In den sozialen Netzwerken gingen die Montagen direkt viral. Auf der einen ging Emre Can mit Sportings-Stürmerstar Viktor Gyökeres an der Leine spazieren, dann wurden Utensilien aufgezählt, die der BVB-Kapitän später in seinen Hosentaschen finden würde. Schlüssel, Portemonnaie, Smartphone – und eben den Schweden, der in dieser Saison in 40 Spielen atemberaubende 43 Treffer erzielt hat, am Dienstagabend allerdings komplett abgemeldet war. Die Social-Media-Welt feierte Can.
Can ist in der BVB-Abwehr gesetzt
Das kommt selten vor. Can war in den vergangenen Monaten überwiegend spöttischer Kritik ausgesetzt. Doch seit ein paar Wochen hat sich die Situation des 31-Jährigen gewandelt. Selbst in den bittersten Zeiten der Dortmunder Krise gehörte Can, der aufgrund von Verletzungen und Sperren in die Innenverteidigung gerutscht war, zu den formbeständigsten Spielern. Mittlerweile hat er sich in der Abwehr festgespielt. Für Trainer Niko Kovac ist aus einer Aushilfe die erste Wahl geworden, wenn es darum geht, die Position neben Nico Schlotterbeck zu besetzen.
In Lissabon saßen in Sommer-Neuzugang Waldemar Anton und dem wieder genesenen Niklas Süle zwei gelernte Innenverteidiger auf der Bank. Can spielte – und das erneut überzeugend. 95 Prozent Passquote, 75 Prozent gewonnene Zweikämpfe, alle Laufduelle entschied er für sich. Da fiel die kleine Unaufmerksamkeit, als an der Torauslinie das Verteidigen zu früh einstellte (9.), kaum ins Gewicht.
Kovac und Kehl loben BVB-Kapitän Can
„Emre spielt seit Wochen auf der Position und das richtig gut. Heute hat er es gegen beide Stürmer, und das sind richtige Kanten, außerordentlich gut gemacht“, sagte Kovac über Can, der Gyökeres-Vertreter Conrad Harder stets gut im Griff hatte. „Emre hat sich da richtig reingebissen und viele gute Spiele da hinten gemacht“, erklärte Sportdirektor Sebastian Kehl. „Er hat seinen Wert auch als Kapitän unter Beweis gestellt.“
Innerhalb der Mannschaft genießt Can seit jeher großes Ansehen. Vor allem seine zwischenmenschlichen Bemühungen abseits des Platzes, so ist es aus dem Team und dem Verein zu hören, werden sehr geschätzt. Er kommuniziert viel mit seinen Mitspielern, gilt als Vermittler und ist auch besonders für Neuzugänge Ansprechpartner Nummer eins. Attribute, die einen Kapitän mindestens genauso auszeichnen wie Leistungen auf dem Platz.
Neue Hierarchie mit Can in der BVB-Abwehr?
„Mit Emre kannst du eine hohe Kette spielen, weil er sehr schnell ist. Er macht das mit und gegen den Ball sehr gut. Er hat Gyökeres im Laufduell mehrfach abgekocht“, schilderte Schlotterbeck das Zusammenspiel mit seinem Nebenmann und schob hinterher: „Das freut mich für ihn. Er hatte keine leichte Zeit, er wurde viel kritisiert. Heute ist er vorweggegangen.“ Can selbst wollte nach Spielschluss nur ungern über seine Rolle sprechen. „Heute habe ich gespielt. In Zukunft werden wir sehen“, meinte er und moderierte das Thema schnell ab.
Nur 30 Meter entfernt von der Mixed Zone, im Pressekonferenzraum, ließ Kovac allerdings mit einer Aussage aufhorchen, die den Machtkampf in den Innenverteidigung mächtig befeuern dürfte. „Wenn Emre so weiterspielt, sagte der Trainer, „und davon bin ich überzeugt, ist er sicherlich derjenige, der diese Position im Moment am besten bekleidet.“ Das klang recht deutlich nach einer neuen Hierarchie in der BVB-Innenverteidigung. Schlotterbeck und Can gesetzt, Anton und Süle als Herausforderer. Eine extrem überraschende Ausgangslage für die verbleibende Saison.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 12. Februar 2025.