80 Millionen Euro für neue Feuer- und Rettungswache Neuer Chef zeigt, warum sie gebraucht wird

80 Millionen Euro für neue Wache: Chef zeigt, warum sie gebraucht wird
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Dass eine neue Feuer- und Rettungswache nach Castrop-Rauxel kommt, ist sicher. Klar ist auch, dass sie auf das einstige Kraftwerks-Gelände an der B235 in Habinghorst gebaut wird. Bis 2030 soll sie da stehen und die alte Wache an der Frebergstraße ablösen. Denn dort ist es viel zu eng. Es fehlt an Platz zum Umziehen, für die Autos, zum Sport machen, sogar zum Schlafen. Und einen Nachteil gibt es noch. Der neue Feuerwehrchef zeigt uns bei einem Rundgang, woran es hapert.

Der neue Chef? Ja: Wehrführer Ulrich Vogel geht im Oktober/November 2025 in den Ruhestand. Zur Einarbeitung ist nun schon Björn Gehre (45) aus Henrichenburg eingestiegen. Neben der allgemeinen Organisation in der Feuerwehr ist eines seiner Haupt-Projekte auch die Begleitung des Baus der neuen Wache, die bis 2030 eröffnet sein soll. Um zu verstehen, warum eine Stadt wie Castrop-Rauxel, die tief in den Schulden steckt, ein solches 80-Millionen-Euro-Projekt braucht, hat er uns an der Frebergstraße herumgeführt.

Björn Gehre und der Beigeordnete für Sicherheit Michael Eckhardt in der Halle, in der die Feuerwehrautos stehen: Die Fahrzeuge sind in den vergangenen Jahrzehnten immer größer geworden. Die Halle nicht.
Björn Gehre und der Beigeordnete für Sicherheit Michael Eckhardt in der Halle, in der die Feuerwehrautos stehen: Die Fahrzeuge sind in den vergangenen Jahrzehnten immer größer geworden. Die Halle nicht. © Tobias Weckenbrock

Manko 1: Die größeren Fahrzeuge

Alle Einsatzfahrzeuge, die die Feuerwehr heute nutzt, sind länger, breiter und schwerer als die, die es in den 60er- und 70er-Jahren gab. Sie sind auch leistungsfähiger: Manche haben mehr Platz für Personal, andere mehr Platz für Werkzeuge und Schläuche oder für Löschwasser wie das Tanklöschfahrzeug der Castrop-Rauxeler Feuerwehr. Aber sie nehmen auch mehr Platz ein in der Halle. Und die wird langsam zu klein. „Bei manchen Fahrzeugen müssen wir fast die Spiegel einklappen“, sagt Björn Gehre. Klar ist aber, dass die Lage in der Halle hinter den Fahrzeugen beengt ist. Die Autos, die natürlich rückwärts eingeparkt werden, damit sie beim Einsatz direkt vorwärts herausfahren können, stoßen mit den Hinterreifen an Pöller, damit es beim Zurücksetzen keine Quetschungen gibt. Denn direkt dahinter befindet sich die „Umkleide“: An den Haken hängt die Einsatzkleidung für Dutzende Feuerwehrleute. Das ist beengt, gefährlich und nicht zeitgemäß.

Die Feuerwehr hat heute mehr Fahrzeuge als in den 60er- und 70er-Jahren.
Die Feuerwehr hat heute mehr Fahrzeuge als in den 60er- und 70er-Jahren. © Tobias Weckenbrock

Manko 2: Mehr Fahrzeuge

Ein ähnliches Bild in der Halle gegenüber, in der die Rettungswache ihren Fuhrpark (oder besser: Teile davon) hat. Hier ist es zwar etwas luftiger, aber die Materialienschränke stehen so nah neben den heute breiteren Fahrzeugen, dass man so nicht gut arbeiten kann. Es kommt aber noch hinzu, dass inzwischen einige der Fahrzeuge in einer Remise auf dem Hof geparkt sind. Das ist nicht mehr als ein Carport, in dem es gerade im Winter natürlich nicht optimal ist. Wenn in den Fahrzeugen Medikamente gelagert sind, werden sie zu kalt; die Scheiben beschlagen oder frieren sogar zu. Das kann wertvolle Zeit kosten, wenn es schnell gehen muss.

In der Turnhalle, in der eigentlich Platz sein soll für Fitness- und Sport-Stunden im Dienst, stehen inzwischen viele Spinde für weitere Feuerwehrleute. Der Platz für Gymnastik und Tischtennis ist sehr begrenzt.
In der Turnhalle, in der eigentlich Platz sein soll für Fitness- und Sport-Stunden im Dienst, stehen inzwischen viele Spinde für weitere Feuerwehrleute. Der Platz für Gymnastik und Tischtennis ist sehr begrenzt. © Tobias Weckenbrock

Manko 3: Bett neben Spinden

Im Gebäude der Rettungswache sind Aufenthalts- und Sozialräume für alle Diensthabenden im Hauptamt. Das sind in der Regel mindestens 16 Personen, davon 9 Feuerwehrleute. Für sie gibt es dort Umkleiden für Frauen und Männer getrennt. Aber in den Umkleiden stehen auch die Betten für die Ruhephase in der Nacht. Dann können die Diensthabenden hier ruhen; aber das ist in der Umkleide alles andere als optimal. Darum stehen auf dem Hof zusätzliche Container, wo weitere Ruhe- und Sozialräume zur Verfügung stehen. Und in der Turnhalle im 1. Obergeschoss, wo hauptamtliche Kräfte sich im Dienst fit halten können mit Tischtennis, Gymnastik oder auch am Kickertisch, wimmelt es inzwischen von weiteren Umkleiden hinter Vorhängen und Spinden für weitere Einsatzkräfte. Damit ist die Turnhalle zu mehr als der Hälfte belegt.

Björn Gehre im Keller, wo die Schläuche in der Wasch- und Trockenanlage gepflegt werden.
Björn Gehre im Keller, wo die Schläuche in der Wasch- und Trockenanlage gepflegt werden. © Tobias Weckenbrock

Manko 4: Arbeitsplätze ohne Tageslicht

Die Schlauchwäsche befindet sich im Untergeschoss des Schlauchturms an der Frebergstraße. Den Turm, in den man bis vor 20 Jahren die Schläuche zum Trocknen einhängte, braucht es eigentlich nur noch für Anleiterübungen. Den länglichen Keller aber mit der Wasch- und Trockenmaschine sowie Reparatur-Geräten für die Schläuche würde man nicht mehr unterirdisch bauen. Denn: Hier arbeiten die Hauptamtlichen im Wachdienst, wenn sie gerade keinen Einsatz haben, um das Material in guter Qualität zu erhalten. Unter Arbeitsschutz-Gesichtspunkten heutiger Maßstäbe nicht akzeptabel.

Die Feuerwehr braucht ein Gebäude wie den Schlauchturm heute weder für die Aussicht übers Stadtgebiet noch für das Trocknen der Schläuche. Nur für Anleiterübungen wird er noch genutzt. Die neue Wache wird keinen solchen Turm bekommen.
Die Feuerwehr braucht ein Gebäude wie den Schlauchturm heute weder für die Aussicht übers Stadtgebiet noch für das Trocknen der Schläuche. Nur für Anleiterübungen wird er noch genutzt. Die neue Wache wird keinen solchen Turm bekommen. © Tobias Weckenbrock

Manko 5: Die geografische Lage

Durch die kommunale Gebietsreform in den 70er-Jahren ist Castrop-Rauxel nach Norden gewachsen: Henrichenburg ist hinzugekommen. Seither ist der Stadtmittelpunkt rund um Rathaus und Europahalle der Stadtmittelpunkt, während die Altstadt Castrop, das historische Zentrum, in den Süden „gerückt“ ist. Man hat sich beholfen, indem man den Standort der Feuerwehr in Henrichenburg aufgewertet hat und dort beim Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr auch eine kleine Wache aufgemacht hat, die dauerhaft besetzt ist. Doch optimal ist das nicht. Um das akute Problem zu lösen, kauft die Stadt nun Module für einen vorübergehenden Standort im Gewerbegebiet an der Industriestraße. Dort wird eine Wachabteilung für den Rettungsdienst eröffnet. Sie bleibt so lange, bis die neue Feuer- und Rettungswache in Habinghorst an der B235 eröffnet wird. Und die liegt dann verkehrstechnisch annähernd perfekt in der Stadtmitte.

Rundgang durch die alte Wache und Interview mit dem Feuerwehrchef auf rn.de/castrop

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