Hinter Borussia Dortmund liegt eine durchwachsene erste Saisonhälfte mit mehr Tiefen als Höhen. Während der BVB in den Bundesliga-Heimspielen 20 Punkte holte, präsentierte man sich auswärts über weite Strecken wie ein Abstiegskandidat (fünf Punkte) und überwintert auf einem enttäuschenden sechsten Rang. Im DFB-Pokal musste die Mannschaft von Nuri Sahin erneut früh die Segel streichen. Nur in der neuen Champions-League-Ligaphase liegt man vor den letzten beiden Vorrundenspielen als Neunter im Soll. In unserer Analyse nehmen wir alle Mannschaftsteile genau unter die Lupe. In diesem Teil blicken wir auf die Offensive:
Julian Brandt: In den Augen von Nuri Sahin ist Julian Brandt „unersetzlich“. Immer wieder verlieh der BVB-Cheftrainer dem Blondschopf dieses Attribut. Ist er fit, ist der 28-Jährige im Mittelfeld gesetzt. Fast immer fleißig, zog 918 intensive Läufe an – nur Pascal Groß (1001) bestritt mehr. Allerdings hat Brandt noch nicht den Impact der Vorsaison. Drei Tore und sechs Assists stehen wettbewerbsübergreifend in seiner Statistik. Ist noch nicht die Führungsfigur, zu der ihn der BVB nach dem Abgang von Marco Reus aufbauen möchte. Note: 2,5
Giovanni Reyna: Nach der verkorksten Vorsaison samt enttäuschender Leihe zu Nottingham Forest wollte der US-Amerikaner endlich bei Schwarzgelb durchstarten. Eine wochenlange Leistenzerrung bremste ihn aber schon kurz nach Saisonbeginn aus. Der 22-Jährige fremdelt weiter, kommt kaum in den Rhythmus und nicht über Kurzeinsätze hinaus. Gegen Hoffenheim gelang ihm immerhin mal ein Tor. Note: 4,0
Karim Adeyemi: Der schnellster aller Borussen (36,18 km/h Topspeed) ist deutlich gereift und erwachsener in seinen Leistungen geworden. In zehn Spielen mit zehn Scorern. Als er in der Champions League beim 7:1 gegen Celtic Glasgow eine Gala-Vorstellung (drei Treffer, ein Assist) zeigte, verletzte er sich schwer und kam nach zweimonatiger Verletzungspause nur noch auf zwei Kurzeinsätze gegen Hoffenheim und Wolfsburg. Größter persönlicher Erfolg der ersten Saisonhälfte: Seine Heirat mit Freundin Loredana im Oktober. Note: 3,0

Jamie Gittens: Erst legte der junge Engländer einen Teil seines Nachnamens (Bynoe) ab, dann spielte er die bislang beste Halbserie beim BVB. Nuri Sahin setzte den 20-Jährigen in jedem (!) Pflichtspiel ein. Und der zahlte das Vertrauen zurück. Gittens gelangen wettbewerbsübergreifend neun Tore und vier Assists. So effektiv war er nie zuvor. Nach Serhou Guirassy (30) feuerte er die zweitmeisten Torschüsse (26) aller Borussen ab. Mit einem Topspeed von 35,96 km/h zählt der Flügelstürmer zu den schnellsten Bundesliga Profis – beim BVB weisen nur Cole Campbell (36,04) und Karim Adeyemi (36,18) ähnliche Werte auf. 369 Sprints zog Gittens zudem an – so viele wie kein anderer Dortmunder. Und er ist körperlich robuster geworden: 19 Fouls am Gegner sind der Höchstwert im BVB-Kader. Note: 2,0
Donyell Malen: In der Vorsaison war der Niederländer nach Julian Brandt und Niclas Füllkrug der Topscorer bei Borussia Dortmund. Davon ist der 25-Jährige derzeit weit entfernt. Seit Sommer läuft es nicht rund bei Malen – fünf Tore und eine Vorlage sind ein mauer Wert. Malen kann auch im vierten Jahr bei Schwarzgelb sein Phlegma nicht abstreifen, ist in dieser Saison keine feste Größe. Bei 20 Einsätzen wurde er neunmal aus- und zehnmal eingewechselt. Malens bisweilen laxe Interpretation von Defensivarbeit stößt Nuri Sahin sauer auf. Liebäugelt mit einem Wechsel im Winter. Note: 4,0
Julien Duranville: Die BVB-Verantwortlichen hatten es während der Sommer-Vorbereitung immer wieder betont: Julien Duranville sei robuster geworden und man sei zuversichtlich, ihn nun endlich Stück für Stück an den Profi-Fußball heranführen zu können. Die Wirklichkeit sah dann wieder anders aus. Der hochveranlagte Belgier fiel aufgrund einer Oberschenkelverletzung erneut wochenlang aus, kam daher nur zu wenigen Einsätzen. Dabei blitzte allerdings sein Können auf. Die Hoffnungen auf einen dauerhaft fitten Duranville haben sie beim BVB jedenfalls noch nicht aufgegeben. Note: 3,5

Serhou Guirassy: Schlüpfte nach seiner Knieverletzung zu Saisonbeginn umgehend in die Rolle des Zielspielers beim BVB. Der Guineer ist mit seinen technischen Fähigkeiten vor allem in spielerischer Hinsicht ein Upgrade zum nach West Ham abgewanderten Niclas Füllkrug. Guirassy macht die Dortmunder Offensive dadurch wesentlich variabler. Je sechs Treffer und zwei Vorlagen in Königsklasse und Bundesliga. War nicht umsonst als Afrikas Fußballer des Jahres nominiert. Note: 2,5
Maxi Beier: Der für 30 Millionen Euro aus dem Kraichgau geholte Youngster fremdelte zunächst mit der neuen Umgebung. Dortmund ist nicht Hoffenheim – mit den ungleich höheren Erwartungen kam der U21-Nationalspieler anfangs nicht zurecht. Zunächst mit vielen unglücklichen Auftritten und falscher Entscheidungsfindung. Ab Herbst dann mit mehr Selbstsicherheit und offensiver Durchschlagskraft. Der 22-Jährige hat angedeutet, was in ihm steckt – im neuen Jahr muss er es unter Beweis stellen. Note: 3,5
RN-Fazit: Die Offensive ist auf dem Papier das Prunkstück von Borussia Dortmund. Aber zu viele ihrer Protagonisten erreichen noch nicht (dauerhaft) das für sie vorgesehene Level und laufen den eigenen Ansprüchen hinterher. Konstanz ist das Zauberwort. Ein Gebot, das freilich nicht nur für die Offensivspieler gilt, sondern auch auf die gesamte Mannschaft zutrifft.
Schlotterbeck als echter Anführer - Süle wird zum Problemfall: BVB-Spielerzeugnis
BVB-Spielerzeugnis: Kobel muss technisch besser werden – Lotka auf dem Sprung
Bundesliga-Klub macht bei BVB-Torhüter Ernst: Winter-Wechsel von Marcel Lotka bahnt sich an