Es war der 28. April 2023, als der BVB beim Reviernachbarn VfL Bochum den nächsten Schritt in Richtung Meisterschaft gehen wollte. Die Partie endete mit 1:1. Der Schuldige für das letztlich enttäuschende und folgenschwere Ergebnis war nach der Partie bei den Dortmunder Verantwortlichen und Fans schnell gefunden: Schiedsrichter Sascha Stegemann, der seitdem keine Begegnung der Borussia mehr geleitet hat.
BVB kritisierte Sascha Stegemann
Zum ersten Mal seit diesem Spiel sollte Stegemann nun wieder eine Partie von Borussia Dortmund leiten. Er war für die Begegnung zwischen dem BVB und Bayer Leverkusen am Freitag (20.30 Uhr live auf Sat1 und DAZN) angesetzt. Doch jetzt gibt es einen Wechsel. Wie der Deutsche Fußball-Bund am Donnerstag bekannt gab, fällt Stegemann aufgrund eines grippalen Infekts aus. Tobias Stieler wird für ihn übernehmen. Und auch beim vierten Offiziellen gibt es einen Wechsel: Florian Badstübner ersetzt den ebenfalls erkrankten Frank Willenborg.
Bei seinem bis dato letzten Einsatz mit BVB-Beteiligung in Bochum hatte er in der 65. Minuten der Borussia beim Stand von 1:1 einen klaren Strafstoß verweigert. Bochums Danilo Soares war ohne Chance auf den Ball in Karim Adeyemi reingerauscht, fällte den Dortmunder Angreifer elfmeterwürdig. Doch Stegemanns Pfeife blieb stumm. Der VAR schritt nicht ein. „Wir haben es in verschiedenen Perspektiven gesehen, und ich finde es frech, mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, fünf Spieltage vor Schluss, wenn es um die absolute Entscheidung, um die Deutsche Meisterschaft geht, in dieser Situation sich die Szene nicht nochmal anzuschauen. Das halte ich für absolut fahrlässig, für feige, und für komplett falsch“, wütete damals Sportdirektor Sebastian Kehl.
Auch Trainer Edin Terzic war erbost: „Es gibt so viele Perspektiven, die ihr nutzen könnt. Das ist extrem bitter. Es ist nicht nur ein Foul, es ist auch Gelb-Rot. Dann bist du in Überzahl, hast eine Führung. Es ist bitter, dass es kurz vor Saisonende passiert, wo es um so viel geht. Es ist für mich eine einmalige Chance auf den Titel. Der Schiedsrichter muss alles dafür tun, keine Fehlentscheidungen zu treffen. Das hat nicht stattgefunden.“
Es war letztlich eine folgenschwere Fehlentscheidung. Für den BVB, weil die Punkte fehlten, um den Titel am Ende zu holen. Vor allem aber für Stegemann, der im Anschluss zwar seinen Fehler offen zugab, aber Morddrohungen erhielt und vier Wochen unter Polizeischutz stand. Auch seine Familie wurde angefeindet. „Das war schon ein befremdliches Gefühl, wenn man sich zum ersten Mal in seinem Leben mit Morddrohungen konfrontiert sieht“, sagte Stegemann.
BVB-Spiel hat Folgen für Sascha Stegemann
Der Schiedsrichter hatte damals direkt nach der Partie eine Nachricht seiner Frau auf seinem Handy vorgefunden. „Oh mein Gott, sie zerreißen dich“, schrieb sie ihm. Ihm sei bewusst geworden, dass er mit einer einzigen Entscheidung womöglich die deutsche Meisterschaft beeinflusst habe. Stegemann schilderte, dass er sich an die ersten 30 Kilometer der Rückfahrt überhaupt nicht mehr erinnern könne.
Den geplanten Ausflug am folgenden Tag, den er seinem Sohn versprochen hatte, habe er abgesagt, um Interviews zu geben und Verantwortung für seinen Fehler zu übernehmen. Am Abend nach dem Spiel hatten zwei Polizisten bei ihm geklingelt und von den konkreten Morddrohungen gegen ihn und seine Familie berichtet. Seine Frau hatte ihn aber darin bestärkt, Schiedsrichter zu bleiben.
BVB-Boss Hans-Joachim Watzke hatte sich vehement gegen die Drohungen und Verunglimpfungen gewendet. „Anfeindungen jeder Art, Verunglimpfungen oder Drohungen, sei es persönlich oder anonym über Social-Media-Kanäle, können wir - aller Enttäuschung zum Trotz - aber nicht einmal im Ansatz tolerieren“, schrieb Watzke als Vorsitzender der BVB-Geschäftsführung.