Austritt aus Grünen-Fraktion im Stadtrat „Massiver Vertrauensbruch“ und „Eklatante Verletzung“

Massiver Vertrauensbruch: Ursula Mintrop-Werkle verlässt Grünen-Fraktion
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Diese Geschichte muss den Grünen bekannt vorkommen: Sie haben in dieser Ratsperiode nun schon die zweite Frau aus ihrer Fraktion verloren. Nach dem Rauswurf der Impf-Gegnerin Notburga Henke im November 2021, mitten in der Corona-Pandemie, ist nun auch Ursula Mintrop-Werkle nicht mehr Teil der Fraktion im Stadtrat von Castrop-Rauxel. In dieser Woche gab sie ihren Austritt bekannt.

Mit acht Ratsvertretern starteten die Grünen 2020 nach der Kommunalwahl in die Ratsperiode. Heute sind noch sechs Vertreter übrig geblieben: Der Koalitionspartner der SPD im Stadtrat schrumpft weiter. Und wieder tut dieser Schritt für die Grünen aus einem Grund weh: Die Ratsfrau Mintrop-Werkle gibt nicht ihr Ratsmandat zurück, sondern bleibt Teil des Stadtrates und der Fachausschüsse. Aber als fraktionslose Vertreterin.

Sie sei mit der Politik der rot-grünen Koalition seit einiger Zeit unzufrieden. „In den Bereichen Umweltschutz, Klimaschutz und Energie- und Verkehrswende haben wir zu wenig erreicht“, so die Obercastroperin und Ehefrau von Ratsherr Ulrich Werkle in ihrem Schreiben in dieser Woche an unsere Redaktion. „Der wesentliche Grund für meinen Austritt aus der Fraktion ist jedoch ein massiver Vertrauensbruch des Koalitionspartners SPD gegenüber der grünen Fraktion.“

Sie prangert „eigenmächtige Änderungen“ in politischen Verhandlungen innerhalb der Koalition mit der SPD an, „die mit uns (den Grünen, d. Red.) nicht abgesprochen waren“.

Ihr Ehemann Uli Werkle, ebenfalls Ratsherr, sehe das auch kritisch, so Mintrop-Werkle. Allerdings verbleibe er in der Fraktion, so die Grüne auf Nachfrage unserer Redaktion. „Er macht seinem Unmut auf andere Weise Luft“, sagte sie, ließ aber offen, wie genau.

Die erste richtige Ratssitzung der neuen Periode in der Europahalle im Dezember 2020: Für die Mitglieder galt Maskenpflicht. Ursula Mintrop-Werkle zog für Bündnis 90 / Die Grünen erstmals in den Stadtrat ein.
Die erste richtige Ratssitzung der neuen Periode in der Europahalle im Dezember 2020: Für die Mitglieder galt Maskenpflicht. Ursula Mintrop-Werkle zog für Bündnis 90 / Die Grünen erstmals in den Stadtrat ein. © Tobias Weckenbrock (2020)

Mintrop-Werkle: „Sehr enttäuscht“

Die SPD sei nicht willens, diesen „Fehler zu korrigieren und streitet inzwischen getroffene Vereinbarungen ab“, führt Ursula Mintrop-Werkle fort und wird dann deutlich: „Aus meiner Sicht kann zum jetzigen Zeitpunkt eine Zusammenarbeit mit dieser Partei nicht fortgeführt werden.“ Ein Koalitionsbruch nach vier Jahren Zusammenarbeit, ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl: Das wäre offenbar ihr Mittel gewesen, damit umzugehen. „Sehr enttäuscht bin ich über die grüne Fraktion, die diese eklatante Verletzung des Vertrauens mehrheitlich hinnimmt.“

Die Grünen aus Castrop-Rauxel im Oktober 2021 in Herten beim H2-Netzwerk Ruhr mit Uli Werkle, Ursula Mintrop-Werkle, Holger Schelte und damals noch Notburga Henke.
Die Grünen aus Castrop-Rauxel im Oktober 2021 in Herten beim H2-Netzwerk Ruhr mit Uli Werkle, Ursula Mintrop-Werkle, Holger Schelte und damals noch Notburga Henke. © Grüne Castrop-Rauxel

Die Sicht einer „verfehlten Zusammenarbeit“, so der Fraktions- und Parteivorstand in einer Antwort auf unsere Fragen zu dem Thema, „teilen wir ausdrücklich nicht. Wir arbeiten in der Koalition seit 2021 konstruktiv in vielen Themenbereichen zusammen“, schreiben die Fraktions-Chefs Timo Eismann und Holger Schelte. Auch die Parteivorsitzenden Gudrun Kaltenborn und Karsten Zygowski teilten diese Einschätzung.

Richtig sei, dass bei der Abstimmung einer Ratsvorlage in der Koalition Unstimmigkeiten zwischen den Partnern aufgetreten seien. „Inhaltliche Differenzen sind aber innerhalb von Koalitionen politischer Alltag. Aus unserer Sicht konnten diese Differenzen zugunsten einer Kompromisslösung ausgeräumt werden“, schreiben die vier Vorstände. Mintrop-Werkle sehe das anders als die Mehrheit. Einen so drastischen Schritt begründe das aber nicht. Man wolle „bis zur Wahl weiter gemeinsam an der sozial-ökologischen Transformation von Castrop-Rauxel arbeiten“. Die ist im September 2025.

Grüne fordern Rückgabe des Ratssitzes

Der „drastische Schritt“ ist für die Grünen so bedeutend, weil damit eine weitere Stimme fehlt. „Wir fordern nachdrücklich, dass Frau Mintrop-Werkle ihr Mandat im Rat abgibt“, heißt es. Sie sei über die Reserveliste der Partei in den Rat gelangt. Bleibe sie als fraktionsloses Mitglied, verzerre das den bei der letzten Kommunalwahl ausgedrückten Wählerwillen für eine starke Grüne Fraktion.

Sie bleibt da aber standhaft: „Ich werde mein Ratsmandat wie auch die Sitze in den Ausschüssen behalten und somit fraktionslos im Rat tätig sein. Mein Mandat werde ich dazu nutzen, weiterhin grüne Inhalte zu transportieren“, sagt Ursula Mintrop-Werkle. Die Stimmen-Mehrheit der Koalition bleibt damit bestehen. Die Grünen (6 Sitze) und die SPD (20 Sitze) kommen auf zusammen 26 Mandate im 52 Personen starken Stadtrat. Mit der Stimme des Vorsitzenden (Bürgermeister Rajko Kravanja, SPD) kommt man also auf eine Stimme mehr als alle anderen Parteien zusammen: CDU 14, FDP / FWI / UBP / BSW / Die Partei / fraktionslos jeweils 2.