Fast fünf Jahre war Edin Terzic weg von zu Hause. Jetzt ist er zurück beim BVB. Als Co-Trainer von Lucien Favre - und er kommt mit viel Erfahrung. Dabei ist Terzic erst 35 Jahre alt.
Rückblick. Juli 2013. Nach drei Jahren an der Seite von Hannes Wolf übernimmt Terzic erstmals selbst eine Jugendmannschaft bei Borussia Dortmund, die U16. Das Engagement dauert ziemlich genau zwei Wochen, dann ist ziemlich schnell Schluss in Dortmund. Terzic erhält ein Angebot, das er nicht ablehnen kann, das er auch nicht ablehnen möchte. Slaven Bilic hat sich gemeldet. Der ehemalige Nationaltrainer Kroatiens hat das Traineramt bei Besiktas Istanbul übernommen, und er bietet Terzic den Job als Co-Trainer an. Plötzlich ist sie sperrangelweit offen, die Tür zum ganz großen Fußball. Terzic geht durch.
„Eine große Chance für mich“
„Als 2013 das Angebot von Slaven Bilic kam, mit ihm bei Besiktas zu arbeiten, war das eine große Chance für mich“, sagt der gebürtige Mendener mit kroatischen Wurzeln im Gespräch mit dieser Redaktion. Er habe damals ganz offen mit dem BVB über die Situation gesprochen. „Der Verein hatte vollstes Verständnis für meinen Wunsch, die Möglichkeit wahrzunehmen, in den Profibereich zu wechseln“, erzählt Terzic. Der Kontakt zum BVB sei danach nie abgebrochen.
Istanbul also. Es gibt ruhigere Orte auf der Fußball-Weltkarte für die ersten Gehversuche im Profibereich. Fremdes Land, fremde Kultur, fremde Sprache. Der damals 30 Jahre alte Terzic nimmt die Herausforderung an. Nach zwei Spielzeiten in der Türkei stehen zwei dritte Plätze zu Buche. Das ist eigentlich nicht schlecht, Fenerbahce und Galatasaray aber sind zweimal besser - und das ist dann irgendwie doch schlecht, wenn man als Fußballtrainer in Istanbul arbeitet.
Bis in die Europa League
Die Herausforderung am Bosporus endet im Mai 2015, die nächste beginnt gut zwei Monate später. West Ham United verpflichtet Bilic, und mit ihm auch Terzic. Im ersten Jahr geht es für den Klub aus London bis in die Europa League, im zweiten Jahr auf Platz elf der Premier League. Die Wege trennen sich im November 2017 nach einem 1:4 daheim gegen den FC Liverpool.

Edin Terzic (l.) im Gespräch mit Manuel Akanji und Achraf Hakimi. © Inderlied/Kirchner
„Für jemanden in meinem Alter und mit meinem Hintergrund war es unglaublich, diese Erfahrungen machen zu dürfen“, sagt Terzic, „die Zeit in der Türkei und in England war sehr wertvoll für mich.“ Nach dem Abenteuer England gönnt sich Terzic eine Auszeit, zumindest ein bisschen. „Ich habe viele Erfahrungen im Fußball gesammelt seit 2010. Seit 2013 arbeite ich im Profibereich.“
Den Akku wieder aufgeladen
Davor habe er ein ganz normales Leben geführt. „Nach der Zeit bei West Ham habe ich mir die Zeit genommen, die ganzen Erfahrungen und Eindrücke zu verarbeiten und zu ordnen, den Akku mal wieder ein bisschen aufzuladen.“ Er nutzt die Zeit, um zu reisen, behält den Fußball aber im Blick, beendet in England erfolgreich seine Ausbildung zum Fußballlehrer. Im Frühsommer dann schlägt der BVB zu und holt Terzic zurück zu dem Klub, wo sein Weg als Trainer 2010 im Jugendbereich begann.
Hannes Wolf, der im Juni selbst fast erneut beim BVB gelandet wäre, hält das für eine „kluge Entscheidung“, wie er sagt. „Ich kann den BVB nur dazu beglückwünschen.“ Der ehemalige Nachwuchstrainer, der mit der U17 des BVB zweimal und mit der U19 einmal die Deutsche Meisterschaft gewann und dann mit dem VfB Stuttgart zurück in die Bundesliga aufstieg, ist einer der Hauptgründe dafür, dass Terzics Reise 2010 beim BVB startete.
„Schon damals sehr überzeugend“
„Wir haben Edin 2010 dazu geholt, als ich das erste Mal die U19 übernommen habe“, sagt Wolf. „Wir haben zusammen an der Uni Bochum studiert und auch zusammen in der Unimannschaft gespielt. Deswegen kannte ich ihn als Fußballer, habe ihn im Studium aber auch vor Gruppen sprechen gesehen. Seine Ansprache und seine Art waren damals schon sehr überzeugend.“ Hinzugekommen sei, dass Sven Mislintat, ehemaliger Chefscout beim BVB, mit Edin zusammen die A-Lizenz gemacht habe.

Hannes Wolf sagt über Edin Terzic: „Er ist extrem fleißig und loyal. Die Spieler vertrauen ihm.“ © dpa
„Svens Eindruck war auch sehr positiv. Ich konnte damals also einen Co-Trainer gewinnen, von dem ich wusste, dass er die A-Lizenz hat, dass er Sport studiert hat, dass er ein guter Kicker ist und dass er ein Super-Typ ist. Es war klar, dass Edin ganz viel Potenzial hatte, auch wenn er vorher noch kein Trainer war.“ Terzic bekam eine halbe Stelle als Scout und ein halbe Stelle als Co-Trainer beim BVB. „Das war eine gute Kombination.“
Als Spieler in der Regionalliga
Mittlerweile hat Terzic, der über sich selbst sagt, dass er „keine Limits“ mag, die UEFA-Pro-Lizenz in der Tasche. Dabei war es eigentlich nicht unbedingt sein Plan, irgendwann im Profifußball zu arbeiten. Als Kicker reichte es zwar für die Regionalliga, aber nicht für ganz oben. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass es als Trainer so gut für mich laufen würde“, sagt Terzic. Er wollte dennoch vorbereitet sein, falls sich eine Chance ergibt.
„Deswegen habe ich Sportwissenschaften studiert und parallel meine Trainerausbildung absolviert. Ich habe keine 250 Bundesligaspiele in den Knochen, ich kann keine Forderungen stellen. Ich wollte nur die Möglichkeit haben, ja zu sagen, falls mir jemand die Frage stellt.“ Er könne es nicht leiden, erklärt er, „wenn man nein sagen muss, weil man etwas nicht kann oder wegen fehlender Lizenzen oder Ausbildungen nicht darf.“
Einfach ein „Top-Mann“
Seit diesem Sommer darf Terzic am Neustart bei Borussia Dortmund mitwerkeln. Sein ehemaliger Weggefährte Wolf sagt, Terzic könne „viele Dinge positiv beeinflussen“, weil er eine „Top-Ansprache“ habe, extrem „fleißig und loyal“ sei und „die Spieler ihm vertrauen“. Terzic sei einfach ein „Top-Mann“. Und Terzic selbst sagt über die ersten Wochen beim BVB: „Wir haben schon viel gearbeitet, aber wir haben auch noch ganz viel Arbeit vor uns. Und wir geben Vollgas, damit wir maximal erfolgreich sind.“
Tobias Jöhren, Jahrgang 1986, hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Seit 2013 ist er Mitglied der Sportredaktion von Lensing Media – und findet trotz seines Berufes, dass Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.
