Der Moment, in dem der Riss im Verhältnis zwischen Jayden Braaf und Borussia Dortmund offen sichtbar wird, geschieht an Tag drei des Trainingslagers in Belek. Abseits des Rasens gibt es eine Art kleine Aussichtsplattform mit Tischen und Stühlen. Von hier aus lässt sich der Platz und damit das Training des BVB gut überblicken. Und damit auch dieser Augenblick: Gegen 11.35 Uhr trommelt Christian Preußer seine Spieler für eine kurze Ansprache zusammen. Team und Staff versammeln sich, um den Worten des Trainers zu lauschen. Nur einer steht etwa einen Meter abseits von allen anderen. Mit dem rechten Fuß tritt er auf einen Ball, die Hände hat er in die Hüften gestemmt. Es ist Jayden Braaf.
Braaf vor Wechsel in die Serie A
Die Szene, das wird an den folgenden Tagen immer deutlicher, hat symbolischen Charakter. Braaf ist längst nicht mehr Teil der Mannschaft. Sollte er jemals integriert gewesen sein – und daran gibt es berechtigte Zweifel – ist er es in Belek nicht mehr. Braaf macht sein eigenes Ding, Tag ein, Tag aus. Mit aufreizender Lustlosigkeit nimmt er am Übungsbetrieb teil. Nach Informationen der Ruhr Nachrichten war Braaf zu diesem Zeitpunkt schon mit einem Wechselwunsch an Borussia Dortmund herangetreten. Der Stürmer sei unzufrieden mit seiner Situation, sei frustriert darüber, bei der Drittliga-Mannschaft statt bei den Profis zu trainieren. Deswegen sollen sich die Wege trotz eines Vertrags bis 2025 möglichst schnell trennen. Transfer-Guru Fabrizio Romano vermeldete das Leih-Geschäft zum italienischen Erstligisten Hellas Verona am Mittwochabend bereits als perfekt, nach Information der Ruhr Nachrichten fehlen aber noch einige Details.
Für den BVB hat sich die Personalie Braaf als großes Missverständnis entpuppt. Als die Verantwortlichen den Niederländer im Juli von Manchester City verpflichten, eint sie die Hoffnung auf einen Coup. Braaf gilt zwar als schwieriger Charakter – das schon – aber eben auch als verheißungsvolles Talent, als eine Wette auf die Zukunft. Deshalb wollen sie ihm beim BVB die richtigen Leitplanken setzen, um ihn in die Spur zu bekommen. Braaf könne „mit seinem Tempo und Talent ein Unterschiedspieler“ sein, befindet Sportdirektor Sebastian Kehl. Braaf müsse allerdings „klar bleiben“.
Braaf deutet Potenzial beim BVB selten an
Genau daran ist der 20-Jährige – so viel lässt sich nach einem halben Jahr in Dortmund sagen – deutlich gescheitert. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine gigantische Lücke. Nach seinem im April 2021 erlittenen Kreuzbandriss haben sie beim BVB nach dessen Ankunft keine Wunderdinge vom Niederländer erwartet, aber sehr wohl einen Profi, der bereit ist, sein Ego zurückzustellen und hart an sich zu arbeiten. Weder das eine noch das andere gelingt.

Braaf hat es seit Dienstantritt nicht geschafft, sich in eine entsprechende körperliche Verfassung zu bringen, um in der 3. Liga mitzuhalten. Sieben Einsätze, 265 Spielminuten, null Torbeteiligungen und eine schwache Zweikampfbilanz (30 Prozent) sind ein bitterer Arbeitsnachweis für einen Spieler, der sich in der Vergangenheit gefragt hat, weshalb ihn Pep Guardiola bei Manchester City nicht in den Kader für die Premier League berufen hat. Bei seinen wenigen Spielen für die BVB-U23 zeigt er in Ansätzen, welches Potenzial in ihm schlummert. Doch es gelingt ihm selten, in Eins-gegen-Eins-Duellen seine Vorzüge und sein Tempo auszuspielen. Statt auf dem Rasen zu explodieren, implodiert Braaf regelmäßig.
Braaf-Trennung ist gut für den BVB
Im Trainingslager in Belek ist Braaf kaum dazu bereit, seine Lustlosigkeit zu kaschieren. Er trägt sie offen zur Schau. Als er vom Trainerteam angehalten wird, ein paar Runden zu laufen, geht er nach wenigen Minuten und trottet ungeniert über den Platz. Zu Motivationszwecken nimmt der BVB den Niederländer sogar im November mit auf die Asienreise der Profis. Ohne nennenswerten Effekt. Sein Standing bei der U23 ist da bereits im Eimer. Als er in Belek bei einer Übung den Ball meterweit über das Tor befördert, sagt ein Mitspieler deutlich hörbar: „Ja, ja – der beste Spieler der Welt.“

Neben sportlichen Enttäuschungen leistet sich der 20-Jährige auch reichlich Fehltritte neben dem Platz. Zum Abflug nach Belek ist Braaf nach Informationen der Ruhr Nachrichten eine halbe Stunde zu spät erschienen. Im Trainingslager selbst vergisst er mehrfach Teile seines Equipments. Im Laufe der Saison ahndet der Klub weitere Undiszipliniertheiten zudem mit finanziellen Sanktionen. Doch Braaf scheint unbeeindruckt und unbelehrbar zu sein.
Braaf und das Bad-Boy-Image
Im Sommer im Interview mit den Ruhr Nachrichten auf sein in England produziertes Image als Bad Boy angesprochen, widersprach Braaf vehement: „Die Menschen, die das behaupten, kennen mich nicht wirklich. Wer mich persönlich kennenlernt, stellt fest, dass ich ein ruhiger Typ bin, dass ich Witze mache, viel lache und nun wirklich kein schwieriger Charakter bin.“ Bei Borussia Dortmund ist man anderer Meinung. Deswegen werden beide Seiten nun getrennte Wege gehen. Zumindest für den BVB ist das eine gute Nachricht.
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