Nach Gerichtsurteil

Castrop-Rauxeler Apotheken machen sich Sorgen

Ausländische Versandapotheken müssen sich nicht mehr an die Arzneimittelpreisbindung in Deutschland halten. Das entschied der Europäische Gerichtshof jüngst in einem Urteil. Wir haben uns dazu in Castrop-Rauxel umgehört.

CASTROP-RAUXEL

, 31.10.2016 / Lesedauer: 2 min

Andreas Lohmann nimmt sich in der Altstadt-Apotheke am Markt viel Zeit für seine Kunden.

Die Luxemburgischen Richter sahen in der Vorgabe eines einheitlichen Preises für verschreibungspflichtige Medikamente einen Verstoß gegen das EU-Recht. „Unser Gesundheitssystem ist in nationaler Hand. Dem deutschen Gesetzgeber ist es leider nicht gelungen, das in Luxemburg darzustellen“, sagt Dr. Claus Ehrensberger, Apothekensprecher des Kreises Recklinghausen.

Versandapotheken locken mit Boni

Das heißt im Klartext: Inländische Apotheken, also auch deutsche Versandapotheken, sind an Preisvorgaben gebunden – ausländische, wie die niederländische DocMorris-Versandapotheke, nicht. Ehrensberger ist enttäuscht, sieht die Apotheken vor Ort diskriminiert. „Die persönliche Basisarbeit ist nicht berücksichtigt. All die Anliegen, mit denen unsere Kunden kommen, wie die Kontrolle von Blutzucker- oder Blutdruckgeräten, Problemen mit dem Inhalator, dem Trennen von Medikamenten und vielem mehr.“

Ein Service, den Versandapotheken nicht im Programm haben. Dafür locken sie mit Boni. So gewährt die DocMorris-Versandapotheke chronisch kranken Parkisonpatienten etwa zwei Euro Abschlag pro Medikament.

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Eine Aktion, die Altstadt-Apotheker Winfried Radinger als wenig wirksam einstuft. „Chronisch Kranke müssen doch sowieso nur ein Prozent ihres Jahreseinkommens für Medikamente aufwenden, ansonsten sind sie freigestellt“, erklärt er. Während Radinger noch keine Auswirkung des neuen Gesetzes feststellen kann, befürchtet Ehrensberger das Ende vieler Apotheken im ländlichen Bereich. 

Vorwurf: Krankenkassen profitieren von neuem Gesetz

In innerstädtischen Lagen floriere der Handel mit rezeptfreien Waren noch, doch auf dem Dorf würden schon viele den Versandhandel nutzen. Was, so Ehrensberger, der Strategie der Versandapotheken entgegen kommt. Denn durch die verstärkte Kundenbindung wäre der Weg zu den Krankenkassen und zu gemeinsamen Absprachen geebnet. Was den Schluss zulasse, dass letztendlich nicht die Patienten, sondern die Krankenkassen vom neuen Gesetz profitieren.

Zur Stärkung der Position der niedergelassenen Apotheken hat Ehrensberger eine andere Idee. „Man könnte, wie in der Schweiz bereits üblich, für Apotheker ein Berater-Honorar einführen“, schlägt er vor.

Das entschied der Europäische Gerichtshof - In der Preisbindung für Versandapotheken sah der Europäische Gerichtshof einen Verstoß gegen das EU-Recht. - Anbietern aus anderen EU-Ländern soll der Zugang zum deutschen Markt nicht durch Preisbindung erschwert werden. - Verschreibungspflichtige Medikamente fallen in Deutschland unter die nationale Zuständigkeit, sie müssen überall dasselbe kosten. - Bundesgesundheitsminister Gröhe lässt ein Gesetz vorbereiten, das den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten untersagt.