Mitarbeiter der Deutschen Post AG sind am Donnerstag und Freitag in den Warnstreik getreten. In Castrop-Rauxel sah es allerdings nicht danach aus, als hätten Angestellte ihre Arbeit niedergelegt. In den Straßen waren Zustellfahrzeuge unterwegs. Und am Deininghauser Weg in Ickern war der Hof des Logistikzentrums tagsüber so gut wie leergefegt.
Es könne „punktuell zu Verzögerungen bei der Auslieferung von Brief- und Paketsendungen kommen“, sagte Post-Sprecher Rainer Ernzer am Freitagnachmittag auf Anfrage unserer Redaktion. So könnten auch „Briefe und Pakete erst mit einigen Tagen Verzögerung, das heißt erst in der ersten Hälfte der kommenden Woche ausgeliefert werden“. Den Tarifkampf gibt es also auch hier, und er betrifft auch die Zusteller in Castrop-Rauxel.
Die Tarifverhandlungen führt die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) gerade in der zweiten Runde, sie stocken aber. Rund 160.000 Tarifbeschäftigte sind eingeschlossen. „Die Arbeitgeber haben sich sehr deutlich geäußert, dass sie nicht bereit sind, den Reallohnverlust und die Inflation auszugleichen“, teilte Verdi am Donnerstag (19.1.) mit. Als nicht finanzierbar bezeichnete die Post diese Forderungen.
„Diese Sichtweise ist für uns nicht akzeptabel“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. „Scheinbar zählen für die Arbeitgeber die Fakten nicht. Unsere Tarifforderungen sind notwendig, gerecht und machbar.“ Die Post hingegen steht in einem Wettbewerb mit anderen Zustellern wie Hermes, DPD, UPS, aber auch dem Versandhändler Amazon, der zum Teil mit eigenen Leuten zustellt.
Sie verweist aber vor allem darauf, dass sie Lohnsteigerungen durch Preiserhöhungen bei ihren Dienstleistungen selbst gar nicht an die Kunden weitergeben könne. Das sei eine falsche Annahme der Gewerkschaft. Es gebe eine umfassende Preisregulierung für das Brief- und Paketgeschäft.

Viele Zusteller verfügten über ein niedriges Einkommen. Die meisten verdienten monatlich 2100 bis 3100 Euro. Sie litten besonders unter den Preissteigerungen seit dem Beginn des Ukraine-Krieges Anfang 2022. Der Konzern dagegen, kritisiert Verdi, würde Milliardengewinne einstreichen. Eine Provokation, meint Verdi. „Darauf werden die Beschäftigten in den Betrieben nun eine klare Antwort geben und ihren Forderungen mit Streiks Nachdruck verleihen.“
Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 betrug zwei Prozent. Verdi fordert aktuell eine Entgelterhöhung von 15 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Auch die Ausbildungsvergütungen sollen für jedes Ausbildungsjahr um 200 Euro pro Monat angehoben werden.
Die Tarifverhandlungen werden am 8./9. Februar fortgesetzt. Die aktuellen Warnstreiks sollen die Forderungen bis dahin untermauern. „Die Beteiligung war in der Nacht bereits sehr gut“, sagte Thomas Großstück, Verdi-Sprecher für NRW, am Freitagmorgen gegenüber der „Rheinischen Post“. „Sehr viele Kolleginnen und Kollegen machen mit.“
Die Post habe konstruktive Vorschläge gemacht, unterstreicht Sprecher Rainer Ernzer: „Es ist die Grundlage geschaffen, um in der schon vereinbarten dritten Verhandlungsrunde ein Angebot vorzulegen, das sich an einem fairen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten und den ökonomischen Realitäten von Post & Paket Deutschland orientieren wird.“ Warnstreiks seien darum unnötig und gingen nur zu Lasten der Kunden.