Wer so viel erlebt hat wie Dr. Reinhard Rauball mit seinen 75 Lebensjahren und 23 davon als Präsident von Borussia Dortmund, der lässt sich nur schwer überraschen. Bei der 24. Ausgabe von „19:09 – der schwarzgelbe Talk“ gelang dies dem Moderatoren-Duo Sascha Klaverkamp (Ruhr Nachrichten) und Mathias Scherff (Radio 91.2) am Mittwochabend mit einem ganz besonderen Gast: Erich Ribbeck war Rauballs Trainer-Wahl, als dem BVB 1984 nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sportlich das Wasser bis zum Hals stand.
1984 steht dem BVB das Wasser bis zum Hals
Als Rauball beim Rheinländer Ribbeck im Oktober nach nur vier Punkten aus neun Partien anrief, stand der für die folgende Saison eigentlich schon bei Bayer Leverkusen im Wort. Rauball überredete den heute 85-jährigen Ribbeck, der denkbar schlecht mit einem 0:3 gegen Kaiserslautern in den Job startete, am Ende aber mit dem BVB die Klasse sicherte. „Ein Erfolg, den ich nicht weniger hoch einschätze als Titel, die ich in meiner Karriere gewonnen habe.“ Vielleicht war es die spezielle Situation, die aus der nur einjährigen Zusammenarbeit eine Freundschaft wachsen ließ, die bis heute gehalten hat – wie die innige Umarmung der beiden zur Begrüßung zeigte.
Ein Leben für Schwarzgelb, da hätte es keine passendere Bühne geben können für Rauballs ersten Auftritt als frisch gewählter Ehrenpräsident des BVB als die Fanwelt neben dem Stadion – in der lebt Borussia Dortmund in jeder Ecke, in jedem Winkel. Und es wurde dann auch ein nostalgischer Abend – mit einer launigen Video-Botschaft von Ex-Trainer Jürgen Klopp („Mein Präsident, jedes gute Wort, das heute Abend über Dich fällt, hast Du auch verdient“), und mit einer Zeitreise durch die drei Amtszeiten Rauballs, die allesamt begannen mit schwierigen Rettungsmissionen.
Dem BVB sollte die Lizenz verweigert werden
Die im Jahr 1984, als er sich zum zweiten Mal überreden ließ, seinem Verein aus der Patsche zu helfen, sei tatsächlich die schwierigste gewesen, schwieriger sogar als die zur Beinahe-Insolvenz 20 Jahre später. „Ich kam in die Geschäftsstelle und unser damaliger Geschäftsführer Walter Maahs zeigte mir ein Schriftstück vom DFB. Uns wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aberkannt, wir sollten keine Lizenz für die kommende Saison bekommen.“ Wie immer begegnete der Jurist der Aufgabe mit großem persönlichen Einsatz. Bei einem Bankhaus besorgte Rauball einen lebensnotwendigen Kredit, für den er persönlich bürgen musste. „Da habe ich mein Meisterstück gemacht.“
In Erinnerung wird aber natürlich vor allem Rauballs letzte Amtszeit bleiben, die 18-jährige Präsidentschaft, in der sich Borussia Dortmund von einem Koma-Patienten zu einem international renommierten Klub entwickelte, der regelmäßig in der Champions League vertreten ist und im nationalen Wettbewerb antritt, um um den Titel mitzuspielen. „Zunächst“, blickte Rauball launig zurück, „mussten wir Aufräumarbeiten leisten. Später, als Jürgen Klopp Trainer wurde, haben wir auch etwas geerntet.“ Heute sieht er seinen Verein bestens aufgestellt für die Zukunft.
Rauball: „Das kann einem Angst und Bange werden“
90 Minuten plus Nachspielzeit mit einem, der viel erlebt und mitgemacht hat. Etliche lustige Anekdoten hörten die geladenen Gäste, die sich bestens unterhalten fühlen durften. Es gab bei der Rückschau aber auch wenige ernste Momente. Als Rauball auf den Anschlag auf den Mannschaftsbus vor fünf Jahren zurückblickte – Stunden und Tage, die ihn ebenso prägten wie die schönen Momente, die auch untrennbar mit seiner Ära verbunden bleiben werden. „Daran zu denken, da kommen Emotionen wieder hoch.“
Mit der FIFA-Vergabe der Weltmeisterschaft an einen Staat wie Katar hat auch der ehemalige DFL- und DFB-Funktionär so seine Probleme („Es ist ein schwieriges Thema, aber ich sage auch, dass mich ein Krieg quasi in der Nachbarschaft mehr beschäftigt“). Und der Schlenker zum ersten Auftritt der deutschen Nationalmannschaft war nach dem Nachmittags-Resultat eher von Sorge als Optimismus geprägt: „Da kann einem Angst und Bange werden.“ Die gute Laune litt nicht darunter. Und die Bitte, 23 Jahre für den BVB in einem Satz zusammenzufassen, war kein Problem für Dr. Reinhard Rauball: „Es war schön!“

Neuer BVB-Präsident Dr. Reinhold Lunow: „Rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen“
BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball nimmt seinen Hut: Bodenständig, humorvoll und souverän
BVB begrüßt 1000. Fanclub: Klub widmet Anhängern Sonderausstellung im Borusseum