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Julian Weigl zieht beim BVB die Reißleine - nun droht in der Defensive ein Engpass
Kommentar
Julian Weigl zieht bei Borussia Dortmund nach schwierigen Monaten die Reißleine. Durch den Abgang des Allrounders droht dem BVB in der Defensive ein Engpass. Dirk Krampe kommentiert.
Julian Weigl ist ein gutes Beispiel dafür, wie schnelllebig das Profi-Geschäft ist. Noch vor zwei Jahren galt er beim BVB als eine der zentralen Figuren, um die herum man eine neue Mannschaft aufbauen wollte. Dann kam der Knöchelbruch mit einer langen Pause und komplizierten Reha, dann kamen neue Trainer und andere Philosophien, dann kam unverhofft auch noch die Chance, Axel Witsel zu verpflichten.
Weigl musste sich beim BVB hinten anstellen
Urplötzlich war aus dem Stammspieler Weigl einer geworden, der aus der hinteren Reihe wieder angreifen musste. Diesen Kampf hat der Spieler jetzt aufgegeben und die Reißleine gezogen, er musste dabei allerdings auch Abstriche in Kauf nehmen.
Während der vergangenen zwölf Monate rankten sich immer wieder Spekulationen um einen Wechsel zu seinem Mentor Thomas Tuchel nach Paris, nun ist es nicht die französische, sondern die portugiesische erste Liga geworden. Keine der absoluten Top-Ligen. Um sich auch beim DFB wieder ins Blickfeld zu spielen, müsste Weigl schon nachhaltig auf sich aufmerksam machen.
Dem BVB bieten sich im defensiven Mittelfeld einige Alternativen
Ausschlaggebend für die Zustimmung des BVB zu einem Wechsel zu diesem Zeitpunkt waren am Ende wohl mehrere Faktoren. Zum einen die Aussicht, für einen seit längerem unzufriedenen Spieler noch eine ordentliche Ablöse einzustreichen und mögliches Konflikt-Potenzial zu vermeiden. Vor allem aber auch, dass Weigl dem Vernehmen nach der Borussia gegenüber deutlich formuliert hat, nicht mehr als Innenverteidiger-Backup eingeplant werden zu wollen.
Im zentralen Mittelfeld aber kann der BVB den Wechsel von Weigl relativ problemlos auffangen. Dessen fehlendes Tempo im defensiven Umschaltverhalten war selten so ausgeprägt zu sehen wie im Spiel gegen Paderborn (3:3), bei den BVB-Entscheidern aber länger schon ein Thema.
Giovanni Reyna könnte schon bald den Sprung schaffen
Thomas Delaney, Leonardo Balerdi und Mahmoud Dahoud sind die ersten Alternativen zu Axel Witsel, intern wird auch dem jungen Giovanni Reyna zugetraut, sehr schnell den Anschluss ans Profi-Niveau zu schaffen. Für Dahoud, in der Hinrunde deutlich seltener berücksichtigt als Weigl, dürfte die Tür zu einem Winter-Wechsel damit geschlossen sein.

Der BVB setzt auf Nachwuchstalent Giovanni Reyna. © Kirchner-Media
In der Abwehr könnte hingegen nun schnell ein Engpass entstehen, wenn Favre beim zuletzt favorisierten 3-4-3 bleiben sollte. Hinter dem dann fast konkurrenzlosen Trio Akanji, Hummels und Zagadou tut sich nun ein recht großes Loch auf.
Lucien Favre muss Fingerspitzengefühl beweisen
Den Spielern angesichts weiter hoher Belastungen zum Beispiel im Februar, wo sieben Spiele in 29 Tagen auf die Borussia warten, die notwendige Regenerationszeit zu verschaffen, wird von Favre Fingerspitzengefühl und auch Mut verlangen. Der bislang kaum eingesetzte Balerdi darf sich Hoffnungen auf deutlich mehr Einsatzzeiten machen.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
