Jennifer Hennig bringt jeden Morgen ihre Töchter Johanna Lani (9) und Josefine (7) gemeinsam mit deren Freundinnen Lia und Johanna (7) vom Obercastroper Eselsberg zur Elisabethschule. Zu Fuß.
Das tun nicht alle Eltern, weil sie zum Teil gar nicht die Zeit dafür haben, wenn sie berufstätig sind. Viele bringen ihre Kinder schnell mit dem Auto hin. Dadurch entsteht Verkehrsdruck vor den Schulhöfen. Ein Mittel dagegen: sogenannte Hol- und Bringzonen. Die Elisabethschule hat als nächste Grundschule gerade zwei solcher „Elternhaltestellen“ bekommen. Sie sind etwas weiter von der Schule entfernt, hier soll man sicher aussteigen und den Rest des Weges zu Fuß gehen können.
15 Familien schreiben E-Mail
Einige wollen das nicht. Aus Gründen: „Ich bin immer zu Fuß gegangen, als ich ein Kind war. Das gehört für mich auch zum Großwerden dazu“, sagt Jennifer Hennig. Dabei meint sie nicht die paar Meter von der Bringzone bis zur Schule. Sie meint den Weg vom Zehntfeld auf dem Eselsberg auf halbem Weg nach Gerthe die Bochumer Straße entlang, über den Zebrastreifen, die Bornstraße und die Christinenstraße bis zum Ziel.
Guten Gewissens könne sie ihre Kinder aber nicht allein gehen lassen. Darum hat sie zusammen mit 15 anderen Familien von der Kreuzstraße, Breckenstraße, Bookenweg und Zehntfeld vergangenen Winter eine Mail an die Stadtverwaltung geschickt.
Aktuell „versuchen die Kinder, die Bochumer Straße über den Zebrastreifen an der Elisabethkirche zu überqueren“, heißt es darin. Ein Großteil der Autofahrer bremse aber nicht früh ab oder fahre direkt durch, obwohl Kinder am Straßenrand stehen.

Beim Ortstermin mit unserer Redaktion erleben Jennifer Hennig und die vier Mädchen das: Sie stehen am Bordstein, vor ihnen der Zebrastreifen, über ihnen grellgelbes Licht der Straßenleuchten – und es fahren Autos weiter. „Letztens hat uns ein Rollerfahrer fast umgefahren“, sagt Josefine. Und Viertklässlerin Johanna bestätigt, dass sie es gefährlich findet.
Der Zebrastreifen werde von wenigen Verkehrsteilnehmern beachtet, schildern die Eltern in ihrer Mail an die Stadt. „Könnte man in Höhe der Breckenstraße nicht eine dauerhafte Fußgänger-Ampel installieren?“, fragt Jennifer Hennig stellvertretend für die anderen Familien? Der Verkehr, der von Bochum aus komme, müsse schon am Reiterhof stärker gebremst werden. Das Tempo-30-Schild kurz hinter der Kurve werde gern übersehen. „Oder gibt es Alternativen, die den Verkehr verlangsamen?“, fragt sie die Stadt.
Deutlich zu schnell
Vorteil einer Ampel oder Querungshilfe oben am Ortseingang wäre aus ihrer Sicht, dass man auch die Straße zur Bushaltestelle überqueren könnte. Ab 2023 geht ihre älteste Tochter zur weiterführenden Schule. Die Kinder gehen dort über die Straße, ein Umweg mehrere Hundert Meter die Straße zum Zebrastreifen runter und dann wieder rauf sei kaum vermittelbar.
„Im Bereich der Bushaltestelle gilt aktuell Tempo 50, doch die Autos aus Richtung Bochum fahren oft mit deutlich höherer Geschwindigkeit an der Haltestelle vorbei“, meint Jennifer Hennig.
Auf Anfrage unserer Redaktion verrät die Stadt, dass es einen Ortstermin des Bereiches Ordnung zusammen mit Straßen.NRW, Polizei, Straßenmeisterei des Landesbetriebes und EUV gegeben habe. Man reagiere nun: Hellere Leuchten an der Hochkette über dem Fußgängerüberweg würden bald kommen. Ein sichtbehindernder Baum werde gefällt. Das Laub des Baumes habe den Lichtkegel der Laterne eingeschränkt.
Das 30 km/h-Schild aus Richtung Gerthe kommend werde merklich vorgezogen, „so dass sich in Richtung Zebrastreifen die gefahrenen Geschwindigkeiten erheblich verringern dürfte“, sagt Stadtsprecherin Nicole Fulgenzi. „Panzerblitzer Gunther“ könne dann vor dem Zebrastreifen zum Einsatz kommen. „Bisher war die notwendige Messstrecke zumindest vor dem Zebrastreifen für Geschwindigkeitsmessungen zu kurz“, erklärt sie. Auch Fußgängerpiktogramme auf der Fahrbahn könne sich die Stadtverwaltung mittelfristig vorstellen.
Im August verunglückte nicht weit von hier, an der Cottenburgstraße, ein Junge aus Johanna Lanis Klasse mit dem Fahrrad. Da, wo zwei Zebrastreifen und vier grellgelbe Laternen die Straße deutlich zerschneiden, weil die Stadt hier schon etwas für die Verkehrssicherheit tat. Auch mit der neuen Elternhaltestelle an der Christinenstraße signalisiert sie, dass sie im Umfeld aktiv ist.
Bald auch an der verkehrswichtigen Bochumer Straße, für die seit langem auch ein besserer Radweg gefordert wird? Ende offen. Für die Familien vom Eselsberg wäre das eine gute Nachricht.
Jennifer Hennig im Interview über die Gefahrenstelle und ihre Verkehrserziehung auf rn.de/castrop