Dieses wunderbare Tor wollte er genau so. Julian Brandt bekam im Zentrum 30 Meter vor dem Freiburger Gehäuse den Ball, lief fünf, sechs Schritte und legte dann all seine Kraft in einen fulminanten Rechtsschuss. Vom Innenpfosten segelte das Spielgerät ins Netz, 4:1, das Stadion, es kochte in dieser 69. Minute. Der BVB war spätestens ab diesem Moment der sichere Sieger – und Julian Brandt verlieh seiner Top-Leistung im Top-Duell am Samstag mit diesem perfekten Schuss eine krachende Krönung.
BVB-Profi mit starker Entwicklung
Jude Bellingham winkte, er stand frei an der Strafraumkante, Marco Reus lief in Position – aber nein, Julian Brandt war felsenfest entschlossen, das jetzt selbst durchzuziehen. Kein Zögern, kein Abbremsen, kein Pass, dieser Moment, dieser Schuss gehörte zu 100 Prozent nur ihm.
In jenen wenigen Sekunden im Signal Iduna Park vor diesem Treffer steckte eine große Portion des neuen Julian Brandt: Entschlossen, engagiert, effizient. Wer dem 26-Jährigen heute auf dem Rasen beim Fußballspielen zusieht, kann sich kaum vorstellen, dass eben dieser wertvolle Antreiber im vergangenen Sommer zu den vorrangigen Verkaufskandidaten des BVB zählte. Zu oft hatte Brandt die Erwartungen nicht erfüllen können, zu wenig hatte er aus seinen unbestritten riesigen fußballerischen Möglichkeiten im schwarzgelben Trikot herausgeholt. Auf dem Platz traf er unter Druck nicht selten die falsche Entscheidung. Es hagelte Kritik.
Julian Brandt aber hat sich unter Cheftrainer Edin Terzic seitdem irgendwie neu erfunden. Nicht nur dank offensiver Glanzpunkte wie dem Fernschuss gegen Freiburg. Seine bissige Arbeit gegen den Ball wirkt und ist immens wichtig für die defensive Festigkeit des BVB, seine Zweikampfhärte hat ein starkes Niveau erreicht. „Jule hat eine tolle Entwicklung genommen, er ist viel stabiler, viel robuster, präsenter“, lobt BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. „Dass er ein fantastischer Fußballer ist, das hat er immer mal in Phasen gezeigt, aber jetzt zeigt er es über einen längeren Zeitraum.“
Viel Lob von BVB-Mitspielern
Ohne Julian Brandt ist der BVB derzeit schlicht nicht vorstellbar. Das entgeht auch den Teamkollegen nicht. „Was er zuläuft, welche Wege er geht, er hat sich defensiv brutal weiterentwickelt, er hält fast jeden Ball. Er erarbeitet sich solche Tore wie heute“, schwärmte Nico Schlotterbeck nach dem Schlusspfiff am Samstag.

In 19 Partien in dieser Saison schoss Brandt fünf Tore, legte vier auf – und lieferte zu vier weiteren BVB-Treffern den vorletzten Pass. Und: Der Nationalspieler schlägt viele der Standards, die die Borussia mittlerweile (endlich) als Waffe nutzt. „Jule, der schießt mittlerweile herausragende Standards“, gab Nico Schlotterbeck zu Protokoll. Gegen Freiburg waren es gleich drei seiner Eckbälle, die Dortmunder Tore einleiteten. Eckbälle kamen zuvor beim BVB eher wie ein feucht gewordenes Tischfeuerwerk daher.
BVB-Vertrag läuft 2024 aus
Keine Frage, der neue, konstante Julian Brandt ist auf bestem Wege, Kapitän Marco Reus als wichtigsten Kopf der BVB-Offensive zu verdrängen, und mehr und mehr in die Spielmacherrolle hineinzuwachsen. Weitere Beweise dafür müssen nun jedoch folgen, wenn die Aufgaben in den K.o.-Duellen härter werden: DFB-Pokal in Bochum, Champions League gegen Chelsea. Gelingt Brandt das, würde das nicht nur der Borussia helfen. Auch in Gesprächen über ein neues Arbeitspapier, das aktuelle in Dortmund läuft im Sommer 2024 aus, könnten sportliche Argumente wie in der jüngsten Serie auch für ihn persönlich durchaus wertvoll werden.