Sie verdienen zum Teil weit über 10.000 Euro im Monat, reisen um die Welt oder kostenfrei durch Deutschland, nehmen aber nur an einer Handvoll Sitzungen in den Parlamenten Teil: Ist die Abgeordneten-Diät für die beiden Castrop-Rauxeler Bundestagsabgeordneten Frank Schwabe (SPD) und Michael Breilmann (CDU) und die Landtagsabgeordnete Lisa Kapteinat (SPD) angemessen? Wir haben sie nach ihren Einkünften befragt.
120.670 Euro: Das ist die sogenannte Abgeordneten-Entschädigung oder Diät, die Frank Schwabe in den Jahren 2020 und 2021 kassierte. Hinzu kommen ein Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von rund 3900 Euro und eine jährliche Kostenpauschale in Höhe von rund 54.000 Euro sowie weiteres Geld, mit dem die Abgeordneten Mitarbeiter (Frank Schwabe hat rund acht / 22.500 Euro im Monat*) bezahlen.
Schwabe erhält zudem zwei Pauschalen für weitere Ämter: Eine Aufwandspauschale der SPD-Bundestagsfraktion von 1361 Euro, die Bundestagsabgeordnete bekommt, der als Sprecher fungiert. Er ist Sprecher für Menschenrechte und muss diese Pauschale voll versteuern. Noch mehr bekommt er monatlich für den Posten als „Beauftragter der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit“: 2583 Euro pro Monat steuerfrei.
Auf der Ausgabenseite steht zumindest auch ein regelmäßiger Posten: Pro Monat zahlt er rund 1500 Euro an Beiträgen, unter anderem für die SPD, Verdi, die IG BCE, die Awo, den BUND, das Frauenhaus Castrop-Rauxel, den Knappenverein, VCD und weitere.
Sein Kollege von der Union, Michael Breilmann, gibt allein 1134 Euro an Gliederungen der CDU ab. Das sei verpflichtend, antwortet er auf eine Anfrage unserer Redaktion. Die kann er aber schon mit der Aufwandsentschädigung als Kommunalpolitiker begleichen: 1820 Euro bekommt er im Monat aus dem Haushalt der Stadt Castrop-Rauxel für seine Tätigkeit als CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat.
Dafür kann er mit der Bahncard 100 so oft er will durch Deutschland reisen, ob privat oder dienstlich. Und in Berlin hat er ebenso wie Schwabe Anspruch auf den Fahrdienst des Deutschen Bundestages. Breilmann ist anders als Schwabe, der das schon seit 2005 macht, erst seit Oktober 2021 in der Bundespolitik aktiv. Er kommt noch nicht auf Sprecher- oder gesonderte Fraktions-Tätigkeiten, die extra honoriert würden.
Breilmann ist außerdem Vorstandsmitglied einiger Verbände und Stiftungen und im Verwaltungsrat der Sparkasse Vest, bekommt dafür nach seinen Angaben etwa 5000 Euro im Jahr.
Anwesenheit bei Sitzungen
Sowohl Breilmann als auch Schwabe haben in den zurückliegenden Monaten reichlich Sitzungen besucht. Nicht die Bundestags-Sitzungen gelten als absolute Pflicht-Termine, sondern (Teil-)Fraktionssitzungen und die Fachausschüsse. Frank Schwabe gibt an, im Jahr 2020 an 14 von 18 Sitzungen des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und an 17 von 18 Sitzungen des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit teilgenommen zu haben.
Er erklärt: „Die fehlende Teilnahme an Ausschusssitzungen ist oftmals durch die Teilnahme an gleichzeitig stattfindenden Gremiensitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates begründet.“
Breilmann gibt für Oktober bis Dezember 2021 an, an allen Sitzungen im Bundestagsplenum und an allen Ausschusssitzungen teilgenommen zu haben. Er ist im Ausschuss für Inneres und Heimat, für Wohnen und Stadtentwicklung, für Bauwesen und Kommunen. Selbst als stellvertretendes Mitglied im Rechtsausschuss nahm er an den Sitzungen teil. Zudem ist er Mitglied im Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement.
Fraktionsvorstand bringt mehr
Und Lisa Kapteinat? Die Rechtsanwältin (dieser Job in der Kanzlei ruht) bekommt seit Juli 2021 9600 Euro brutto plus etwa 400 Euro Beitrag zu einem Versorgungswerk. Pauschalen für Büroausstattung gibt es nicht, eine Grundausstattung stellt der Landtag zur Verfügung. Weiteren Bürobedarf und Büromieten (550 Euro im Monat) zahlt sie von ihren Abgeordnetenbezügen. Die Mitarbeiterpauschale beträgt monatlich 9000 Euro, der Landtag zahlt sie den Mitarbeitern direkt aus.
Als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag erhält sie 2190 Euro im Monat on top. Eine Bahncard 100 hat sie auch, aber die gilt nur innerhalb von NRW und den Weg von und nach Berlin.
Auf der Ausgabenseite stehen bei ihr 810 Euro als Abgabe an Parteigliederungen.
Als Landtagsabgeordnete war sie 2021 Mitglied im Rechtsausschuss, im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales (AGS) und im Untersuchungsausschuss „Amri“. In Letzterem war sie auch stellvertretende Ausschussvorsitzende, wofür es kein gesondertes Entgelt gab. Selbst im Mutterschutz von August bis Oktober 2021 habe sie zum Teil digital an Ausschusssitzungen teilgenommen, sagt sie.
Der AGS tagte 2021 32 Mal, der Rechtsausschuss 20 Mal und der Untersuchungsausschuss Amri 8 Mal. Der Landtag als Plenum tagte 37 Mal, 6 Mal fehlte sie im Mutterschutz. Zu jeder Gremiensitzung des Landtags finden Fraktionssitzungen und Arbeitskreise sowie Sitzungen des Vorstands und des erweiterten Vorstands statt.
Abseits der Landespolitik ist auch Lisa Kapteinat Mitglied in mehreren Gremien und Verbänden.
Teil der Besserverdiener-Gruppe
Fazit: Mit einem sechsstelligen Jahresgehalt gehört man zu einer relativ kleinen Gruppe von etwa 1 Million Menschen in Deutschland verglichen mit der gesamten Zahl der Einkommens-Empfänger. Diese Personen kann man ganz getrost als Besserverdiener bezeichnen. Frank Schwabe und die beiden Juristen Michael Breilmann und Lisa Kapteinat zählen definitiv dazu.
*Anmerkung: An dieser Stelle haben wir den Text korrigiert. Die Mitarbeiter-Vergütungen waren nicht jährlich, sondern monatlich.
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