Mia Baum (21) will Brandmeisterin werden „Feuer ist natürlich schön“ – unter einer Bedingung

Mia Baum (21) will Brandmeisterin werden: „Wir wissen nie, wie der Tag wird. Jeder ist anders.“
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Eigentlich muss Mia Baum noch ihren heutigen Kurzunterricht vorbereiten. Doch als im Innenhof auf der Feuer- und Rettungswache an der Frebergstraße um 11.46 Uhr erst der Alarm ertönt und dann sowohl die rote als auch die blaue Signalleuchte angehen, also sowohl der Rettungsdienst als auch die Feuerwehr alarmiert werden, ist das fürs Erste egal. Womöglich sind Menschen in Gefahr, natürlich geht das vor. Mia beschleunigt ihre Schritte, quert den Innenhof und hat das gerade vor der Halle stehende Fahrzeug in wenigen Sekunden erreicht. Sie steigt in ihre Brandschutzüberhose, wirft die dazugehörende Jacke über, schlüpft in die schwer entflammbaren festen Stiefel, greift sich ihren Helm und steigt ins HLF, das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug.

Die 21-Jährige aus Dortmund-Lanstrop, die bei der Feuerwehr Castrop-Rauxel seit über einem Jahr zur Brandmeisterin ausgebildet wird, ist natürlich nicht alleine. Mit ihr rücken an diesem Freitag acht weitere Feuerwehrleute aus - in eine kleine Wohnstraße in Ickern. In einem Mehrfamilienhaus hat ein Rauchmelder angeschlagen, die Nachbarn haben die „112“ gewählt, da sie sich sorgen, weil der Bewohner nicht reagiert. Mehr wissen Mia und ihre Kameraden noch nicht, als sie Martinshorn und Blaulicht anschalten und losfahren.

Hämmern gegen die Tür

Acht Minuten später haben die Feuerwehrleute das knapp sieben Kilometer entfernte Ziel erreicht. Neben einigen Schaulustigen sind auch die Rettungssanitäter schon da. Als Mia und ihre beiden Kameraden aussteigen und sich bereitmachen, hämmern sie bereits gegen die betroffene Wohnungstür im Obergeschoss. Weil weiterhin niemand reagiert, müssen sie die Tür schlussendlich eintreten.

Ein Glück geht es dem dort wohnenden älteren Mann soweit gut, er wird mit einem Rollstuhl von den Rettungssanitätern aus dem Haus gebracht: Die Wohnung ist nur leicht verqualmt, seine Kohlrouladen auf dem Herd sind angebrannt und er hat es offenbar nicht mitbekommen, weil er auf dem Sofa eingeschlafen ist. „Nicht zum ersten Mal“, erzählt eine Nachbarin aus dem gleichen Haus direkt beim Eintreffen der Einsatzkräfte. „Irgendwann fackelt der uns hier alle noch ab“, sagt sie aufgebracht. Später, wenn der Einsatz beendet ist, werden die Feuerwehrleute bestätigen, dass sie schon häufiger hier waren. Erst einmal müssen sie aber ihren Job beenden.

Als Team funktionieren

Mia und ihre zwei Mitstreiter sollen den Flur und die Wohnung vom Rauch befreien: Also machen sie den Hochdrucklüfter bereit, stellen ihn vor dem Mehrfamilienhaus auf und öffnen ein Fenster in der verrauchten Wohnung. Als die Maschine angeschaltet wird, ist es kurzzeitig sehr laut. Die Brandmeister Kevin Kühnel und Tim Mertens zeigen Mia, worauf sie bei der sogenannten Überdruckbelüftung achten muss. Die Brandmeisteranwärterin hört und schaut aufmerksam zu.

„Feuer bei einem Einsatz ist natürlich schön“, sagt Mia später, als die Einsatzkräfte wieder zur Wache zurückgekehrt sind und etwas Ruhe eingekehrt ist. „Aber nur, wenn keiner zu Schaden kommt.“ Das sei natürlich immer das Ziel, dafür geben die Einsatzkräfte alles. „Und dafür ist es wichtig, dass wir uns aufeinander verlassen können und als Team funktionieren“, betont die 21-Jährige. Gerade das intensive Zusammenarbeiten bereitet ihr Freude. „Ich habe zuvor eine Ausbildung zur Schornsteinfegerin gemacht“, erzählt Mia. „Was mir dabei aber gefehlt hat, war dieses Zusammenarbeiten. Ich war immer nur alleine unterwegs. Und hier ist das anders: Wir sind ein Team.“

„Jeder Tag ist anders“

Schließlich verbringen die Einsatzkräfte viel Zeit miteinander. Eine Schicht dauert 24 Stunden. Mias hat heute um 7.30 Uhr begonnen. „Bis zu dem Einsatz am Mittag war es auch recht ruhig“, erzählt sie. Die anderen Einsatzkräfte und sie hätten diese Zeit genutzt, um beispielsweise die Gerätewagen und Einsatzmittel zu prüfen, die Halle zu reinigen und aufzuräumen. „Das gehört natürlich auch dazu, damit wir dann, wenn wir alarmiert werden, vorbereitet sind und einfach nur losfahren müssen“, sagt Mia. Aber gerade das sei ja das Spannende an ihrem Beruf: „Wir wissen nie, wie der Tag wird, jeder ist anders. Das ist toll.“

Auch jetzt, nach dem Küchenbrandeinsatz in Ickern reagieren die Feuerwehrleute spontan, widmen den nun anstehenden 15-minütigen Kurzunterricht dem Thema „Überdruckbelüftung“. In einer Art Puppenhaus zeigt Hauptbrandmeister Tim Mertens im Übungsraum, wie sich Rauch ausbreiten kann, und auch, welche Arten der Lüftung wie erfolgversprechend sind.

Mia ist das Thema nicht neu, sie hat bereits gelernt, dass der Rauch sich besser aus einem Gebäude pusten lässt, wenn es nur einen „Ausgang“, nur ein offenes Fenster beispielsweise, gibt. „Sonst verteilt er sich natürlich viel eher im gesamten Haus und es dauert dann länger, bis er weg ist“, weiß sie. Auch den anderen Einsatzkräften ist das natürlich bewusst. Dennoch sei es wichtig, jedes Szenario in der Theorie regelmäßig zu wiederholen und zu vertiefen und natürlich auch, neue Erkenntnisse einzuarbeiten, erklären die Feuerwehrleute.

Immer beide Positionen kennen

Und so schulen sie sich regelmäßig gegenseitig. Heute üben sie auch noch, wie eine Beckenschlinge angelegt wird. Beim ersten Mal mimt Mia die Verletzte und legt sich auf die dünne Matte. So kann sie ihren Kameraden von ganz nah zusehen. „Und außerdem ist es immer wichtig, beide Positionen kennenzulernen. Nicht nur die von uns Helferinnen und Helfern, sondern auch die der Verletzten“, erklärt Mia. „Damit wir uns etwas besser in sie hineinversetzen können.“ Anschließend wird gewechselt.

Irgendwann am frühen Nachmittag aber ist die Luft etwas raus. Da trifft es sich gut, dass einer der Feuerwehrmänner Waffeln gebacken hat. „Auch das gehört dazu“, sagt Mia. „Wenn es passt, dann frühstücken wir zusammen und essen zusammen Abendessen. Oder eben auch mal, wie heute, Waffeln. Wir sind eben nicht nur ein gutes Team, wir sind wie Freunde, wie Familie. Und das finde ich wunderbar.“

Die Feuerwehr Castrop-Rauxel hat rund 130 hauptamtliche Einsatzkräfte und knapp 170 Angehörige bei den insgesamt fünf Freiwilligen Feuerwehren.

Unter den hauptamtlichen Einsatzkräften sind aktuell 87 Beamte, darunter 78 Männer und neun Frauen. Ausschließlich im Rettungsdienst sind derzeit 17 Menschen beschäftigt, darunter zehn Männer und sieben Frauen. 13 weitere befinden sich derzeit in Ausbildung.

Brandmeisteranwärterinnen und -anwärter wie Mia Baum werden dringend gesucht - und zwar mehrere. Sie können sich noch bis einschließlich Donnerstag (20.4.2023) bei der Stadt Castrop-Rauxel für die insgesamt 18 Monate lange Ausbildung bewerben, die frühestens zum 1. April 2024 beginnt.

Interessierte müssen mental und körperlich fit sein, die sportliche Eignung muss bei einem Sporttest nachgewiesen werden. Sie benötigen mindestens einen Hauptschulabschluss sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem handwerklichen, technischen oder einem anderen „für den feuerwehrtechnischen Dienst geeigneten Beruf“ (zum Beispiel Rettungsassistent oder Notfallsanitäter). Sie müssen zwischen 18 und 40,5 Jahre sein und über einen gültigen Führerschein der Klasse B oder C verfügen.

Alle Informationen zur Bewerbung und die Kontaktdaten bei Nachfragen gibt’s auf der Homepage der Stadt.

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