Ausbau der Emscher-Auen Rückhaltebecken so groß wie sieben Millionen Badewannen

Emscher-Auen: Nach Ausbau Platz für sieben Millionen Badewannen Wasser
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Baumstämme stapeln sich am Ufer, ein Kettenbagger rollt langsam über den Damm, Erdhügel erheben sich im matschigen Grün: In den Emscher-Auen an der Stadtgrenze von Castrop-Rauxel-Ickern und Dortmund-Mengede hat der Rückbau der ehemaligen Baustraßen begonnen.

Am Montagvormittag (19.12.) erfolgte symbolisch der Spatenstich für den abschließenden Ausbau des riesigen Hochwasser-Rückhaltebeckens. Und einmal mehr kam politische Prominenz an die einstige „Köttelbecke“ – mit Landesumweltminister Oliver Krischer (Grüne) an der Spitze.

Schon jetzt haben die Emscher-Auen ein Fassungsvermögen von 900.000 Kubikmetern oder 900 Millionen Litern. Damit sind sie eineinhalb mal so groß wie der Phoenixsee in Dortmund-Hörde. In den kommenden zweieinhalb Jahren soll das Volumen um 200.000 Kubikmeter wachsen – aus den derzeit vier Einzelbecken wird ein großes.

Bagger auf einem Damm in den Emscher-Auen. Links daneben ein Aussichtsturm am Stauwehr.
Schwere Baumaschinen haben mit dem Roden der Dämme begonnen. © Uwe von Schirp

Möglich wird der Rückbau der Dämme und bisherigen Baustraßen und Betriebswege durch die Abwasserfreiheit der Emscher nach Inbetriebnahme des 51 Kilometer langen unterirdischen Abwasserkanals zwischen Dortmund-Ellinghausen und Dinslaken. Wie notwendig die ohnehin geplante Vergrößerung der Retentionsflächen bei Starkregenereignissen ist, zeigte sich beim Hochwasser-Ereignis am 14. Juli 2021, als die Emscher-Auen an ihre Kapazitätsgrenzen stießen.

„Man muss sich auf die Folgen der Klimakrise einstellen“, erklärte Umweltminister Oliver Krischer beim Spatenstich. „Das, was die Emschergenossenschaft seit mehr als 100 Jahren macht, bekommt eine neue Bedeutung.“ Den Bau der Emscher-Auen bezeichnet Krischer als beispielhaft. Man diene nicht nur den Menschen, sondern auch der Natur. „Sie machen hier keinen Hochwasserschutz mit Betonbecken, Dämmen und Deichen.“

Hotels für Radfahrer

Dr. Frank Dudda, Ratsvorsitzender der Emschergenossenschaft und Oberbürgermeister von Herne, erklärt den Hochwasserschutz als städteübergreifende Aufgabe. „Viele Städte lernen erst, dass die Emscher von oben nach unten fließt.“ Beim Starkregen-Ereignis im Vorjahr habe der Fluss in Herne bedrohliches Tempo aufgenommen.

Die Emscher-Auen, aber auch das Rückhaltebecken in Dortmund-Ellinghausen und der Phoenixsee verhinderten Überflutungen in den flussabwärts liegenden Kommunen. Auch Dudda betont den ökologischen Wert des größten Rückhaltebeckens am Emscherlauf – und den nun begonnenen Ausbau als weiteren Beitrag, „die grünste Industrieregion der Welt“ zu werden.

Umweltminister Oliver Krischer zeigt sich überrascht über den „Hof Emscher-Auen“ mit seiner Bedeutung für Freizeit und Tourismus. „Eine schöne Location“, erklärt er mit Blick auf Hof-Café und Röhren-Hotel. „Ich hätte gar nicht erwartet, dass die Emschergenossenschaft so etwas hat.“

NRW-Umweltminister Oliver Krischer
Landesumweltminister Oliver Krischer betonte den Schutz der Emscher-Auen für Mensch und Natur. © Uwe von Schirp

Dass der Emscher-Umbau neben der ökologischen auch eine ökonomische Bedeutung habe, betont Castrop-Rauxels Bürgermeister Rajko Kravanja. Die unzähligen Radler auf dem Emscherweg zögen Investoren an. „Es gibt Leute, die wollen kleine Hotels für die Radfahrer bauen.“

Kaum hat die Prominenz Reden und Spaten geschwungen, rollen über den südlichen Emscherdeich Bagger und Baufahrzeuge. Bis Ende Februar dauert die aktuelle Rodungsperiode, in denen keine Vögel in den Auen nisten. Der Rückbau der Dämme beginnt im Westen nahe dem Stauwehr.

Ein Luftbild der Emscher-Auen mit markierten Veränderungen nach dem Ausbau.
Das Luftbild zeigt die Planung für den Ausbau. Die jetzt noch gerade verlaufende Emscher soll im Tal mäandern. An den hellblau markierten Flächen werden die Auen vertieft. Violette Punkte zeigen derzeitige Brutstätten für Vögel, grüne potenziell weitere. © Emschergenossenschaft

Im Herbst 2023, mit Beginn der nächsten Rodungsperiode, folgt der Rückbau der östlichen Emscher-Auen bis zur Autobahn 45. Spätestens im Sommer 2025 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, kündigt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft, an.

Dann soll das Rückhaltebecken eine Fläche von 33 Hektar haben. Das entspricht 46 Fußballfeldern. Das Fassungsvermögen beträgt dann 1,1 Millionen Kubikmeter – umgerechnet sieben Millionen Badewannen-Füllungen, wie die Emschergenossenschaft berechnet hat.

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