Kiel-Profi Tom Rothe im Exklusiv-Interview „Ich will zurück zum BVB und dort angreifen!“

Kiel-Profi Tom Rothe im Exklusiv-Interview:: „Ich will zurück zum BVB und dort angreifen!“
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Um 5.30 Uhr setzt sich Malik Harms am Samstagmorgen in den Zug. Fünf Stunden dauert die Fahrt von Dortmund bis nach Kiel, wo er sich am Nachmittag die Zweitliga-Begegnung zwischen Holstein und dem SV Elversberg anschauen will. Wobei die Partie für den Fan von Borussia Dortmund, der bei den BVB-Profis bestens bekannt ist, eher nebensächlich ist. Er will das Trikot von Leihspieler Tom Rothe ergattern. Und er hat Glück – wie so oft. Als der 18-Jährige Harms nach dem 1:1 gegen Elversberg auf der Tribüne entdeckt, gibt er ihm sofort sein Trikot. „Malik ist immer überall. Ich weiß nicht, wie er das macht. Aber er ist immer da. Jetzt selbst in Kiel. Das hat mich sehr gefreut, deswegen hat er natürlich auch mein Trikot bekommen“, sagt Rothe später gegenüber den Ruhr Nachrichten.

Außerdem spricht der Außenverteidiger im Exklusiv-Interview über den regelmäßigen Austausch mit BVB-Trainer Edin Terzic, erklärt, womit seine aktuelle Offensivstärke zusammenhängt, wieso er sich für Holstein Kiel entschieden hat und wie seine Zukunft bei Borussia Dortmund aussehen soll.

Aus dem Ruhrgebiet in den hohen Norden. Wie lebt es sich in Kiel?

Ich fühle mich hier sehr wohl. Die Gegend kenne ich ja schon etwas aus meiner Zeit bei St. Pauli, der Norden ist also nicht ganz neu für mich. Es ist sehr schön hier, man ist direkt am Wasser. Alles top. Es war nicht schwer, sich hier einzuleben.

BVB-Fan Malik Harms hält das Trikot von Tom Rothe.
BVB-Fan Malik Harms hat nach dem Spiel von Holstein Kiel gegen Elversberg das Trikot von Tom Rothe bekommen. © Privat

Nach dem 2:0-Erfolg gegen Karlsruhe schrieben Sie auf Instagram: Sieg, Tor, zu Null – schöner Samstag. Sind Sie tatsächlich so einfach zufriedenzustellen?

(lacht) Ja, klar. So kann es gerne immer laufen. Wenn man hinten kein Tor kassiert und vorne eins oder mehrere macht, dann gewinnt man die Spiele. So einfach kann es sein. Dass ich selbst getroffen habe, freut mich natürlich noch umso mehr.

Holstein Kiel steht mit 16 Punkten auf Platz vier und ist schon jetzt so etwas wie die Überraschung der laufenden Zweiligasaison. Was entsteht da gerade in Kiel?

Wir haben vor Beginn der Saison gesagt, wir schauen, was geht. Wir haben viele neue, vor allem junge Spieler. Wir sind dann extrem gut gestartet, vielleicht sogar besser, als wir und andere es erwartet haben. Aber wir werden die Situation sicherlich nicht überbewerten und gucken einfach, wie es weitergeht. Ich denke aber schon, dass wir eine gute Saison spielen können. Wir haben eine junge hungrige Mannschaft, das Training macht Spaß, der Trainer hat eine klare Spielidee und die Grundstimmung innerhalb der Mannschaft passt einfach.

Sie haben bislang keine einzige Pflichtspielminute verpasst. Überrascht, dass Sie so schnell Stammspieler geworden sind?

Ich bin hierhergekommen, um so viele Minuten wie möglich zu sammeln. Dass ich bislang wirklich jede Minute in dieser Saison auf dem Platz stand, ist umso schöner. Aber auch nur so kann ich mich entwickeln und besser werden. Ich gebe in jedem Spiel und jedem Training weiter Gas, damit es auch so weitergeht und hoffe einfach, dass ich verletzungsfrei bleibe.

Tom Rothe in einem Zweikampf.
Nach dem 1:1 gegen Elversberg liegt Holstein Kiel mit 16 Punkten auf Rang vier. © IMAGO/KBS-Picture

Sie haben großen Anteil am Erfolg von Holstein Kiel. Zwei Tore, drei Vorlagen. Woher kommt diese plötzliche Offensivstärke? Liegt es am Spielsystem? Ihr Trainer lässt vorwiegend mit einer Dreier-/Fünferkette spielen.

Die Systemumstellung zählt sicherlich auch mit rein. Als Außenverteidiger stehe ich sehr hoch und agiere eher als Schienenspieler. Unser Trainer legt auch großen Wert darauf, dass die Außenverteidiger in der Box auftauchen. Es ist daher sehr anstrengend, unter Marcel Rapp zu spielen. (lacht) Aber laufen kann ich ja, deswegen gehe ich immer häufiger mit in die Box oder habe auf dem Flügel mehr Offensivaktionen.

Direkt an Ihrer Seite spielt mit Colin Kleine-Bekel jemand, den Sie noch bestens aus Dortmund kennen. Haben Sie sich vor der Leihe mit ihm ausgetauscht?

Es ging damals alles sehr schnell, dafür war überhaupt keine Zeit. Ich bin direkt nach dem ersten Training der Vorbereitung zur Mannschaft gestoßen. Colin hat sich total gewundert, wieso ich da plötzlich in der Kabine stand. Er hat mich dann nur gefragt: „Hä, was machst du denn hier?“ (lacht)

Die Leihe kam in der Tat für viele überraschend. Wer ist damals auf wen zugegangen?

Es kam von beiden Seiten. Ich hatte früh kommuniziert, dass es mein Wunsch wäre, ein Jahr ausgeliehen zu werden, um Spielpraxis sammeln zu können. In der vergangenen Saison hatte ich in Dortmund nur ein paar Kurzeinsätze, habe hauptsächlich in der 3. Liga gespielt. Also haben wir geschaut, wo ich so hoch wie möglich so viel Spielzeit wie möglich bekomme, um stärker zurückzukommen und eine bessere Option für den BVB zu werden.

Haben Sie sich eventuell auch Ansgar Knauff als Beispiel genommen?

Klar. Ansgar ist das perfekte Beispiel. Der Verein hat mir aber auch andere Spieler aufgezeigt, wo ein solcher Weg funktioniert hat. Das ist keine Garantie. Aber es hat mich in meiner Entscheidung auf jeden Fall bestärkt.

Tom Rothe feiert nach seinem ersten Tor für den BVB.
Erstes Bundesliga-Spiel und gleich der erste Treffer: Tom Rothe feierte ein perfektes Debüt für die BVB-Profis. © IMAGO/RHR-Foto

Ihre Wahl ist letztlich auf Holstein Kiel gefallen. Was waren die Faktoren für Ihre Entscheidung?

Der Austausch war sehr gut und der Trainer hat mir sofort das Gefühl gegeben, dass er Bock auf mich hat. Das war extrem wichtig für mich. Ich wäre nicht zu einem Verein gegangen, der einfach nur sagt, den nehmen wir jetzt mal, weil wir auf der Linksverteidigerposition Bedarf haben. Es war offensichtlich genau die richtige Entscheidung. Ich fühle mich hier sehr wohl und komme auf meine Minuten.

In Dortmund steht in dieser Saison in Ramy Bensebaini nur ein gelernter Linksverteidiger im Kader. Wäre das nicht auch eine Chance für Sie gewesen?

Julian Ryerson kann das auch sehr gut spielen Aber klar: Es hätte schon sein können, dass ich in dieser Saison auf ein paar mehr Minuten in Dortmund gekommen wäre, aber auf keinen Fall in dem Umfang wie hier. Deswegen war es besser, dass ich mich hier entwickle und nicht nur ab und zu mal Bundesliga spiele.

Wie ist Ihr Austausch mit den alten Kollegen? Und vor allem Edin Terzic?

Zu den Spielern habe ich ab und zu Kontakt. Edin hat mich in der letzten Länderspielpause angerufen, gefragt, wie es mir geht, wie ich mich fühle. Auch mit Otto Addo, der ja für die Nachwuchsspieler beim BVB verantwortlich ist, tausche ich mich oft aus. Er schreibt mir oder wir telefonieren, nach unserem Auswärtsspiel auf Schalke haben wir uns auch getroffen.

Sie dürften alle glücklich sein über Ihre Entwicklung in Kiel …

(lacht) Also was ich so gehört habe, sind sie zufrieden. Aber sie zeigen mir natürlich auch Dinge auf, die ich verbessern kann und muss.

Die da wären?

Meine Stärken lagen schon immer im offensiven Bereich, defensiv gibt es dafür bei mir ein paar Themen. Das weiß ich auch selbst. Gerade im defensiven Eins-gegen-Eins gegen schnelle, quirlige Spieler habe ich Probleme. Da muss ich besser werden.

Tom Rothe in einem Spiel der U21-Nationalmannschaft mit dem Ball am Fuß.
Anfang September wurde Tom Rothe erstmals für die deutsche U21-Nationalmannschaft nominiert. © IMAGO/Fussball-News Saarland

Ihre starken Auftritte im Verein sind nicht unentdeckt geblieben. Bei der letzten Maßnahme hat sie Antonio di Salvo für die U21-Nationalmannschaft nachnominiert.

Es war super cool, dass ich sozusagen befördert wurde. Die U21 ist noch einmal eine andere Hausnummer und es war eine Bestätigung für die Leistungen in den letzten Wochen. Dieses Mal geht es für mich wieder zur U20. Es ist immer eine Ehre, für die Nationalmannschaft zu spielen.

Wo soll es in dieser Saison noch hingehen – mit Holstein Kiel aber auch für Sie persönlich?

Wir als Mannschaft haben uns gar kein festes Ziel vorgenommen. So blöd es klingt: Wir wollen von Spiel zu Spiel schauen und gucken, was geht. Wir geben aber immer weiter Gas. Und für mich persönlich: Ich will einfach am liebsten jedes Spiel machen.

Und dann geht es nach der Saison definitiv zurück zu Borussia Dortmund?

Aktuell bin ich natürlich voll auf Holstein Kiel fokussiert und will hier so erfolgreich wie möglich sein. Aber das Ziel ist klar: Ich will zurück zum BVB und dort angreifen!

BVB-Leihspieler Tom Rothe trumpft bei Holstein Kiel auf: So läuft der Austausch mit Edin Terzic