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Luca Kilian vor BVB-Wiedersehen: „Das wird immer in meinem Herzen bleiben“
Borussia Dortmund
Mit der Dortmunder U19 hat Luca Kilian die Meisterschaft gewonnen. Über Paderborn und Mainz ging es dann zum 1. FC Köln. Vor dem BVB-Wiedersehen spricht er über Emotionen, Steffen Baumgart und sein Vorbild.
Wenn einer eingefleischter Dortmunder ist, dann er. Nach ersten Schritten beim Hombrucher SV spielte Luca Kilian acht Jahre seiner Jugend für Borussia Dortmund. Mit der U19 des BVB feierte der gebürtige Wittener an der Seite von Amos Pieper, Felix Passlack und Jacob Bruun Larsen im Mai 2017 die Deutsche Meisterschaft. Nach einer Saison bei der U23 in der Regionalliga West zog es Kilian schließlich im Sommer 2019 zum SC Paderborn. Von dort aus wechselte er in der vergangenen Saison zum FSV Mainz 05, wo er aber nicht glücklich wurde. Seit August hat sich der 22-Jährige auf Leihbasis dem 1. FC Köln angeschlossen. Dort ist er eine verlässliche Säule.
Am Sonntag (19.30 Uhr) empfängt Luca Kilian mit dem FC „seinen“ BVB. Vor dem für ihn pikanten Duell sprach der 22-Jährige mit Cedric Gebhardt über unvergessliche Momente, Steffen Baumgart, eine unerfreuliche Dopingkontrolle und ein heikles Duell mit Erling Haaland.
Deutscher Meister wird nur der BVB. Das galt auch im Mai 2017, als Sie mit der U19 der Borussia den Titel geholt haben. Sie haben dieses Erlebnis als einen der größten Gänsehaut-Momente in Ihrer Karriere bezeichnet. Ist er nach wie vor präsent?
Ja, das ist er auf jeden Fall. Bis zum damaligen Zeitpunkt war es das größte Spiel, das ich je spielen durfte. 35.000 Zuschauer im Stadion – es war eine atemberaubende Kulisse. Pure Gänsehaut. In diesem Stadion 120 Minuten plus Elfmeterschießen das Finale zu spielen und dann in so einem Krimi gegen Bayern München den Titel zu gewinnen – das wird immer in meinem Herzen bleiben.
Fußball ist ein extrem schnelllebiges Geschäft. Wünschen Sie sich manchmal, Momente - wie die gerade beschriebenen - konservieren und mal innehalten zu können?
Es geht tatsächlich immer sehr schnell weiter, so dass man kaum Zeit hat, auf das Erlebte zurückzuschauen. Meist wird man in Interviews daran erinnert und in den Moment zurückgeworfen. Das ist schön und das genieße ich. Aber im Alltag oder damals direkt nach dem Sieg ging alles viel zu schnell, um sich bewusst zu werden, was man Cooles geleistet hat. Wenn meine Karriere eines Tages vorbei ist, kann ich immer noch mal auf die besonderen Momente zurückblicken, sie in Ruhe reflektieren und schauen, wie alles gelaufen ist.

Mit der BVB-U19 wurde Luca Kilian im Mai 2017 Deutscher Meister. © imago / Thomas Bielefeld
2019 haben Sie den Wechsel zum SC Paderborn einem Verbleib beim BVB vorgezogen. War das rückblickend betrachtet die richtige Entscheidung oder hätten Sie nicht auch noch ein, zwei Jahre länger in Dortmund bleiben können?
Ich hätte auf jeden Fall noch ein, zwei Jahre in Dortmund bleiben können. Damit hätte ich sicher nichts falsch gemacht. Aber wie das so ist, wenn man jung ist: Man ist ungeduldig, man will sich ausprobieren, man will wissen, ob man das kann. Deshalb wollte ich den nächsten Schritt machen. Im Nachhinein kann man das als absoluten Volltreffer bezeichnen. Mir ist schon bewusst, dass das nicht immer so läuft. Umso glücklicher bin ich, dass ich damals in Paderborn so schnell Fuß fassen konnte und meine ersten Einsätze bekommen habe. Rückblickend betrachtet war das die absolut richtige Entscheidung.
Steffen Baumgart war damals in Paderborn ebenso wie heute in Köln Ihr Trainer. Welchen Anteil hat er an Ihrer Entwicklung?
Ich spüre von seiner Seite aus ganz einfach ein besonderes Vertrauen. Das zeigt mir allein schon die Tatsache, dass er mich nach Köln geholt hat, obwohl ich in Mainz kein einfaches Jahr hatte. Er hat mir wieder das Vertrauen geschenkt, mich in vielen Spielen eingesetzt. Er ist jemand, der eine besondere Rolle in meiner Karriere spielt und dem ich viel zu verdanken habe. Bei ihm weiß man einfach, was man aneinander hat.
Was zeichnet den Menschen und den Trainer Steffen Baumgart aus?
Bei ihm bekommt man 100 Prozent Ehrlichkeit. Er ist jemand, der einen emotional super packen kann. Das beides gepaart mit seiner fußballerischen Expertise und seinem klaren Weg, den er verfolgt, macht aus ihm in meinen Augen einen einzigartigen Trainer.

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Vor Ihrer Leihe nach Köln waren Sie bei Mainz 05, kamen dort aber nicht richtig zum Zug. War es für Sie ein verlorenes Jahr oder konnten Sie Ihrer Zeit dort etwas abgewinnen?
Ich bin dankbar dafür, dass es in Mainz so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Auch wenn ich es während der Zeit dort sicher anders empfunden habe. Es war keine einfache Situation für mich. Aber mit ein bisschen Abstand habe ich verstanden, dass das Jahr sehr lehrreich für mich war und ich viel für die Zukunft mitnehmen konnte. Was die Spielzeit betrifft, mag es vielleicht ein verlorenes Jahr gewesen sein. Aber es war wertvoll für meine persönliche Erfahrung. Man nimmt immer etwas mit, was einem für den weiteren Weg hilft und einen stark macht.
Da es in Köln jetzt so positiv läuft: Wann verlängern Sie Ihren Vertrag beim FC?
Ich mache kein Geheiminis daraus, dass ich gerne beim FC bleiben würde. Ich hoffe, dass wir einen Weg finden.
In der vergangenen Saison ist der FC fast abgestiegen, jetzt ist er auf Tuchfühlung zu den Europapokal-Rängen. Auch wenn Sie selbst erst seit August dabei sind: Was hat sich verändert beim FC, was macht die Mannschaft so stark?
Ich kann natürlich nicht beurteilen, wie es vorher war, weil ich die Entwicklung nur aus der Ferne wahrgenommen habe. Ich glaube einfach, dass der Trainer einen Weg eingeschlagen hat, den alle kontinuierlich verfolgen und von dem niemand abweicht. Alle haben das gleiche Ziel und wir haben einen super Spirit im Team. Wir haben große Schritte nach vorne gemacht und zuletzt in Bayer Leverkusen erstmals einen größeren Gegner besiegt. Das tut natürlich gut.

Luca Kilian (l.) bejubelt mit seinen Teamkollegen den Derbysieg in Leverkusen. © imago / Sven Simon
Es gibt ein Video davon, wie die Mannschaft nach dem Derbysieg gegen Leverkusen von den Fans am Geißbockheim empfangen wird. Für die FC-Anhänger war dieser Sieg besonders, für Sie persönlich auch?
Es war ein sehr besonderer Moment. Leider konnte ich den nicht teilen, weil ich noch bei der Dopingkontrolle war und separat zurückfahren musste. Das fand ich total schade. Ich wäre gerne dabei gewesen. Ich habe von meinen Mitspielern gehört, dass es sehr cool gewesen sein soll. Das ärgert mich ein bisschen, aber vielleicht gewinnen wir ja noch mal ein Derby und dann kriegen wir noch mal so einen Empfang.
Erling Haaland, Patrik Schick und Robert Lewandowski - als Innenverteidiger bekommen Sie es in der Bundesliga mit herausragenden Stürmern zu tun. Wer war bislang Ihr unangenehmster Gegenspieler?
Diese drei sind schon Extra-Klasse. Unterm Strich hat für mich Robert Lewandowski die größte Qualität. So wie er sich bewegt, den Ball behauptet, in engen Räumen spielen kann, das ist schon die Creme de la Creme. Es gibt gefühlt nichts, was er nicht kann. Gegen Erling Haaland habe ich noch nicht in der Bundesliga gespielt. Dafür aber mit der U19-Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation gegen Norwegen. Da haben wir 2:5 verloren und Haaland hat drei Tore gemacht. Das war nicht so schön.
Beim FC herrscht wie beim BVB im Stadion meist eine außergewöhnlich gute Stimmung. Was müssen Sie und Ihr Team dafür tun, dass die Stimmung auch während der 90 Minuten anhaltend gut ist?
Wir müssen da weitermachen, wo wir gegen Leverkusen aufgehört haben. Wir müssen versuchen, die Dortmunder hoch zu pressen, viel Ballbesitz zu haben, schnell nach vorne zu spielen, über die Außen zu kommen und Anthony Modeste damit zu füttern. Uns muss es gelingen, ihre individuelle Klasse als Mannschaft so gut wie möglich zu kompensieren. Wir wollen einen schönen Fight liefern und die Fans auf unsere Seite kriegen.

Luca Kilian (hinten) im Duell mit Bayern-Stürmer Robert Lewandowski. © imago / Team 2
Ihr Opa, Amand Theis, war ebenfalls Fußball-Profi und ist ein ehemaliger Borusse. Er wurde „Westerwälder Eisenfuß“ genannt – mit gerade mal fünf Fouls sind Sie der fairste aller FC-Spieler. Klingt nicht gerade so, als hätte Ihnen Ihr Großvater seinen Eisenfuß vererbt.
Ich begehe auf jeden Fall wenige Fouls, in dieser Hinsicht kann ich also nicht mit meinem Opa mithalten. Trotzdem er hat mir viele seiner Erfahrungen mitgegeben. Wir tauschen uns regelmäßig aus und es macht immer sehr viel Spaß, mit ihm über Fußball zu diskutieren.
Sie haben Mats Hummels einmal als Ihr Vorbild bezeichnet und gesagt, dass Sie versuchen, aus seinem Spiel Dinge für sich abzuleiten und von ihm zu lernen. Was konnten Sie sich von seinen Fähigkeiten aneignen und in Ihr eigenes Spiel implementieren?
Als er damals von Bayern zu Dortmund gekommen ist, war er direkt mein Lieblingsspieler. Ich habe immer sehr genau beobachtet, wie er das Spiel eröffnet, wie er sich im Zweikampf verhält, wie sein Stellungs- und Kopfballspiel ist, wie er Dinge antizipiert. Davon versuche ich mir so viel wie möglich abzuschauen und es so gut es geht aufzunehmen, auch wenn ich, glaube ich, ein anderer Typ Verteidiger bin.
Sie haben noch immer einen starken Bezug zum BVB. Sie sind mit Felix Passlack gut befreundet. Wer bekommt am Sonntag mehr zu tun – Sie oder er?
Ich glaube, Felix wird alle Hände voll zu tun haben. Wir wollen Dortmund mit unserem Pressing vor Probleme stellen. Ich glaube, dass wir gute Chancen haben, etwas Zählbares mitzunehmen – mit den Fans und mit der Wucht, die wir in diesem Stadion entwickeln können.

Gut befreundet: Luca Kilian (hinten, 3.v.l.) und Felix Passlack (vorne, r.). © imago / Ulmer
Ihre ganze Familie lebt in Dortmund und ist BVB-verrückt. Wem drücken Ihre Eltern und Brüder eigentlich am Sonntag die Daumen – dem FC oder dem BVB?
Ich glaube, aufgrund der persönlichen Verbundenheit zu mir drücken sie dem FC die Daumen. Aber für den Rest der Saison drücken sie Dortmund die Daumen.
Jetzt überlegen Sie mal, am Ende der Saison würden dem BVB die drei Punkte aus Köln zur Meisterschaft fehlen, weil sie gegen Haaland auf der Linie geklärt hätten …
Das wäre dann ziemlich ärgerlich für den BVB, aber dann wäre das so.
Cedric Gebhardt, Jahrgang 1985, hat Germanistik und Politikwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum studiert. Lebt aber lieber nach dem Motto: „Probieren geht über Studieren.“ Interessiert sich für Sport – und insbesondere die Menschen, die ihn betreiben. Liebt Wortspiele über alles und kann mit Worten definitiv besser jonglieren als mit dem Ball. Schickt deshalb gerne humorige Steilpässe in die Spitze.
