Die Gartenschuhe schwimmen den Eheleuten Fritz aus Castrop-Rauxel auf dem Tümpel schon entgegen. Es ist kurz nach Mitternacht. Draußen donnert und blitzt es noch. Das schlammige Wasser steht im Keller des Reihenhauses. So wie bei den Nachbarn. So wie vor acht Wochen auch schon einmal. Das Unwetter vom 17.08.2023 ist ein Drama für die Bewohner der Aapwiesen in Ickern. Ein neuerliches.
28 Jahre wohnen sie hier zusammen. Michaela Fritz ist in diesem Haus sogar selbst aufgewachsen. Mittlerweile hat sie selbst in Pascal und Patrick erwachsene Söhne. Dass ihr Ehemann eigentlich krank ist, an diesem Tag eigentlich ins Bett müsste statt in den Keller, ist noch eine ganz andere Geschichte. Die Nerven sind strapaziert. Darum macht Michael Fritz unter der Laube im kleinen Garten mal kurz eine Trinkpause. Sie hat gute Freunde aus der Nachbarschaft bei sich. Und hinter ihr liegen zwei Feuerwehrschläuche aus.

Durch die haben die Fritz‘ in dieser Nacht mit den beiden Tauchpumpen, die bis auf einen Millimeter über dem Boden alles Wasser aus dem Keller rausgepumpt haben, die Wassermassen nach draußen verfrachtet. Aber der Schlamm. Der Schlamm! Ein Riesen-„Schlammmassel“.
In der Nacht zum 23. Juni goss es heftig über Castrop-Rauxel. Die Nacht zum 17. August ist wie ein Déjà-vu. „Am Montag war noch ein Fachmann da, der für die Versicherung die Restfeuchte gemessen hat“, erzählt Michaela Fritz. Der Wert sei doppelt so hoch gewesen, wie normal: Das Haus brauche Bautrockner. Wohlgemerkt nach dem Unwetter von Mitte Juni. Nach dem neuen Gewitter wohl erst recht.
„Es blubbert wieder“ aus dem Keller
„Wir sitzen inzwischen aufrecht im Bett, wenn ein Gewitter kommt“, erzählt die Ickernerin. „Es blubbert wieder, sagte mein Mann“, berichtet sie aus der zurückliegenden Nacht. „Er ging runter, ich hinterher. Und dann kam es schon durch die Tür reingelaufen.“ Und aus der Revisionsklappe sprudelte es hoch.
Vor der Kellertür nach draußen hat sie eine kleine Stufe in der Schwelle. Dem Wasser war das egal: Es blubberte aus dem Gully hoch und war nicht zu stoppen. Im Keller selbst haben sie ohnehin schon alles hochgestellt: Sogar die Waschmaschine, Trockner und Gefrierschrank, die nach dem letzten Unwetter unter Wasser standen und dadurch hinüber waren. Die Versicherung deutete schon an, dass sie eintreten wird. Aber das dauert; und es kostet Zeit, viele Briefe und Telefonate noch und nöcher. Nerven halt.

Wie kann man das verhindern? „Wenn ich das wüsste“, sagt Michaela Fritz. Hinweise gab es nach dem letzten Unwetter. Der EUV und die Emschergenossenschaft kamen zu einer Versammlung mit Betroffenen zusammen. Die SPD Ickern hatte das Treffen organisiert. Rückschlagventile wären hilfreich, damit das Wasser nicht ins Haus, sondern aus den Gullys der Straßenkanalisation rauskommt, hieß es. Fritz‘ machten sich schlau: Sie brauchen sechs, davon eines, das elektronisch ist, sagten ihnen Fachleute für den Einbau. Kostenpunkt: 16.000 Euro.
Unterm Strich wirkte das Treffen für sie aber so: Die Emschergenossenschaft sagt, mit dem Emscherumbau habe das alles sicher nichts zu tun. Der EUV sagt, er sei für die Kanäle und Rohre und Straßenreinigung, aber nicht für die Grundstücke der Anwohner zuständig. Die Durchmesser der Rohre seien nach DIN-Norm. „Aber die Straßen standen ja gar nicht unter Wasser. Nur unsere Keller“, sagt Michaela Fritz. „Der EUV muss doch Vorsorge treffen, damit von der Straße bei uns nichts in die Keller kommt.“

15 Feuerwehreinsätze durchs Unwetter
„Man geht wirklich an seine Grenzen“, sagt Michaela Fritz. Sie habe die ganze Nacht über nicht mehr geschlafen und direkt losgearbeitet. So wie einige Nachbarn auch, wie Stephanie Jug zum Beispiel, die richtig wütend auf den EUV ist. 15 Einsätze fuhr die Feuerwehr in Castrop-Rauxel in der Nacht und am Morgen. Die waren schnell abgearbeitet. Die wahre Arbeit haben andere.

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