Polizei spendiert Castropern Kaffee und Kekse „So kann gute Polizeiarbeit funktionieren“

Von Roman Lachowicz / Tobias Weckenbrock
AnsprechBAR war ein Erfolg: Das Pilotprojekt bietet neue Perspektiven
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Uli Folta bleibt beim Bummel über den Wochenmarkt in der Castroper Altstadt am auffälligen Polizeibus stehen. Er steht vor der Apotheke an der Münsterstraße, acht Polizeibeamte, einige in Uniform, andere in Zivil, stehen davor. Sie sprechen mit Passanten. Sie sind „Ansprechbar“. So nennt sich der Ortstermin am Donnerstag (17.08.2023): Niedrigschwellige Kontaktaufnahme und lockere Gespräche bei Kaffee und Keksen.

Uli Folta erzählt Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen, die für diesen Termin extra aus Recklinghausen nach Castrop-Rauxel gekommen ist, von diesem Vorfall: Eine Bekannte (84) aus Herne sei auf einen dieser fiesen Tricks von Betrügern hereingefallen. „Sie hatte einen Anruf vom Polizeikommissariat. Angeblich. In der Nachbarschaft sei eingebrochen worden, sie solle eiligst ihre Wertsachen in eine Tasche packen und sie gleich bei einem Zivil-Polizisten abgeben“, so Folta. Die Frau tat genau das. 16.000 Euro gingen ihr verloren. Plus Fahrzeugpapiere. Ein Drama. Uli Folta sagt, er finde diese Polizeiaktion „ganz toll: Sie kann Menschen vor solchen Situationen bewahren. Durch Aufklärung und Gespräche.“

Einige Passanten wollten sich bedanken

Polizei-Pressesprecherin Annette Achenbach ist auch vor Ort. Sie sagt, sie habe schon mit solchen „Klassikern“ gerechnet. Und mit Beschwerden über zu schnell fahrende Fahrzeuge in der Wohnsiedlung. „Es sind aber auch einige Passanten an den Stand gekommen, um sich bei der Polizei für ihre Dienste und diese Aktion zu bedanken“, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die Bürger, berichtet sie, fragten nach Tipps, um sich vor Einbrüchen zu schützen, oder wollten einfach ihre Sorgen loswerden. Sorgen um die Sicherheit in Castrop-Rauxel. Die Massenschlägerei vom 15. Juni an der Wartburgstraße spiele dabei gar nicht so eine zentrale Rolle. Aber ein gewisses Unsicherheitsgefühl, das nehme sie schon wahr.

Polizisten in der Castroper Altstadt im Gespräch mit Bürgern
Uli Folta im Gespräch mit Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen und Wachleiterin Esther Arnold-Strunz (l.). © Tobias Weckenbrock

„Wir haben diese Aktion entwickelt, weil wir das Gefühl haben, dass die Menschen die Polizei als ansprechbar wahrnehmen möchten“, sagt Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen. Sie ist zuständig für die ganze Kreispolizeibehörde mit ihren elf Kommunen, also alle Städte des Kreises plus Bottrop, mit über 780.000 Einwohnern. Es ist eine der größten Polizeibehörden des Landes NRW.

Man wolle mit dieser Aktion so viele Städte wie möglich ansteuern. Nach Oer-Erkenschwick und Waltrop war Castrop-Rauxel der dritte Standort in dieser Woche. Gladbeck und Bottrop folgen nächste Woche. Dann sei man einmal rum und ziehe ein Fazit. Zwar sei die Aktion personalintensiv, aber lohnen würde sie sich allemal.

Objektive versus subjektive Sicherheit

Denn die Bürger könnten über ihre Sorgen und Nöte sprechen. Die Aktion wirke aber auch in die Polizei hinein: Sie richte ihre Arbeit anhand von Statistiken eher nach der objektiven Sicherheit aus. Doch die Bürger spiegelten ihnen, es gebe Probleme mit der subjektiven Sicherheit, dem bloßen Gefühl also.

„Vielleicht gibt es blinde Flecken in unseren Städten durch Hemmschwellen bei den Bürgern, die Polizei wirklich anzurufen“, sagt Friederike Zurhausen. Man müsse den Bürger motivieren, schon bei einem Verdachtsfall die Polizei anzurufen.

Wachleiterin: „Nur so kann es funktionieren“

„Der Kontakt zum Bürger ist das, was wir brauchen, und zwar in Krisen und in guten Zeiten“, sagt Esther Arnold-Strunz. „Nur so kann gute Polizeiarbeit funktionieren.“ Sie ist die Leiterin der Polizeiwache im Erin-Park und arbeitet dort mit 68 Personen im sogenannten Wach- und Wechseldienst, also in Streifenwagen. Zudem gibt es noch zehn Polizeibeamte im Bezirks- und Schwerpunktdienst.

Ernst Mathis (80) aus Habinghorst kam am Donnerstag zur AnsprechBar der Polizei und war dankbar für dieses Gesprächsangebot der Beamtinnen und Beamten.
Ernst Mathis (80) aus Habinghorst kam am Donnerstag zur AnsprechBar der Polizei und war dankbar für dieses Gesprächsangebot der Beamtinnen und Beamten. © Tobias Weckenbrock

Ernst Mathis (80) ist auch gekommen und stehen geblieben. Der Habinghorster beobachtet das Treiben und ist einer Meinung mit Uli Folta: Es ist gut, dass die Polizei hier steht. „Bei dem, was in Castrop-Rauxel so abläuft, ist es wichtig, dass sie Präsenz zeigt.“ Gewünscht hätte er sich noch, dass auch jemand aus der Politik gekommen wäre...




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