Zimmermann vermisst Teamchemie bei BVB-U23 „Muss mich entschuldigen, dass die Jungs blöd aussehen“

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Extrem knifflige personelle Umstände, ein früher Rückstand, der Verlust eines (weiteren) Leistungsträgers, der späte Ausgleich in der Nachspielzeit. Es hätte genügend Gründe für Jan Zimmermann gegeben, nach Abpfiff emotional in Wallung zu sein. Doch nach dem 2:2 (1:1) gegen den SV Wehen Wiesbaden stand der Trainer der BVB-U23 sehr aufgeräumt in den Katakomben des Signal Iduna Parks und trug mit ruhiger Stimme seine Analyse vor.

BVB-Trainer Zimmermann mit Entschuldigung

Erst am Tag zuvor hatte er erfahren, welches Personal ihm zur Verfügung stehen würde – und dass in Ayman Azhil, Yannik Lührs und Almugera Kabar erneut drei seiner wichtigsten Stabilisatoren in Mönchengladbach zum Profi-Kader gehören würden. Wie in den Vorwochen auch, muss der 45-Jährige einen maximal schwierigen Spagat bewältigen. Einerseits genießen die Profis in jeder Hinsicht Priorität, andererseits soll die Entwicklung der U23 darunter möglichst wenig leiden. Es ist ein permanentes Austarieren unterschiedlicher Ansprüche.

„Ich muss mich fast dafür entschuldigen, dass wir die Jungs aufgrund der Trainingswoche so unvorbereitet ins Spiel schicken mussten. Wir konnten nicht einmal mit der Mannschaft, so wie sie heute auf dem Platz stand, trainieren. Wir mussten Spieler auf Positionen spielen lassen, auf denen sie nicht zu Hause sind. Dafür haben es die Jungs super gemacht“, urteilte Zimmermann.

BVB-U23 kassiert erneut Standard-Gegentor

Nach den Ausfällen von Patrick Göbel und Ben Hüning (Sperre) musste es gegen Wehen eine in dieser Form so noch nicht zusammengestellte Viererkette richten. Baran Mogultay und David Lelle fanden sich zwar in ihrem regulären Arbeitsbereich wieder. Neben ihnen allerdings postierte Zimmermann in Franz Roggow und Danylo Krevsun notgedrungen zwei zentrale Mittelfeldspieler.

Michael Eberwein verlässt mit einem geschwollenen Auge den Platz.
Michael Eberwein verlässt mit einem geschwollenen Auge den Platz. Der BVB-Routinier wurde im Anschluss in einer Klinik untersucht. © imago / Beautiful Sports

Beide erledigten ihre Aufgabe zur absoluten Zufriedenheit ihres Trainers. Das frühe 0:1 (8.) stieß Zimmermann dennoch sauer auf – weil er die Seinen zuvor exakt auf das von den Gästen praktizierte Muster hingewiesen hatte. Einen Eckball von Tarik Gözüsirin verlängerte Bjarke Jacobsen auf den zweiten Pfosten, wo Orestis Kiomourtzoglou völlig frei stand und zur Führung einköpfte. „Wir kriegen noch immer zu viele und zu einfache Gegentore. Das war auch heute wieder der Fall. Das darf uns nicht passieren“, monierte Zimmermann. Der Ärger darüber war rasch verraucht. Denn schon nach 16 Minuten schickte Michael Eberwein mit einem langen Ball Cole Campbell auf die Reise. Der setzte sich über rechts durch, brachte die Hereingabe ins Zentrum, wo sie Jordi Paulina über SVW-Keeper Florian Stritzel hinweg zum 1:1 im Tor versenkte (16.).

BVB-Routinier Eberwein im Krankenhaus

Kurz darauf war Eberweins Arbeitstag vorzeitig beendet. Der Dortmunder Routinier wurde bei einem Schuss von Kiomourtzoglou im Gesicht getroffen. Er setzte sich benommen auf den Rasen, wurde kurz darauf ausgewechselt. Eberwein klagte über Sehstörungen, wurde daher umgehend in eine Klinik gebracht. „Das ist hoffentlich glimpflich verlaufen. Nach ersten Untersuchungen sieht es nicht so aus, als wäre es etwas Schlimmeres“, sagte Zimmermann.

Das Fehlen des im Zentrum seit Wochen starken Eberweins wirkte sich auf die Statik des BVB-Spiels aus. „Nach seinem Ausfall haben uns Ruhe und Erfahrung gefehlt, um Angriffe gut vorzubereiten“, registrierte Zimmermann. Gegen tiefstehende Gäste tat sich die Borussia schwer, zündende Ideen zu entwickeln. In Unterzahl, Bjarke Jacobsen sah nach einer Notbremse die Rote Karte (24.), zog sich Wehen mit fünf Mann auf die letzte Linie zurück, Schwarzgelb fand kein Durchkommen.

BVB-Ausgleich in der Nachspielzeit

Die Begegnung musste ohne viele Höhepunkte auskommen. Kurz nach Wiederbeginn parierte Marcel Lotka gegen Florian Carstens (53.). Auf der Gegenseite scheiterte Julian Hettwer nach einer Flanke von Kjell Wätjen aus kurzer Distanz an Stritzel (56.). Erst in der Schlussphase wurde es noch mal aufregend. Ein Ballverlust von Baran Mogultay ermöglichte Wehen die erneute Führung, als Fatih Kaya die Kugel vom Strafraumeck aus über Latte und Innenpfosten zum 2:1 ins Tor zirkelte (72.) .

„Für mich lag der Konter zum 1:2 die ganze Zeit in der Luft. Dass wir noch mal zurückkommen und den Ausgleich in der Nachspielzeit machen, gibt uns ein gutes Gefühl“, bekannte Zimmermann. Denn Antonio Foti sorgte für den ebenso späten wie verdienten 2:2-Ausgleich.

BVB-Teamchemie bleibt auf der Strecke

Dass der Weg dahin trotz fast 70-minütiger Überzahl steinig verlief, war auch dem BVB-Trainer aufgefallen. Gerade im Spiel mit Ball fehlte es seinem Team an Laufwegen, Passkombinationen, an Abstimmung und Spielverständnis. Er machte jedoch angesichts der personellen Lage mildernde Umstände geltend. „Ich muss mich fast dafür entschuldigen, dass die Jungs das eine oder andere Mal auf dem Platz ein bisschen blöd aussehen, wenn wir überhaupt keine Teamchemie aufbauen können“, so Zimmermann.

Eine Lösung des Problems ist vorerst nicht in Sicht. Der Profi-Kader bleibt klein und gebeutelt, die Top-Talente (Campbell, Wätjen, Kabar, Mane) sind nur sporadisch im U23-Training. Der BVB hat diesen Weg bewusst eingeschlagen. Vielleicht erklärt das die Gelassenheit, mit der Jan Zimmermann ihm begegnet. Es ist seine Form von gelebtem Pragmatismus.