Was ist im Winter, wenn „die ganzen Fahrradfahrer mit dem Auto“ fahren? „Das kann doch nur zu Chaos führen!“, meint Martin Beinecke. Den Obercastroper trafen wir in dieser Woche im Feierabendverkehr am Altstadtring. Dort ist zu sehen, wie der Verkehr hier in Zukunft fließen könnte, wenn nur noch eine Autospur für den Autoverkehr freigegeben ist: Es stockt kräftig.
Als wir dort gegen 15.15 Uhr am Mittwochnachmittag den Verkehr beobachten, staut er sich vom Engelsburgplatz zurück bis hinter die Ampelkreuzung an der Holzstraße. Grund ist eine Baustelle: Am Engelsburgplatz ist die Rechtsabbiegespur wegen Bauarbeiten gesperrt. Die Straße wird auf eine Fahrspur verengt. Und dadurch kommt es zu Behinderungen und Stau. „Das zieht sich sogar bis zur Bochumer Straße runter“, meint Martin Beinecke.

Der Castrop-Rauxeler meint, man könne doch den Radweg auf dem Bürgersteig besser machen. „1,50 Meter für Radfahrer auf beiden Seiten, das müsste doch reichen“, findet Beinecke. Und dafür könnte man die zwei Autospuren, die ja auch von Bussen genutzt würden, weiter den Autofahrern überlassen. „Aber es gibt ja für schmale Radwege keine Zuschüsse“, meint Beinecke. „Ich bezweifle, dass mehr Leute aufs Fahrrad umsteigen. Es wird doch nur mehr CO₂ verbraucht, wenn die Leute im Stau stehen. Es hat Auswirkungen auf die ganze Innenstadt“, sagt er Castrop-Rauxeler, der auch beruflich viel im Auto unterwegs ist.
Er hatte seinen Unmut darüber mit einem Foto aus dem Auto aus dem Stau bei Facebook kundgetan, das ihn im Feierabend-Stau zeigte, und bekam dafür reichlich Feedback. Es entwickelte sich sogar eine Diskussion. Es gab Leute, die ihm beipflichteten, aber auch solche, die dem Radfahren das Wort redeten.
Ein Blick in die Baupläne hilft. Die sind über die Jahre in der Planung zwischen Politik, EUV, Verkehrsplanung der Stadt, den ÖPNV-Unternehmen und der letztlich zuständigen Behörde Straßen.NRW in Bochum gefasst worden und auch Teil des politisch verabschiedeten Nahmobilitätskonzeptes der Stadt.
Das gilt als Richtschnur bei allen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. Darin steht: „Auf dem Altstadtring sind im Bestand untermaßige Nebenanlagen (Radweg: 1,00 m, Gehweg: 1,40 m) mit schadhaften Oberflächen vorhanden. Es sollte grundsätzlich geprüft werden, ob eine Flächenumverteilung realisiert werden kann: Die jeweils rechte Fahrspur wird zu einem Radfahrstreifen im Radvorrangrouten-Standard (2,00 m) angeordnet.(...) Diese Situation ist zu evaluieren.“




Das Planungskonzept, das eigentlich seit Spätsommer 2021 schon vorliegt, sieht vor, im Groben vom Engelsburgplatz bis zur Karlstraße und in umgekehrte Richtung die äußeren Auto-Fahrspuren zu Fahrradspuren umzumarkieren. Die haben dann stellenweise eine Breite von 3,60 bis 3,90 Metern. Das Holpern auf Gehwegen, das Ein- und Ausfädeln an verschiedenen Übergangs-Stellen entfällt künftig.
Erst hieß es, im Jahr 2023 werde umgebaut. Zuletzt hieß es, man werde nach Abschluss der Arbeiten an der Karlstraße loslegen. Nun wird zwar am Engelsburgplatz und an der Ringstraße gebaut, dabei handelt es sich aber um Leitungs-Bauarbeiten unterhalb von Bürgersteigen. Auf dem Altstadtring wird es wohl bald losgehen.
Politisch ist der Umbau des Altstadtrings seit Sommer 2023 mit einer klaren Mehrheit vom Stadtrat beschlossen. Dass es nun Staus im Feierabendverkehr vorm Engelsburgplatz gibt, wird an diesem Beschluss wahrscheinlich nichts mehr ändern.
Martin Beinecke, der oft und viel Auto fährt, muss sich dann hier einreihen und künftig möglicherweise den einen oder anderen Radfahrer an seiner Autoscheibe vorbeifahren sehen.
Der Blick in die Planungen und ein Interview mit Martin Beinecke auf rn.de/castrop
Straßen.NRW saniert den Altstadtring in Castrop-Rauxel: Allerdings nur auf einem Teilstück