Neuer BVB-U19-Kapitän Filippo Mane Lars Ricken traut ihm den Sprung zu den Profis zu

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Am frühen Mittwochnachmittag schlendert Filippo Mane in Flip Flops, kurzer Hose und Tank Top die wenigen Meter vom BVB-Jugendhaus rüber zum Pförtnerhäuschen. Der 18-Jährige möchte dort ein Paket abholen, das der Sicherheitsdienst für ihn in Empfang genommen hat. Er grüßt freundlich, wartet höflich, bedankt sich schließlich artig und spaziert – das Paket unterm Arm – zurück zu seinem Zimmer.

Es ist nur eine kurze Szene, aber eine, die exemplarisch für die Bodenständigkeit und Freundlichkeit des Italieners steht. Nicht nur, aber auch deshalb haben sie ihn bei Borussia Dortmund zum neuen Kapitän der U19 gemacht. „Filippo lebt all das vor, was wir beim BVB von unseren Spielern erwarten. Er geht auf dem Platz vorweg, bringt die Einsatzbereitschaft mit, die ich von jedem fordere, nicht nur defensiv, sondern auch offensiv. Er gibt immer alles. Filippo ist ein herzensguter Mensch. Er hat alle Charaktereigenschaften, die man sich von einem jungen Mann erhoffen kann. Er ist ein Vorbild und äußerst beliebt“, sagt BVB-Trainer Mike Tullberg im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.

BVB-Kapitän Mane lernt fleißig Deutsch

Seit Januar 2022 ist Mane beim BVB – und hat seither eine rasante Entwicklung hingelegt. Auf und neben dem Rasen. Der 18-Jährige büffelt von Beginn an zweimal wöchentlich Deutsch, um sich schnell zu integrieren. „Gut, Männer“, lobt der Abwehrchef seine Mitspieler wie selbstverständlich auf dem Rasen, wenn sie gemeinschaftlich einen Angriff des Gegners unterbinden. „Ich denke, es ist richtig, dass ich mit meinen Teamkollegen auf Deutsch spreche“, sagt Mane. Im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten wechselt er zwischen Deutsch und Englisch.

Er verstehe das meiste, manchmal falle es ihm aber noch schwer, immer die passenden Worte zu wählen. Dass die Wahl des Kapitäns auf den italienischen Junioren-Nationalspieler fällt, ist zwar nicht alltäglich, im Falle Manes aber folgerichtig. Aufgrund seiner sportlichen und charakterlichen Eigenschaften bestand kein Zweifel, dass er auch als Nicht-Muttersprachler der neue Anführer der BVB-U19 werden würde.

Filippo Mane und Vincenzo Onofrietti grüßen in die Kamera.
Filippo Mane ist neben Vincenzo Onofrietti (r.) einer von zwei italienischen Junioren-Nationalspielern im Team der U19 von Borussia Dortmund. © imago / Patrick Ahlborn

„Ich habe mehr Verantwortung. Meine neue Rolle ist für mich ein großer Schritt. In so einer Mannschaft in so einem großen Klub der Kapitän zu sein, ist eine Ehre für mich“, bekennt Mane. Auf dem Platz verkörpert er in einer Mannschaft, die sich viel über ihre spielerische Klasse und ihre offensive Wucht definiert, jene defensive Gewissenhaftigkeit, die es braucht, um das eigene Spiel im Gleichgewicht zu halten. Und von seiner Freundlichkeit abseits des Rasens sollte man sich nicht täuschen lassen: Auf dem Feld ist Mane ungeheuer kompromisslos, im Zweikampf und Kopfball behauptet sich der 1,88 Meter große Abwehrspieler in der Mehrzahl der Duelle.

Mehr BVB-Verantwortung für Filippo Mane

In dieser Saison wird ihm zudem die Aufgabe übertragen, gemeinsam mit dem aus Hamburg verpflichteten Leonardo Posadas das eigene Spiel zu initiieren. „Leonardo bildet zusammen mit Filippo eine brettstarke Innenverteidigung. Es ist für sie ein Genuss, das eigene Tor zu verteidigen. Gleichzeitig haben beide gute Fähigkeiten im Aufbauspiel, was für uns auch wichtig ist. Beide versuchen, viele Situationen spielerisch zu lösen“, sagt Lars Ricken.

„Wir wollen Filippo durch seine neue Rolle als Kapitän noch mehr in die Pflicht nehmen. Er ist in der Mannschaft total akzeptiert und arbeitet sehr akribisch. Es ist eine ganz entscheidende Saison für ihn. Er ist mit Sicherheit ein Spieler mit der Perspektive für unseren Profibereich“, ergänzt der BVB-Nachwuchschef.

BVB-Talent mit Profi-Perspektive

Dass er im letzten Nachwuchs-Jahr an der Schwelle zum Profi-Fußball steht, sei ihm bewusst, versichert Mane. Treiben lassen will er sich davon aber nicht. „Es ist eine wichtige Saison für mich, in der ich gut performen muss. Nicht nur, weil ich Kapitän bin, sondern auch, weil es mein letztes Jahr in der Jugend ist. Aber ich denke nicht darüber nach, was im nächsten Jahr ist. Ich denke nur an diese Saison und möchte ein gutes Jahr hinlegen“, betont der BVB-Abwehrchef.

Filippo Mane schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.
Sein verschossener Elfmeter im Youth-League-Viertelfinale gegen Hajduk Split hat Filippo Mane noch lange Zeit beschäftigt. © imago / Fotografie73

Seine ausgeprägte Selbstreflexion und Geduld hat die Verantwortlichen bei Borussia Dortmund früh beeindruckt. „Filippo ist es auch selbst ein Bedürfnis, weiter ausgebildet zu werden, um bereit zu sein, wenn er den Schritt irgendwann einmal macht“, sagt Ricken.

Elfmeter-Drama nicht leicht loszuwerden

Dazu gehört auch der Umgang mit Rückschlägen. Was das angeht, muss Mane in den vergangenen Monaten ein paar schmerzhafte Lektionen lernen. Mitte März verschießt er im Viertelfinale der Youth League gegen Hajduk Split den entscheidenden Elfmeter, der vor 16.000 Zuschauern im Signal Iduna Park das Aus bedeutet. Nach Abpfiff muss der Innenverteidiger unter Tränen von Trainer Mike Tullberg getröstet werden. „Es war wirklich hart für mich, das loszuwerden und zu vergessen. Es ging mir immer wieder durch den Kopf, dass wir das Spiel hätten gewinnen können. Aber so ist Fußball, das kann jedem passieren“, gesteht Mane.

Wenige Wochen später zieht er sich einen Muskelfaserriss mit Sehnenbeteiligung zu. Im wichtigen Endspurt fehlt Mane. Als die Mannschaft durch einen 2:1-Sieg bei Bayer Leverkusen die Westdeutsche Meisterschaft feiert, muss er von der Tribüne aus zusehen. Zu den Feierlichkeiten aber rufen die Teamkollegen ihren verletzten Mitspieler auf den Rasen, schließlich hat er seinen Anteil am Erfolg. „Im Saison-Finale nur zuschauen zu können, war schwer für mich“, sagt Mane.

BVB-Kapitän verpasst U19-Europameisterschaft

In der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, im Halbfinale gegen Hertha BSC und im Endspiel gegen den FSV Mainz 05, bleibt ihm nur die Zuschauerrolle. Auch die U19-Europameisterschaft in Malta zwei Monate später verpasst Mane. Italien wird ohne ihn Europameister. Wieder wird ihm das Herz schwer. Die Glücksmomente finden ohne ihn statt. Andererseits hätte ein zu früher Einstieg die Genesung gefährdet oder die Verletzungsanfälligkeit erhöht.

Filippo Mane singt die Nationalhymne Italiens.
Bitter: Verletzungsbedingt verpasst Filippo Mane die U19-Europameisterschaft. Italien holt ohne ihn den Titel. © imago / Lobeca

Darum geht Filippo Mane auf Nummer sicher. Er hört auf seinen Verstand, verzichtet auf die EM-Teilnahme, um sich in Dortmund in Ruhe auf die für ihn entscheidende Saison vorzubereiten. „Das war ein bisschen unglücklich, aber es war eine gute Entscheidung, nicht an der EM teilzunehmen, um sich gut von der Verletzung zu erholen und stärker zurückzukommen“, sagt Mane.

Mane verfolgt beim BVB große Ziele

Eine Saison, für die sich der junge Innenverteidiger persönlich, aber auch mit dem BVB viel vorgenommen hat. „Wir möchten den Titel ein weiteres Mal gewinnen und gerne auch den DFB-Pokal und die Youth League holen. Wir werden es versuchen. Mal sehen, was daraus wird“, kündigt Mane selbstbewusst an. Diesen Ehrgeiz mögen sie bei Borussia Dortmund. Wenn er dann noch wie im Fall von Filippo Mane gepaart ist mit Selbstbewusstsein, Mut und Verbindlichkeit, ergibt das eine spannende Mischung.

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