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Vom BVB-Senkrechtstarter zum Bankdrücker - eine schwierige Saison für Jacob Bruun Larsen
Borussia Dortmund
Jacob Bruun Larsen steht beim BVB derzeit hinten an. Der Däne tritt auf der Stelle. Vom Senkrechtstart aus der Vorsaison ist nicht viel übrig geblieben – und allmählich macht sich Frust breit.
Jacob Bruun Larsen durfte diese Woche mal wieder Fußball spielen. 180 Minuten bei der dänischen U21-Nationalmannschaft. 2:1 gegen Nordirland – er legte ein Tor auf – und 1:0 gegen Finnland. Es war eine bunte Abwechslung zum grauen Vereins-Alltag bei Borussia Dortmund, der sich im Hause Bruun Larsen mittlerweile breitgemacht hat.
„Es ist klar, dass man frustriert ist, wenn man in mehreren Partien nicht gespielt hat“, sagte der 21 Jahre alte Flügelspieler vor ein paar Tagen der dänischen Boulevardzeitung „BT“. 35 Minuten stand Bruun Larsen für den BVB in dieser Saison in elf Pflichtspielen auf dem Feld. Sechs Kurzeinsätze, eine Torbeteiligung beim 4:0 gegen Bayer Leverkusen Mitte September. Das war’s.
Noch vor einem Jahr gab es Wechselgerüchte um Bruun Larsen
In den jüngsten vier Partien gegen Eintracht Frankfurt (2:2), Werder Bremen (2:2), Slavia Prag (2:0) und den SC Freiburg (2:2) blieb er ohne einen einzigen Einsatz. Für den jungen Dänen, der seit seinem 16. Lebensjahr in Dortmund spielt und als eines der Eigengewächse gilt, die es in der ersten Mannschaft packen können, muss sich die Reise zur dänischen U21 ein bisschen wie eine Kur angefühlt haben. Es ist sehr ruhig geworden um den Mann aus Lyngby.
Noch vor einem Jahr war das ganz anders. Am 18. Oktober 2018 musste BVB-Sportdirektor Michael Zorc auf der Pressekonferenz vor Borussia Dortmunds Gastspiel beim VfB Stuttgart Fragen nach einem vermeintlichen VfB-Angebot für Bruun Larsen in Höhe von zwölf Millionen Euro beantworten.
Michael Reschke, der damalige Manager der Schwaben, hatte selbst davon gesprochen. Bruun Larsen hatte bis zum Sommer ein halbes Jahr auf Leihbasis im Ländle gespielt, war im Sommer aber nach Dortmund zurückgekehrt.
„Ich habe direkt die Tür zugemacht“
Zorc dementierte damals das angebliche Millionen-Angebot Reschkes, bestätigte aber, dass der VfB Stuttgart mehrmals wegen Bruun Larsen angeklopft hatte. „Ich habe aber direkt die Tür zugemacht und wir haben keine weiteren Gespräche geführt“, erklärte der Dortmunder Kaderplaner. „Insofern ist auch nie über Summen gesprochen worden und es hat auch nie ein Angebot gegeben, weil ich klar gesagt habe, dass wir gar keins haben wollen.“

Ein seltenes Bild in dieser Saison: Jacob Bruun Larsen im Derby gegen den FC Schalke im Dezember 2018. © picture alliance/dpa
Bruun Larsen war zu diesem Zeitpunkt einer der Senkrechtstarter unter BVB-Trainer Lucien Favre gewesen. Statt auf 35 Minuten und eine Torvorlage in den ersten elf Pflichtspielen der Saison hatte er es auf 402 Minuten, drei Tore sowie drei Assists gebracht und fünfmal in der Startelf gestanden, obwohl er sich kurz vor dem ersten Pflichtspiel eine Fußverletzung zugezogen hatte, die ihn zu Saisonbeginn zum Zuschauen gezwungen hatte.
Die BVB-Neuzugänge sind ein Problem für Bruun Larsen
Aus dem Gewinner der Vorbereitung der Vorsaison ist einer der Verlierer der Vorbereitung dieser Spielzeit geworden. „Im einen Jahr läuft es sofort, im anderen braucht es etwas Zeit“, sagt Bruun Larsen, das sei „ganz normal“.
Er nennt gleich zwei Gründe für seine Anlaufschwierigkeiten in dieser Saison: Zum einen sei seine schwierige Situation beim BVB „hauptsächlich auf die Neuzugänge zurückzuführen“, zum anderen „bin ich wegen der U21-EM später im Sommer-Trainingslager angekommen“.
Beides ist richtig, aber es macht die Sache trotzdem nicht besser. Favre sagt über Bruun Larsen, dass er nicht nur auf dem Flügel, sondern auch im Sturmzentrum spielen könne. Und er sagt: „Wir brauchen alle Spieler.“
Entwicklung erinnert an Maximilian Philipp
Bislang allerdings hat er Bruun Larsen eben nur jene 35 Minuten gebraucht. Auf den Flügelpositionen stehen Jadon Sancho, Achraf Hakimi, Thorgan Hazard, Raphael Guerreiro und Julian Brandt, der eigentlich lieber im Zentrum spielen würde, in der Gunst des Trainers aktuell höher im Kurs als Bruun Larsen. Und in der Sturmspitze setzte Favre zuletzt mal auf Mario Götze und mal auf Brandt, als Paco Alcacer verletzt ausfiel. Bruun Larsen steht hinten an. Egal wo.
Ein bisschen erinnert diese Entwicklung an die von Maximilian Philipp. Auch Philipp wurde mal zur ersten Alternative im Sturmzentrum geredet – und spielte am Ende dann gar nicht mehr, weil sich auf dem Flügel andere Typen in den Fokus kickten, es fürs Sturmzentrum nicht reichte und schlussendlich niemand mehr wusste, wohin mit ihm. Irgendwann hieß die Lösung dann Dynamo Moskau.
So weit ist es bei Bruun Larsen noch nicht. Er habe „keine Ambitionen, den BVB zu verlassen“. Auch das hat er vor ein paar Tagen der dänischen Presse gesagt. Die aktuelle Situation aber gibt Grund zur Sorge – und eine weitere Aussage von Michael Zorc aus dem Jahr 2018 klingt mittlerweile so, als liege sie länger zurück: „Jacob nimmt eine hervorragende Entwicklung beim BVB.“
Tobias Jöhren, Jahrgang 1986, hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Seit 2013 ist er Mitglied der Sportredaktion von Lensing Media – und findet trotz seines Berufes, dass Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.
