteln seit dem 21. April still, aber gearbeitet wird trotzdem: Werkseigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie über 500 Angestellte von Partnerfirmen setzen derzeit das komplette Steinkohlekraftwerk instand. Insgesamt 700 Tonnen Gerüst wurden dafür auf dem Betriebsgelände installiert. Für die finale TÜV-Abnahme kommen externe Sachverständige, die eine innere und äußere Prüfung an den Anlagen vornehmen.

„Wir arbeiten in den meisten Abteilungen jeweils an sechs Tagen und in zwei Schichten“, erklärt Ilona Flechtner, Uniper-Sprecherin in Datteln. „In dieser Zeit bekommt man an vielen Stellen einen Einblick, den man sonst im alltäglichen Betrieb nicht hat.“ Für die Arbeitsabläufe gibt es einen strengen Zeitplan. Denn am 21. Juni soll das Kraftwerk wieder an das Netz angeschlossen werden.

Über 1500 Arbeitsschritte

„Es können natürlich nicht alle einzelnen Bestandteile zeitgleich kontrolliert werden. Aber jedes Teil hat eine Nummer und das wird alles genau dokumentiert“, erklärt Michael Haase, stellvertretender Kraftwerksleiter. „Durch den Dreijahresrhythmus hat man dann wirklich einmal das komplette Kraftwerk auseinander gebaut.“

In den geplanten zwei Monaten werden relevante Kraftwerkskomponenten auf ihre Funktionsfähigkeit und Verschleiß überprüft: Motoren werden ausgebaut, Filter und Pumpen überprüft, Turbinenventile abmontiert und ausgetauscht.

„Die Turbinenventile werden zum Beispiel nach Berlin geschickt und werden dort vom Hersteller selbst instandgesetzt. Deshalb werden dann neue Reserveventile eingebaut“, erklärt Haase. Dieser Posten sei einer der größten Arbeitsschritte. „Insgesamt gibt es über 1500 Arbeitsschritte, die in diesem Zeitraum durchgeführt werden müssen“, sagt der stellvertretende Kraftwerksleiter.

Kühlturm von innen. Darauf ist eine große und saubere Betonfläche zu sehen. Insgesamt ist der Bereich mit vielen Holzbalken verkleidet und auch viele Holzstützen sind zu sehen.
Dieser untere Bereich im 180 meterhohen Kühlturm ist im Regelbetrieb mit Wasser gefüllt. Der Wasserstand reicht dann bis zu drei Meter. © Sebastian Balint

Wer sich die Reparaturarbeiten im Kraftwerk laut und dreckig vorstellt, liegt falsch. Generell ist es im Steinkohlekraftwerk sauber und das nicht wegen der Revisionsarbeiten.

„Die Kohle wird über den Dortmund-Ems-Kanal angeliefert und wird dann über geschlossene Förderbänder in das Kohlelager und anschließend in den Kohlebunker transportiert“, erklärt Michael Haase.

Kesselhaus musste erst abkühlen

„Anschließend wird die Kohle in die Mühle transportiert.“ Das könne man sich vorstellen wie eine Kaffeemühle. „Die Kohle wird dann so fein gemahlen wie Mehl, damit diese bestmöglich verbrennt.“ Die neuen Mahlwalzen sind blau und aus einem keramischen Werkstoff. Keramik sei auf Dauer günstiger, weil das Material nicht so schnell abnutze, wie es bei Stahl der Fall wäre. Deshalb werden beispielsweise auch die Mahlwalzen und deren Zustand überprüft.

Anreas Kahle erklärt Volontärin Jennifer Wachte,r wie die Kohlemühle im Steinkohle-Kraftwerk funktioniert.
Die Kohlemühle gleicht dem Prinzip einer Kaffeemühle. Die blauen Walzen sind aus Porzellan und mahlen die Kohle fein wie Mehl. (v.l. Andreas Kahle und Jennifer Wachter) © Sebastian Balint

Bevor die Instandsetzung am Kesselhaus vorgenommen werden konnte, musste dieses für circa fünf Tage auskühlen. Denn normalerweise herrschen in dem Dampferzeuger etwa 1100 Grad Celsius. Die Luke ist offen, das Dämmmaterial wird geprüft sowie die Rohrleitungen, die das Wasser transportieren. „Jedes Rohr hat eine Nummer und diese werden auf Risse überprüft. Werden welche gefunden, dann müssen diese repariert werden“, erklärt Michael Haase.

Der Kohlenstaub verbrennt und bringt das Wasser in den Leitungen zum Sieden. Das Wasser wird zu Dampf und treibt die Turbine an. Ähnlich wie bei einem Fahrraddynamo wird auf diesem Weg Strom erzeugt. „Die Turbine erreicht bis zu 3000 Umdrehungen in der Minute und gilt als Herzstück des Kraftwerks“, sagt Uniper-Sprecherin Ilona Flechtner.

Ein Kühlturm von innen.
Der Kühlturm ist insgesamt 180 meterhoch und transportiert die verdunstete Wassermenge in die Atmosphäre. Für acht Wochen ist keine Dampf-Wolke am Himmel zu sehen. © Sebastian Balint

Die verdunstete Wassermenge wird durch den 180 Meter hohen Kühlturm in die Atmosphäre freigesetzt. Einen Einblick in den Kühlturm bekommt man selten: „Sonst ist es hier neblig und man kann eigentlich nicht weit sehen“, meint Andreas Kahle, der für den lokalen Dialog bei Uniper zuständig ist. Auch der Boden sei rutschig und die Wände des Turms sind aufgrund der Wasserfeuchtigkeit an manchen Stellen mit Algen besetzt.

Alles läuft nach Plan

„Wir versuchen, viel Reststoffe zu recyclen“, sagt Unternehmenssprecherin Ilona Flechtner. „In der Rauchgasreinigung kann Flugasche im Elektrofilter abgeschieden und gesammelt werden“, erklärt Andreas Kahle. Die Asche werde von der Bauindustrie häufig als Betonzusatzstoff verwendet.

„Die Rauchgasentschwefelungsanlage entfernt im sogenannten Nasswaschverfahren Schwefeldioxid aus dem Rauchgas. Hier reagiert das Schwefeldioxid chemisch mit einem Kalkstein-Wasser-Gemisch und Luftsauerstoff zu Gips“, sagt Kahle. Der getrocknete Gips werde dann per Schiff oder Lkw zu den Abnehmerfirmen in der Bauindustrie transportiert. Auch Gipskartonplatten werden daraus hergestellt.

„Bis jetzt ist alles nach Plan gelaufen und es gab keine bösen Überraschungen“, sagt Andreas Kahle, Senior PR-Manager bei Uniper. Es habe noch nichts ungeplant repariert werden müssen.

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