Blödsinn oder gute Sache? So stehen die Castrop-Rauxeler zu Tempo 30

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Blödsinn oder gute Sache? So stehen die Castrop-Rauxeler zu Tempo 30

rnGroße Umfrage

Eines der Ziele im Koalitionsvertrag von SPD und Grüne in Castrop-Rauxel: eine Ausweitung von Tempo 30 in der Stadt. Das wollen wir nun im Live-Stream diskutieren, fragten aber zuerst die Bürger.

von Patricia Böcking und Katharina Roß

Castrop-Rauxel

, 17.03.2021, 15:36 Uhr

Im Februar stand der neue Koalitionsvertrag von SPD und Grünen für die laufende Ratsperiode. Unter anderem ist vorgesehen, das Tempolimit auf vielen Straßen in Castrop-Rauxel auf 30 km/h herabzusetzen. Außerdem soll es mehr Radwege und weniger Parkplätze für Autos geben, unter anderem auf dem Marktplatz in der Altstadt.

Im Koalitionspapier ist von einer „Verkehrswende“ die Rede. Die CDU, größte Oppositionspartei der Stadt, spricht davon, dass Castrop-Rauxel zukünftig zur „Schleichstadt“ werde. Doch wie sehen das eigentlich die Bürgerinnen und Bürger? Wir haben sie gefragt.

Renate Kaiser ist Befürworterin von Tempo 30. „Wir haben hier so viele Raser, dann werden die ein bisschen eingedämmt“, meint sie. Auch Kirstin Gerner-Nicolas unterstützt die Einführung einer schärferen Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Unfallgefahr sei bei 50 km/h einfach zu hoch, „besonders für ältere Menschen und Kinder“, sagt sie.

Reduzierung der Parkplätze stößt auf Ablehnung

Der politische Plan, die Parkplätze für Autos vor allem in der Altstadt zu reduzieren, stößt dagegen bei vielen Castrop-Rauxelern auf Unmut. Der öffentliche Nahverkehr sei nach Meinung vieler Bewohner zu schlecht ausgebaut und biete keine hinreichende Alternative zum Auto.

„In die Dortmunder Innenstadt brauche ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Dreiviertelstunde, mit dem Auto sind es 15 Minuten“, sagt Kirstin Gerner-Nicolas. Es könne nicht sein, dass Bus- und Bahnfahren mit so einem hohen Zeitaufwand verbunden seien. „Ich möchte mein Auto stehen lassen, aber ich kann es nicht“, beklagt sie.

Kirstin Gerner-Nicolas unterstützt die Herabsetzung des Tempolimits auf 30 km/h in Castrop-Rauxel.

Kirstin Gerner-Nicolas unterstützt die Herabsetzung des Tempolimits auf 30 km/h in Castrop-Rauxel. © Katharina Roß

„Öffentliche Verkehrsmittel sind unglaublich kompliziert und teuer“, findet auch Wilhelm Jablonski, gebürtiger Castrop-Rauxeler. Die meisten Anschlüsse liefen nicht optimal.

Weniger Parkplätze vertreiben Kunden

Barbara Ruthkowski hat Bedenken, dass die Geschäfte Kunden verlieren, wenn es weniger Parkplätze gibt. Diese Gefahr sieht auch Günter Ziegenhorn, der selbst mit dem Fahrrad in der Altstadt unterwegs ist. „Die Leute, die hier arbeiten und aus anderen Städten kommen, finden dann überhaupt keinen Parkplatz mehr.“ Eine Reduzierung der Parkplätze hält er deshalb für „Blödsinn“.

Wir müssen reden: Am Donnerstag (18.3.) live bei uns

  • Über den Verkehr in Castrop-Rauxel reden wir ausführlich am Donnerstag in einem kostenlosen Livestream auf unserem Internetportal. Ab 20 Uhr können Sie auf rn.de/castrop live die Diskussionsrunde verfolgen.
  • In unserer Expertenrunde: Lisa Kapteinat (SPD), Michael Breilmann (CDU), Martin Kühl-Lukas (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub) und Willi Bols (Fleischer und Akteur in Sachen E-Mobilität).
  • Sie haben Fragen und Beiträge zu diesem Thema? Mailen Sie an reden@ruhrnachrichten.de. Gerne können Sie uns Ihre Fragen auch während der Sendung per WhatsApp schicken. Die Nummer blenden wir zu Beginn der Talkshow ein.

Parkplätze seien in Castrop-Rauxel ohnehin ein knappes Gut. „Hier auf dem Markt haben wir immer Parkplatzmangel“, beklagt Martha Seiffert. Anstatt Parkplätze zu reduzieren, müssten mehr geschaffen werden, fordert sie.

Anders als viele unserer Befragten sieht Wilhelm Jablonski die Einführung des neuen Tempolimits kritisch. Er befürchtet, dass es in Zukunft noch mehr Staus gibt. „Das Verkehrsaufkommen wird ja immer mehr“, meint er.

Ähnlich sieht das Leonardo Pavlovic. Er sei mehrfach geblitzt worden, weil er unwissentlich zu schnell in einer 30er-Zone unterwegs war. Bedenken um die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern habe er keine: „Auf die Fußgänger und Radfahrer sollte man natürlich achten, aber wenn man seinen Führerschein bestanden hat, sollte man auch wissen, wie man fährt“, meint er.

Mehr Radwege notwendig

Der Koalitionsvertrag sieht auch einen Ausbau der Radwege vor. Das ist laut neuem ADFC-Fahrradklimatest auch dringend notwendig. Diese Maßnahme hält auch Barbara Ruthkowski für sinnvoll: „Das Risiko für Fahrradfahrer ist sehr groß, weil es einfach zu wenige Radwege gibt“, findet sie. Castrop-Rauxel solle sich an anderen Städten wie Münster oder Hamburg orientieren, in denen die Radwege in der Vergangenheit schon ausgebaut worden seien. „Das wäre eine gute Sache“, meint sie.