„Gaya und Benita gehören zusammen“ Tierheim Castrop-Rauxel trennt Beagle-Hundepaar

Beagle-Hundepaar Gaya und Benita getrennt: Tierheim schreitet ein
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Träume werden mitunter innerhalb von ein paar Monaten zu Schäumen. Diese Erfahrung musste zuletzt Sarah Weßling machen. Im September erfüllte sie sich einen langersehnten Wunsch. Sie durfte nach Absprache mit dem Vorstand des Tierheims Castrop-Rauxel zwei Beagle-Hunde in ihre Obhut nehmen.

Die Hundedamen Gaya und Benita sind schon seit Jahren nahezu unzertrennlich. Der frühere Halter erkrankte jedoch an Alkoholsucht und musste die beiden Vierbeiner dem Tierheim übergeben. Nach Auskunft des Tierheims Castrop-Rauxel waren die Hunde für kurze Zeit im Tierheim Gelsenkirchen und danach ein Jahr lang im Tierheim Castrop-Rauxel. Die Bedingungen schienen für Sarah Weßling auf den ersten Blick optimal zu sein. Sie arbeitete nach dem Wechsel ihrer Arbeitsstelle im Homeoffice, hatte also rund um die Uhr Zeit, sich um das niedliche Hundepaar zu kümmern. Vor allem die ältere Hundedame Gaya hatte von Anfang an jede Hilfe dringend nötig.

Zum Zeitpunkt der Pflegeübernahme war sie bereits zwölf Jahre alt und herzkrank. Während das Tierheim die jüngere und gesundheitlich stabilere Benita fest an Sarah Weßling vermittelte, blieb Gaya daher weiter im unbeschränkten Eigentum des Tierheims, das ein genaues Auge auf den Hund werfen wollte. Weßling durfte Medikamente nur in enger Absprache mit den Mitarbeitern und dem Vorstand des Tierheims an Gaya verabreichen. Regelmäßig stand sie daher mit den Mitarbeitern im Austausch und hielt ständig Rücksprache mit dem ersten Vorsitzenden Johannes Beisenherz und der zweiten Vorsitzenden Kristina Rummeld.

Ein halbes Jahr lang lief alles glatt. Doch kurz vor Silvester begann das Unheil. Gaya fiel nach Weßlings Darstellung von einem Stuhl. Sie erzählt, dass der Hund danach spürbar abgebaut habe. Kurz nach dem Jahreswechsel informierte sie das Tierheim darüber. Man einigte sich darauf, dass der Hund unter Silvesterstress gelitten habe. Doch Sarah Weßling ließ nicht locker: Aus ihrer Sicht musste der Hund unbedingt zum Notarzt. Im Tierheim gibt es jedoch die Regel, dass nur die Verantwortlichen und Mitarbeiter des Heims mit dem Hund zum Arzt gehen dürfen. Nach Ansicht von Rummeld habe jedoch für einen Besuch kein Anlass bestanden. „Der Hund hat nicht gehumpelt. Er war topfit“, beteuert Rummeld. Stattdessen gab Sie Sarah Weßling das Medikament Metacam, ein verschreibungspflichtiges Schmerzmittel für Hunde, mit nach Hause.

Der Vorstand des Tierheims Castrop-Rauxel: Links Johannes Beisenherz (erster Vorsitzender), rechts Kristina Rummeld (zweite Vorsitzende)
Gaya befindet sich mittlerweile im Tierheim Castrop-Rauxel in der Obhut des Vorstands um Johannes Beisenherz (links) und die zweite Vorsitzende Kristina Rummeld (rechts). Mit Hund Kasper hat sie einen neuen Spielgefährten an der Seite. © Jörn Duddeck

„Nicht die nötige Fachkompetenz“

Für Weßling ein Widerspruch: „Einerseits stellen die Verantwortlichen fest, dass der Hund gesund ist. Auf der anderen Seite verabreichen Sie ein gefährliches Schmerzmittel. Wo ist da die Logik?“ Aus Sicht von Sarah Weßling hätte der Vorstand des Tierheims nicht die nötige Fachkompetenz, um solche medizinischen Fragen ohne Hinzunahme eines Tierarztes zu beurteilen. Rummeld kontert: „Wir haben einen großen jahrelangen Erfahrungsschatz und bereits viele Tiere begleitet. Wenn wir auf jedes Wehwehchen reagieren würden, dann wären wir zehnmal am Tag beim Tierarzt“, sagt sie und bekräftigt zudem, dass Sarah Weßling sie in der Vergangenheit bereits oft um Rat gefragt habe: „Also kann es ja um unsere Kompetenz nicht ganz so schlecht bestellt sein.“

Es war bei Weitem nicht der einzige Disput. Immer wieder kam es zu Unstimmigkeiten mit Blick auf mögliche Krankheiten. Zudem führten beide Seiten heftige Diskussionen über die Dosierung eines speziellen Entwässerungsmedikamentes, das für Gaya aufgrund des Herzleidens notwendig ist. Irgendwann wurde es Sarah Weßling zu viel. Sie fuhr während der Gespräche aus der Haut und wurde emotional. „Ich hatte einfach Angst, dass man hier den Hund wegnehmen könnte“, sagt sie im Rückblick.

„Gaya und Benita gehören zusammen“

Und sie sollte Recht behalten. Die Verantwortlichen fassten den Entschluss, ihr den Hund abzunehmen: „Wenn jemand so emotional reagiert, dann muss ich befürchten, dass sie auch irgendwann panisch reagiert, wenn Gaya anfangen sollte, vor Schmerzen zu schreien“, erklärt Rummeld: „Gaya ist ja auch nicht mehr die Jüngste. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie aufgrund der schweren Herzprobleme irgendwann unter Atemnot leiden wird.“

Weßling macht dem Vorstand zwar keinen rechtlichen Vorwurf, dafür einen moralischen. „Beide Hunde gehören einfach zusammen. Das Tierheim hat mir mein Kind entrissen“, sagt sie und ist zudem davon überzeugt, dass Gaya im Tierheim einer unfassbaren Stresssituation ausgesetzt sei. Rummeld hält dagegen: „Gaya braucht sicherlich einen zweiten Hund, mit dem sie zusammen sein kann. Aber den hat sie hier im Heim. Mit ihrem neuen Gefährten Kasper kommt sie bestens aus.“ Hunde seien generell sehr anpassungsfähig, findet Rummeld.

Tierheim hat Anwalt kontaktiert

Sarah Weßling glaubt zudem, dass der Ruf des Tierheims gelitten habe: „Gaya und Benita kennt in der Gegend jeder. Ich werde von vielen Leuten gefragt, warum beide getrennt seien. Wie viele Menschen mehr sollen das Tierheim hassen, weil wieder eine persönliche Geschichte hinzukommt.“ Johannes Beisenherz dreht den Spieß um: Sarah Weßling stehe sehr stark unter dem Einfluss ihres Ex-Freundes Karsten Supa. Der hatte in den sozialen Medien, vor allem in Facebook-Gruppen, öffentlichkeitswirksam auf das Schicksal der beiden Hunde hingewiesen. „Diese öffentliche Kampagne schadet dem Tierheim und damit auch den Tieren.“ Der Vorstand habe bereits einen Anwalt kontaktiert: „Wir werden die Sachlage genau prüfen lassen. Konkrete rechtliche Schritte haben wir aber aktuell nicht geplant.“

Anmerkung der Redaktion (17.1., 14.15 Uhr): Wir haben den Artikel in zwei Punkten angepasst: Die Hunde wurden nicht, wie ursprünglich geschrieben, an Sarah Weßling vermittelt. Dies betraf nur einen der Hunde. Der andere wurde ihr lediglich zur Aufsicht übergeben. Außerdem gab das Tierheim das Schmerzmittel an Sarah Weßling. Kristina Rummeld hat es dem Hund nicht verabreicht.

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