Justin Njinmah hatte an diesem Tag schon viele Wünsche erfüllt. Er folgte dem Wunsch von Ingo Preuß, es Karim Adeyemi gleichzutun, war über den Flügel gespintet und hatte beim 4:0-Kantersieg über Waldhof Mannheim gleich zwei Treffer erzielt. Nach Abpfiff hatte er einem BVB-Fan sein Trikot geschenkt und anschließend trotz winterlicher Temperaturen mit freiem Oberkörper geduldig alle Selfie-Wünsche erfüllt. Den allerletzten Wunsch aber musste er dann doch ablehnen. Auf dem Weg in die Kabine wurde Njinmah gefragt, ob er auch noch seine Hose verschenken könne. Dieses Ansinnen verneinte der BVB-Stürmer mit einem Lächeln.
BVB-Umschaltspiel funktioniert gegen Mannheim
Wie hätte er auch sonst dagestanden? Vermutlich in etwa so entblößt wie Waldhof Mannheim in den 90 Minuten zuvor auf dem Rasen. Der Aufstiegsanwärter hatte dem Pressing von Borussia Dortmunds U23, den daraus resultierenden Umschaltmomenten und der offensiven Wucht kaum etwas entgegenzusetzen. Wer den Auftritt des BVB sah, rieb sich mitunter verwundert die Augen. Mit wenigen Kontakten, dafür aber viel Selbstverständlichkeit ging es blitzschnell in die Tiefe. Zwei dieser Steilpässe landeten im Lauf von Justin Njinmah und mündeten in Toren. Beim 1:0 (18.) hob der 22-Jährige die Kugel über Waldhof-Keeper Bartels, beim 3:0 (64.) versenkte er sie rechts unten.
„Wir haben es intensiv trainiert, dass wir die Räume hinter der Kette besser nutzen. Das hat gut geklappt. Ich weiß, dass ich häufig schneller bin als die Gegenspieler“, sagte Njinmah im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Gut zwei Wochen nach seinem Amtsantritt hat Jan Zimmermann der Mannschaft seine Vorstellungen vermittelt und sie war willens und dazu in der Lage, diese umzusetzen.
BVB-U23 nutzt Tempo als Waffe
„Es war in der vergangenen Woche ein großes Thema bei uns im Training: einfach zu spielen. Heute haben sie das gemacht. Das war wenig Schnörkelfußball, dafür klar und zielstrebig. Und dann sieht man, dass die Jungs wirklich besondere Fähigkeiten haben. Wir haben es geschafft, sie in Situationen zu bringen, in denen sie diese Fähigkeiten zeigen können“, meinte Zimmermann.

Der Positionswechsel von Franz Pfanne aus der Innenverteidigung auf die Sechs war dafür nur ein gelungenes Beispiel. Ein weiterer Beleg: Besagter Njinmah, der an der Seite des im Angriffszentrum agierenden Michael Eberwein bei Kontern derart beschleunigte, dass es die Mannheimer überforderte. „Wenn der im Tempo ist, hält den ja keiner auf“, urteilte Pfanne.
BVB-Stürmer Njinmah wirft Ballast ab
Der ungeahnt hohe Triumph – mehr als zwei Treffer hatte die BVB-U23 in dieser Saison nie in einem Spiel erzielt – sorgte bei der Mannschaft spürbar für Erleichterung. Auch Njinmah schien in gewisser Weise von einer Last befreit. Gegen Viktoria Köln und Wehen Wiesbaden hatte er wichtige Strafstöße vergeben und in einigen weiteren Partien die Entschlossenheit im Abschluss vermissen lasen. Mit dem ersten Doppelpack seiner Profikarriere ist dieser Ballast nun vorerst abgeworfen.
„Wenn es nicht gut läuft, wir Spiele verlieren, ich einen Elfmeter verschieße, dann bedrückt mich das und ich kann schlecht schlafen. Für mich war das eine schwierige Phase. Aber genau deshalb ist so ein Sieg wie gegen Mannheim enorm wichtig. Der Mannschaft und auch mir persönlich gibt das noch mal einen riesigen Auftrieb“, sagte Njinmah. Mit fünf Treffern ist er nun neuer Toptorschütze der BVB-U23. Und er ist motiviert, diesen Status mit weiteren Toren zu festigen. Für den 22-Jährigen ist es ein günstiger Zeitpunkt, um sich für künftige Aufgaben zu empfehlen. Im Sommer endet das Leihgeschäft mit Werder Bremen. Der BVB besitzt eine Kaufoption in siebenstelliger Höhe. Bislang gilt es als äußerst unwahrscheinlich, dass er sie zieht – dafür waren Njinmahs Leistungen in den vergangenen Monaten zu unbeständig.
Njinmah dankt BVB-Trainer Terzic
Andererseits bleiben dem Deutsch-Nigerianer nun noch 14 Spiele in der 3. Liga, um auf sich aufmerksam zu machen. Fragt man ihn nach seiner Zukunft, antwortet Njinmah: „Ich kann noch nicht sagen, wie es weitergeht. Ich mag es in Dortmund, ich mag es auch in Bremen. Man wird sehen, wo es hingeht.“ Sollten sich die Wege im Sommer trennen, dürfte Njinmah zunächst zu Werder Bremen zurückkehren. „Für jeden Spieler ist es natürlich ein Traum, in der Bundesliga zu spielen“, bekennt Njinmah. „Ich würde mich jedoch noch lange nicht als Bundesliga-Spieler bezeichnen. Aber dort schon mal ein paar Minuten gesammelt zu haben, ist ein Erlebnis, das einem niemand mehr nehmen kann. Ich bin einfach dankbar dafür und weiß es sehr zu schätzen, dass Edin Terzic mir das gegönnt hat.“

Der BVB-Cheftrainer hatte Njinmah im Auswärtsspiel bei RB Leipzig in der 69. Minute eingewechselt. Ein Erlebnis, das bei Njinmah die Lust auf weitere Augenblicke in der Bundesliga geweckt hat. „Jetzt heißt es, in der 3. Liga weiter Gas zu geben und so viele Tore wie möglich zu machen, damit da vielleicht noch ein paar Minuten in der Bundesliga dazu kommen“, sagt der BVB-Stürmer.
Njinmah begreift Bundesliga als Privileg
Dass sich ihm diese Option bietet, begreift Njinmah nicht als Selbstverständlichkeit: „Vor zwei Jahren war ich noch weit weg vom Profifußball, auch weit weg von der 3. Liga. Ich saß in der Corona-Zeit bei Holstein Kiel II in der Regionalliga auf der Bank. Da hätte ich nicht damit gerechnet, dass ich irgendwann mal neben Reus und Bellingham auf dem Platz stehe. Aber im Fußball kann es schnell gehen, das habe ich am eigenen Leib erlebt.“
Als nächstes möchte er seinen eigenen Wunsch realisieren und den Sprung in die Bundesliga packen. „Ich möchte ein Unterschiedsspieler sein. Das ist etwas, das ich mir definitiv für die Rückrunde vorgenommen habe.“ Die Voraussetzungen dafür sind weitere Top-Leistungen und geschärfte Sinne. Gemessen daran stehen Njinmahs Chancen durchaus gut. Nach seinem zweiten Treffer tippte er sich mit dem rechten Zeigefinger an die Schläfe. „Das war ein Zeichen an die Jungs, dass wir im Kopf immer klar bleiben müssen.“
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