Nach dem Brand an der Wartburgstraße können die 20 gemeldeten Bewohner weiterhin nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. Die Schadstoffbelastung macht das unmöglich. Also müssen die Betroffenen improvisieren. Eine große Hilfe sind dabei die Spenden aus der Bevölkerung, die von vier Vereinen gesammelt werden, die sich für die Aktion zusammengeschlossen haben.
Am Nachmittag des 14. Oktobers hatte der Dachstuhl Feuer gefangen – der Brand war erst durch die Feuerwehr in den Griff zu bekommen, die ihn unter Einsatz großer Wassermengen löschten. „Alle Wohnungen standen unter Wasser“, sagt Anika Koltermann, die mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in dem Haus an der Wartburgstraße wohnte.

Bereits kurz nach dem Feuer bat die Familie Koltermann in sozialen Medien öffentlich um Unterstützung. „Als allererstes haben wir natürlich nach einer Unterkunft gesucht“, sagt Gerrit Koltermann. Übergangsweise sind sie über ihr Umfeld an eine Wohnung gekommen, die aber zu klein ist, um mit allen drei Kindern darin zu wohnen. Ihre Tochter wohnt deshalb zunächst bei ihrem Vater in Bochum. „Was ich am dringendsten möchte ist, meine Familie wieder zusammenzuhaben und meinen Kindern etwas Normalität zu bieten“, sagt Anika Koltermann.
Außer ihrer Familie meldeten sich schnell weitere Betroffene oder deren Angehörige in den sozialen Medien. So bat etwa die Familie Köppen nach Unterstützung, nachdem David Köppen seine Wohnung an der Wartburgstraße in Folge des Brandes verloren hat. Bald kam der Gedanke auf, dass ein gemeinsamer Spendenaufruf für alle Betroffenen am sinnvollsten wäre. Und da kamen die Vereine ins Spiel.

Mehrere der Betroffenen hätten Verbindungen zu Castrop-Rauxeler Vereinen, sagt Nadine Mücke, stellvertretende Geschäftsführerin von Arminia Ickern. Schnell habe sie ihre Bekannte Svenja Rönsdorf von Victoria Habinghorst angerufen und kurz darauf war auch Klaus Pieper vom Kleingartenverein Ickern-Ost im Boot. Zu den Trainingszeiten der Arminia konnten am Vereinsheim an der Recklinghauser Straße Spenden abgegeben werden. Da mehrere Bewohner der Wartburgstraße ihren gesamten Besitz verloren hatten, wurde laut Mücke alles Mögliche benötigt: Klamotten für Kinder, Frauen und Männer, Schulsachen, Spielzeug und so weiter.
Ein Schneidebrett vom Weltmeister
Die Spendenbereitschaft war gigantisch. Innerhalb weniger Tage stapelten sich im Vereinsheim große Mengen an Kleidung. „Alle möglichen Leute haben Spenden vorbeigebracht“, sagt Klaus Pieper. „Praktisch ein Querschnitt der Gesellschaft.“ Menschen jedes Alters, Vereine und Firmen hätten sich gemeldet, um ihren Teil beizutragen. Auch der SV Wacker Obercastrop schaltete sich mit einer Tombola-Aktion bei ihrem vergangenen Heimspiel gegen die Sportvereinigung Herne-Horsthausen ein. Zu gewinnen gab es unter anderem ein signiertes Wacker-Trikot von Kevin Großkreutz, aber auch Dortmund-Frühstücksbrettchen mit den Unterschriften von Weltmeister Großkreutz und Ex-BVB-Profi Antonio Da Silva. „Besonders hat uns gefreut, dass auch viele Gäste-Fans Lose gekauft haben“, erzählt René Kullick.

„In den Vereinen gibt es viele sozial eingestellte Menschen“, sagt Svenja Rönsdorf. „Ich kenne mehrere Leute, die normalerweise einen Obolus für ihr Engagement bekommen und das Geld diesen Monat stattdessen in den Spendentopf tun.“ Es gibt zudem ein Spendenkonto, auf dem sich zu Redaktionsschluss am Montag, 21. Oktober, 735 Euro befinden. Das Spendenkonto sei noch bis zum 14. November geöffnet, dann werde der Betrag unter den Betroffenen aufgeteilt, sagt Mücke. Weiteres Geld für die Spendenaktion wollen die Vereine sammeln, indem sie Waffeln backen und Currywurst mit Pommes verkaufen. Am Samstag, 26. Oktober, werden von 9 bis 16 Uhr Waffeln bei Kaufland am Widumer Tor verkauft – die Zutaten steuert der Supermarkt kostenlos bei. Bereits am Freitag, 25. Oktober, gibt es Currywurst-Pommes für 5 Euro am Arminia-Vereinsheim. Die Lebensmittel dafür spenden Globus und Dembra.
Mittlerweile sind so viele Kleiderspenden eingegangen, dass die Vereine darum bitten, nicht noch mehr vorbeizubringen. Die Kinder seien inzwischen auch mit genügend Schulsachen versorgt. Sobald alle Familien eine Unterkunft gefunden haben, in der sie bleiben können, wollen die Organisatoren Spendenwünsche erfassen und anhand dieser Liste erneut einen Spendenaufruf starten. Dann dürfte es vor allem um Möbel gehen. Da die meisten Familien laut Familie Koltermann keine Hausratsversicherung hatten, werden sie aus eigener Tasche neues Mobiliar kaufen müssen. „Man kann versuchen, auf Schadensersatz zu klagen“, meint Gerrit Koltermann. Aber die Erfolgsaussichten schätze er als eher gering ein, obwohl der Brand nach Angaben der Polizei fahrlässig verursacht wurde.

Dass die Vereine ihnen die Arbeit mit der Spendenaktion abgenommen haben, ist eine große Erleichterung für die betroffenen Familien. „Das ist top organisiert und eine riesige Hilfe für uns“, sagt Gerrit Koltermann. Dadurch, dass die Spendensammlung im Vereinsheim erfolgt, muss die Familie nicht selbst sortieren, was sie braucht und was nicht. Sie kann einfach zur Arminia fahren und sich aussuchen, was sie wollen. „Wir sind sprachlos bei so viel Hilfsbereitschaft“, sagt Anika Koltermann. „Damit hätten wir nicht gerechnet.“ Es komme ihr komisch vor, ohne Gegenleistung um Spenden zu bitten, sagt sie. Die Antwort der Organisatoren: „Keiner von uns macht das mit irgendeiner Erwartung an euch.“
Über den Brand an der Wartburgstraße sprachen wir auch in unserem Podcast