Neue Aufgabe in Stuttgart
Ex-BVB-Trainer Hannes Wolf: "Ich bin wie immer"
Hannes Wolf ist der Mann der Karrieresprünge. Für viele Trainer aus dem Amateurfußball ist sein Werdegang ein Traum. Kreisliga B, Westfalenliga, dreifacher Deutscher Juniorenmeister mit dem BVB und jetzt Trainer des ambitionierten Traditionsvereins VfB Stuttgart. Alexander Nähle sprach mit dem 35-jährigen Coach des Fußball-Zweitligisten über seine neue Aufgabe, Zuspruch aus der Heimat und Ex-BVB-Spieler beim VfB.
Hannes Wolf ist beim VfB Stuttgart mit einem Remis (1:1 in Bochum) und einem Sieg (4:0 gegen Fürth) gestartet.
Als Sie als neuer Trainer des VfB Stuttgart vorgestellt wurden, hingen viele Menschen, die Sie aus Dortmund kennen, an Ihren Lippen. Sie hörten den alten Hannes Wolf. Lässt Sie Ihr Umfeld kalt?
Das Falscheste, was ich machen könnte, wäre mich zu verändern. Hätte ich das getan, wäre dieser Weg nie möglich gewesen. Daher spreche ich, wie ich spreche, ob mein Gegenüber ein Amateurfußballer ist oder zum Beispiel Christian Gentner. Ich bin wie immer.
Hatten Sie den Eindruck, dass Ihre Vita eine Rolle spielte, als Ihre neuen Spieler wie Christian Gentner Sie zum ersten Mal erlebten? Schließlich sind es jetzt keine Junioren mehr, mit denen Sie reden, sondern gestandene Profis.
Was die Spieler im Einzelnen gedacht haben, wissen wir natürlich nicht. Wir, also mein Co-Trainer Miguel Moreira und ich, haben aber erlebt, dass alle offen und sehr respektvoll waren. Diese Mannschaft ist sehr lernwillig. Im Vergleich zu Juniorenspielern ist der Umgang manchmal sogar einfacher, weil Jugendspieler wegen ihrer parallel ablaufenden schulischen Ausbildung nicht immer so fokussiert sein können, wie Profis. Wir haben schnell eine Ebene gefunden. Jetzt stehen wir vor einem zweifachen Deutschen Meister Christian Gentner und einem Weltmeister Kevin Großkreutz. Und wir haben vor diesen Karrieren sehr großen Respekt. Das befreit die Spieler aber nicht von unserem Anspruch, den gemeinsamen Weg mitzugehen.
Eine besondere Reaktion auf Ihre Verpflichtung werden Sie von den Ex-Borussen Kevin Großkreutz und Mitch Langerak erfahren haben...
Nicht zu vergessen Daniel Ginczek, mit dem ich in Dortmund viel länger gearbeitet habe als mit Kevin Großkreutz und Mitch Langerak. Natürlich, da war eine Menge Wiedersehensfreude dabei, aber auch für diese Drei gilt, was ich eben gesagt habe.
Hatten Sie den Plan, mal einen Profiklub dieser Kategorie zu trainieren?
Ich hatte nie einen solchen Plan. Der Kontakt zum BVB, zu Jürgen Klopp, kam ja während einer Sportlerwahl des Medienhauses, für das Sie arbeiten, zustande. Ich wusste ja zuvor nicht mal, ob ich hauptberuflicher Trainer werden könnte. Nach den Titeln mit dem BVB ist das Interesse von Profiklubs an meiner Person natürlich deutlich gestiegen. Dass nun ein Verein wie der VfB auf mich zukam, hat mich natürlich sehr gefreut. Für mich war sofort klar, dass ich auch beim VfB im Trainerteam mit Miguel Moreira zusammenarbeiten möchte. Auch deshalb war es so wichtig, dass uns die Verantwortlichen des BVB den Wechsel problemlos ermöglicht haben. Dafür sind wir sehr dankbar.
Wie erlebten Sie die ersten Tage in Stuttgart?
Die zweieinhalb Wochen fühlen sich beinahe an wie sechs Wochen. Wir erleben den Verein sehr bewusst, er hat eine große Ausstrahlung, ist in dieser großen Stadt sehr präsent. Wir sind uns der großen Verantwortung bewusst, als Trainer für den VfB zu arbeiten. Aber einen solchen Verein in dieser Situation zu übernehmen, ist aus meiner Sicht nicht nur eine große Herausforderung, sondern in erster Linie eine große Chance. Für mich persönlich hat sich geändert, dass mich viel mehr Menschen auf der Straße erkennen und ansprechen. Ich finde diese Nähe wichtig und wir öffnen uns auch ganz bewusst.
Sie kommen zum VfB in unruhigen Zeiten. Am Sonntag wurde Wolfgang Dietrich als neuer Präsident gewählt. Wie haben Sie die Mitgliederversammlung erlebt?
Die Mitglieder haben mich sehr herzlich empfangen, ich war im Rahmen einer kurzen Talkrunde eingebunden. Die Entwicklung beim VfB in den vergangenen Jahren kann und möchte ich nicht beurteilen. Viel wichtiger ist, dass wir alle gemeinsam nach vorne schauen und die Dinge so gestalten, dass wir gemeinsam Erfolg haben.
Der Verein nennt den Aufstieg als Ziel. Teilen Sie das?
Natürlich wäre es toll, im Sommer eine Party zu feiern. Aber grundsätzlich orientieren wir uns in der täglichen Arbeit weniger an langfristigen Zielen. In einer Saison können so viele Dinge passieren, auf die man keinen Einfluss hat.
Muss sich der VfB an die Wolf-Philosophie anpassen oder Wolf an die des VfB?
Als Trainer muss man berücksichtigen, welcher Fußball mit welchem Kader möglich ist und natürlich, wie der Gegner spielt. Für uns ging es in der Kürze der Zeit darum, das Team auf die Spiele in Bochum und gegen Fürth einzustellen. Gegen Fürth hatten wir sehr viel Ballbesitz, das Spiel hat uns nicht nur wegen der 38.000 Zuschauer und der Superstimmung im Stadion sehr gut gefallen.
Stichwort Ballbesitz: Ist das Ihr Credo?
Auch. Wir müssen und wollen aber verschiedene Aspekte berücksichtigen. Denn zum Spiel gehört bekanntlich nicht nur der Ballbesitz. Dynamo Dresden spielt vor einem sehr begeisterungsfähigen Publikum häufig Pressing, da werden wir mehr Zweikämpfe führen müssen.
Unterstreicht das "Wir", wie wichtig Ihnen Co-Trainer Miguel Moreira ist?
Er begleitet mich seit meiner Zeit beim damaligen Westfalenligisten ASC 09 Dortmund. Entscheidend war für mich nicht unsere Freundschaft, sondern wie er schon damals zur Mannschaft sprach. Ich habe ihn sehr gerne an meiner Seite.
Beim Spiel des VfB in Bochum saßen viele ehemalige Aplerbecker Weggefährten auf der Tribüne. Was bedeutet Ihnen das?
Sehr viel. Mich beeindruckt der Zuspruch aus der Heimat unheimlich. Unglaublich viele Menschen haben uns Glück und Erfolg gewünscht.
Auch Jürgen Klopp und Thomas Tuchel?
Ja. Jürgen sagte sofort, das sei eine Supersache. Und Thomas, der mich beim BVB ebenfalls an unheimlich vielen Dingen teilhaben ließ, hat ja auch öffentlich gesagt, dass er sich für mich freut.