In der U17 des BVB schießt Youssoufa Moukoko Tore am Fließband. Der 14-Jährige hat ein Ziel. Und den Weg dorthin geht er schnurgerade. Ein Blick hinter die Kulissen.

Dortmund

, 18.04.2019, 04:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Es ist ein kalter Februarsonntag in Gelsenkirchen, die Sonne wagt sich nur zaghaft hervor. Borussia Dortmunds U17 startet mit dem Revierderby in die Rückrunde der B-Junioren-Bundesliga. Gespielt wird im Stadtteil Ückendorf, ein Rasenplatz an einer Gesamtschule. Eine typische Bezirkssportanlage. In die Jahre gekommen, die Farbe blättert von den blau-weiß gestrichenen Wänden des Umkleidegebäudes, das auch schon bessere Tage gesehen hat.

Fast zu jung, fast schon zu gut

Hier findet noch der wahre Fußball statt. Elf gegen Elf, die einfach nur gewinnen wollen. Das gilt auch für die Nachwuchsfußballer von S04 und BVB, die noch weit weg sind vom Hochglanzprodukt Bundesliga - das aber doch alle im Kopf haben, für das alle diesen immensen Aufwand betreiben. Ein bisschen von dieser anderen Welt, die sie alle anstreben, ist auch an diesem Frühjahrtag in Gelsenkirchen schon zu spüren. Auf dem kleinen Parkplatz sieht man Autos der gehobenen Mittelklasse. Mit Kennzeichen, die nicht aus der Region kommen. Und auf der Tribüne sieht man deren Besitzer, die sich später, als das Spiel läuft, Notizen machen. Scouts, also Talente-Späher, Berater - aus diesen Branchen dürften sie kommen.

Führungsspieler der U17: Moukoko (l.) und Rilind Hetemi.

Führungsspieler der U17: Moukoko (l.) und Rilind Hetemi. © Groeger

Schon vor dem Anpfiff ist Youssoufa Moukoko hier Thema. Es ist kein Geheimnis mehr, dass da bei Borussia Dortmund einer spielt, der heraussticht, der besonders ist. Der eigentlich noch zu jung ist für diese Altersklasse, gleichzeitig aber dennoch fast schon zu gut. Der etwas hat, was alle Klubs suchen. Moukoko könnte einmal einer werden, der es schaffen wird. Der Weg ist noch weit, da kann noch ganz viel passieren. Aber Moukoko zeigt auch an diesem Sonntag seine außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Herausragender Instinkt

„Der Zehner“ muss es sein, da ist sich die Gruppe auf der Tribüne einig, als sie der Dortmunder Mannschaft beim Aufwärmen zuschaut. In der Tat trägt Youssoufa Moukoko die Zehn. Aber er fällt nicht deshalb auf in dieser Gruppe junger Fußball-Talente. Es ist auch sein Äußeres. Nicht außergewöhnlich groß ist der 14-Jährige, aber schon jetzt kräftig von der Statur, beinahe bullig. Trotzdem aber schnell auf den Beinen.

„Für eine weitreichende Prognose ist er noch viel zu jung.“
Michael Zorc

Und kurz nach dem Anpfiff zeigt er direkt seine am meisten hervorstechende Eigenschaft. Moukoko benötigt nicht viele Chancen vor dem Tor. Die Flanke segelt eigentlich zu hoch in den Strafraum, ein Gegenspieler ist auch noch an ihm dran. Moukoko hat ein bisschen Glück, dass sein Kopfball so abgefälscht wird, dass er genau über den Schalker Keeper ins Toreck segelt. Aber drin ist drin - und nach nicht einmal 120 Sekunden in diesem Spiel dreht Youssoufa Moukoko schon jubelnd ab. Mittlerweile durfte er das schon 36 Mal machen, er führt damit unangefochten in der Torschützen-Liste der Bundesliga West. Dass er bis zum Ende der regulären Saison noch die 40 vollmachen wird, ist keine allzu kühne Vermutung.

Seit er in die U17 aufgerückt ist, damals noch als 13-Jähriger, hat der gebürtige Kameruner in nicht einmal zwei kompletten Spielzeiten 76 Tore in der Meisterschaft erzielt. Die drei in der Endrunde der vergangenen Saison, als der BVB-Nachwuchs in München Deutscher Meister wurde, inklusive. Eine wahnwitzig anmutende Quote. Der Rummel um seine Person ist riesengroß geworden, seit durchsickerte, dass da ein Ausnahme-Talent im schwarzgelben Trikot spielt. Er wurde begleitet von Diskussionen um sein Alter. Borussia Dortmund musste die Echtheit der Geburtsurkunde Moukokos bestätigen lassen, um das Thema zu begraben. Die permanenten Diskussionen gingen nicht spurlos an ihm vorbei. Es sei eine „harte Zeit“ gewesen, hat das Mega-Talent zugegeben. Unterschwellig ging die Debatte mit jedem weiterem Tor weiter.

Fast 300.000 Instagram-Follower

Eigentlich ist Youssoufa Moukoko dennoch ein ganz normaler Junge. Auf dem Platz unglaublich weit und reif, privat aber dann doch noch ein Kind auf dem Sprung zum Jugendlichen. Man findet ihn natürlich in den sozialen Netzwerken, er postet Fotos von sich, von seinen Vorlieben. Wie das Millionen Heranwachsende heutzutage so machen. Welche Dimension der Hype um diesen Fußballer schon angenommen hat, zeigt aber die Zahl seiner Follower beim Bilderdienst Instagram: Mittlerweile 277.000 Menschen interessiert es, wenn Youssoufa Moukoko Fotos postet. Es gibt gestandene Bundesliga-Profis, die nicht einmal die Hälfte an solchen Bewunderern haben.

Borussia Dortmund hat sein Juwel lange unter Verschluss gehalten. Im Herbst hat Moukoko dann doch sein erstes großes Interview gegeben und dabei durchaus Überraschendes erzählt. Er wolle - natürlich - Profi beim BVB werden, er wolle mit der Borussia in der Champions League spielen. Das unterscheidet ihn nicht von vielen Talenten, die diesen Traum leben. Moukoko hat aber in dem Interview auch erklärt, „einmal den Ballon d’Or gewinnen“ zu wollen, also die Auszeichnung für den besten Fußballer des vergangenen Jahres. Man mag das für eine Spinnerei halten, oder die Aussage eines Talents, das schon die Bodenhaftung verloren hat. So ist Moukoko aber nicht.

Ab der kommenden Saison in der U19

Die Bodenhaftung zu behalten, dafür sorgt der Verein, dafür sorgt auch sein engster Kreis. Die Familie, und natürlich hat er auch schon einen Berater. Ein ganz normaler Junge zu bleiben, einfacher wird das nicht, wenn - wie in der vergangenen Woche - bekannt wird, dass längst auch die Werbe-Industrie auf den 14-Jährigen aufmerksam geworden ist. Eine Million Euro jährlich soll der Sportartikel-Hersteller „Nike“ dafür zahlen, künftig mit Moukoko werben zu dürfen. Bilder von einem ersten Werbedreh mit Mario Götze und Julian Brandt hat Moukoko gepostet, der Deal soll ein Gesamt-Volumen von zehn Millionen Euro haben. So frühzeitig an Talente heranzugehen, um sich Klienten zu sichern, bevor die Konkurrenz zuschlägt, ist mittlerweile gängiges Geschäft. Auch Götze unterschrieb seinerzeit seinen ersten Werbevertrag mit ähnlichen Konditionen, bevor er überhaupt auch nur ein Bundesliga-Spiel gemacht hatte.

Im Sommer wird Youssoufa Moukoko in die U19 der Borussia wechseln. Die nächste Etappe auf dem Weg zum Bundesliga-Profi. Er macht eine Menge für seinen Traum. Zusatzschichten im Kraftraum, seine private Zeit neben der Schule wird vom Fußball bestimmt. Alles für das große Ziel. Michael Zorc bemüht sich derweil, den Hype nicht noch zusätzlich zu steigern. Der BVB geizt mit Statements zu diesem Spieler, auch der Sportdirektor der Borussia antwortet nur ungern. Den Werbevertrag mit Nike möchte Zorc nicht kommentieren („Wir sind nicht verantwortlich für Handlungen von Ausstattern“), zu Moukokos Entwicklung ist er ebenso wortkarg. „Er ist ein hervorragendes Talent“, sagt Zorc immerhin, „er schießt Tore am Fließband. Aber für eine weitreichende Prognose ist er noch viel zu jung.“

Der Zeitrahmen ist klar geregelt

Bei Scouts aus ganz Europa soll der Name Moukoko längst auf dem Zettel stehen, sie sollen den 14-Jährigen intensiv beobachten. Die Interessenten kommen aus dem ganz obersten Regal. Barcelona, Real, Manchester, alle anderen, so scheint es, kämen ohnehin nicht in Frage. In Gelsenkirchen-Ückendorf waren sie an diesem Februar-Sonntagmorgen nicht zu sehen. Aber das muss nichts heißen.

Werbedreh gemeinsam mit Mario Götze (r.).

Werbedreh gemeinsam mit Mario Götze (r.). © youssoufa_10/Instagram

In spätestens zwei Jahren wird Youssoufa Moukoko dann wohl erstmals auch bei den Profis auftauchen. Der Zeitrahmen dafür ist klar geregelt. Wer jünger als 16 Jahre ist, darf nicht in der Bundesliga spielen. Dass sich Borussia Dortmund abgesichert hat, was die Zukunft von Youssoufa Moukoko angeht, mag der Verein nicht bestätigen. Aber man darf davon ausgehen.

Das Ziel klar vor Augen

Er wolle das Thema „nicht zusätzlich aufheizen“, sagt Zorc noch. Aber er weiß wohl, dass er den rollenden Zug kaum noch stoppen kann. Weil Moukoko, sollte ihn nicht eine Verletzung zurückwerfen, wohl weiter Tor um Tor schießen wird. Der 14-Jährige hat ein Ziel. Und den Weg dorthin geht er schnurgerade.

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