Pro und Contra: Hat der BVB das Potenzial für den Titel? „Punkteausbeute übertüncht Probleme“

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Nach der 1:2-Niederlage beim VfB Stuttgart trennen Borussia Dortmund aktuell zehn Punkte von der Tabellenspitze. Die starken Leistungsschwankungen des BVB haben die grundsätzliche Frage nach der Qualität des Kaders aufgeworfen. Wir diskutieren deshalb in einem Pro & Contra: Hat der BVB trotz der Rückschläge gegen die Bayern und in Stuttgart das Potenzial, wieder um den Titel mitzuspielen?

Ja, im BVB-Kader steckt genug Potenzial für die Meisterschaft (Cedric Gebhardt)

Zugegeben: Zehn Punkte Abstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen sind eine Hausnummer. Aber: Noch braucht der BVB kein Fernglas, um die Konkurrenten an der Spitze zu erspähen. Nach einem Drittel der Saison wegen zweier Niederlagen in Folge jegliche (Titel-)Ambitionen in die Tonne zu treten, wäre ohnehin verfrüht. Zum einen, weil die Borussia jederzeit eine Aufholjagd starten kann wie die Erfolgsserie zu Beginn der Rückrunde der Vorsaison eindrucksvoll bewiesen hat.

Zum anderen, weil der BVB in seiner Entwicklung in den vergangenen Wochen durchaus Fortschritte gemacht. Die Elf von Edin Terzic hat mit ihrem pragmatischen Stil Woche für Woche beständig ihre Punkte eingefahren. Der Paradigmenwechsel „Weniger sexy, mehr Erfolg“ kommt nicht von ungefähr. Und jetzt soll er nach den zwei Niederlagen gegen die Bayern und Stuttgart komplett an Gültigkeit verloren haben? Nein, der BVB hat auch weiterhin das Potenzial für die Meisterschaft. Team und Trainer haben die Qualität, um auch die ganz Großen zu schlagen.

Das haben die beiden Siege gegen Newcastle United in der Champions League eindrucksvoll gezeigt. Beide Erfolge waren kein Zufall, sondern der Ausweis taktischer Cleverness, physischer Robustheit und kühler Effizienz. Das alles steckt in dieser Mannschaft. Ihr Auftrag ist klar: Das fraglos vorhandene Können vollständig und durchgängig zur Entfaltung bringen. Hoffnung machen sollte auch dies: Irgendwann wird Sebastien Haller sein Formtief überwunden haben. Mit der Rückkehr des Ivorers wird der BVB auch offensiv noch mal deutlich variabler und gefährlicher. Auch das hat die Vorsaison gezeigt. Daher nur Mut: Da geht noch was.

Nein, der BVB hat nicht das Potenzial für die Meisterschaft (Dirk Krampe)

Niemand, hat Sportdirektor Sebastian Kehl nach der 1:2-Niederlage in Stuttgart sinngemäß formuliert, müsse über die Ziele und Ambitionen des BVB reden, wenn solche Leistungen wie im Schwabenland einer Mannschaft wie Borussia Dortmund in zu geringen Abständen wieder und wieder passieren. Unabhängig vom unterirdischen Auftritt dort aber gab es seit Saisonbeginn mehr Argumente für die Zweifler denn welche für die, die nach dem knappen Scheitern im Vorjahr gehofft haben, dass der BVB erneut für ein enges Rennen an der Spitze sorgen kann.

Die Punkteausbeute korrelierte lange nicht mit den gezeigten Leistungen und übertünchte so manche Probleme. Auch der Spielplan half dem lange nach Orientierung und Struktur suchenden BVB. Erst seit einigen Wochen zeigte die Formkurve deutlich nach oben. Umso schlimmer der Rückfall. Und bei nun zehn Zählern Rückstand auf Bayer Leverkusen gibt es akutere Fragen zu beantworten als die, wie lange die Werkself noch weiter Zauber verbreiten kann.

Salih Özcan stemmt die Hände in die Hüfte.
Schwarzgelbe Ratlosigkeit: Bei Salih Özcan und Co. überwog nach der zweiten Bundesliga-Niederlage in Folge der Frust. © picture alliance/dpa

Die Dortmunder Baustellen liegen auf der Hand: Die Mannschaft hat große Probleme, wenn sie hoch gepresst wird, sie kommt daraus dann offensiv kaum einmal konstruktiv vors gegnerische Tor. Das Torverhältnis spricht Bände, in beide Richtungen. Die weiteren Themen, die immer wieder an die Oberfläche drängen: Fehlende Wehrhaftigkeit, Druckresistenz, Ernsthaftigkeit im Tagesgeschäft und fehlende Lösungen, wenn ein Gegner anders spielt als zuvor vermutet. All das trat in Stuttgart in geballter Form auf, die Problemstellen sind eigentlich aber seit Jahren bekannt.

Immer wieder mal zeigt die Mannschaft, was in ihr steckt. Auch in dieser Saison, zuletzt erst vor einer Woche gegen Newcastle. Aber sie zeigt es eben nicht konstant genug, vergisst es bisweilen im tristen November-Alltag der Bundesliga. Extreme Schwankungen gehören scheinbar zu Dortmund wie der Borsigplatz. Rückschläge wie der am Samstag sind die Folge. Und daher ist Borussia Dortmund bei allem Bemühen und allem Potenzial kein echter Titelkandidat.

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