Corona-Lehre: Wer vorprescht, ist das ärmste Schwein
Meinung
Was hat der Wirt eines Castroper Lokals verbrochen? Er hat sich für Gesundheitsschutz eingesetzt, ehe Wildgewordene über ihn herfielen. Nun hätte er einen Candystorm verdient, meint unser Autor.
Karl-Heinz van Loon ist die ärmste Sau in Castrop-Rauxel. Oder sagen wir so: Er wird wie eine Sau behandelt. Sein Geschäft jedenfalls steht tief im Schweine-Mist. Dabei hat er eigentlich nur eines getan: Er ist vorgeprescht.
Hunderte Mails, viele unter der Gürtellinie – das tut weh! Gut ein Dutzend Ein-Stern-Bewertungen bei Google – geschäftsschädigend. Was van Loon, Wirt der Marktschänke, erlebt, ist unfassbar. Verdient hat er diesen „Shitstorm“ nicht.
Van Loon hat seine Gesundheit, die der Gäste und seiner Belegschaft nach vorn gestellt und aus freien Stücken gesagt: Ich wende die 2G-Regel an. Nachdem unsere Redaktion darüber berichtete und seine Motive darlegte, fiel eine Horde über ihn her. Sie sind die eigentlichen Schweine.
Opfer einer Troll-Kampagne
Dabei ist klar: Von denen, die schrieben, war wahrscheinlich niemand jemals in dem Altstadt-Lokal, ja nicht einmal in Castrop-Rauxel. Van Loon wurde Opfer von wild gewordenen Corona-Wutbürgern aus ganz Deutschland. Opfer einer Troll-Kampagne, die so stark war, dass er sich beugte und den Plan zurücknahm.
Keine Frage, andere Wirte entscheiden (noch?) anders und bleiben bei 3G. Er musste also nicht vorpreschen. Doch der Weg in Deutschland ist vorgezeichnet: Es wird wohl Schritt für Schritt in Richtung 2G gehen. Es dauert noch, bis wir wie in Dänemark alle Beschränkungen aufheben. Weil zu viele Menschen nicht geimpft sind, so wie die Horde, die ihn beschimpfte. Van Loon war vielleicht nur zwei Schritte voraus.
Castrop-Rauxel sollte mit einem „Candystorm“ kontern: zusammenstehen und das nächste Feierabend-Bierchen an seine Theke verlegen.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.