Borussia Dortmund blickt auf eine denkwürdige Spielzeit zurück. Nach einer extrem enttäuschenden ersten Saisonphase legte der BVB im Jahr 2023 eine kaum für möglich gehaltene Aufholjagd hin, setzte sich mehrfach an die Tabellenspitze – und verzockte die große Titelchance in einem dramatischen Showdown am 34. Spieltag gegen Mainz.
BVB-Spielerzeugnis für Giovanni Reyna
In der Champions League wurde das Soll mit der Qualifikation fürs Achtelfinale erfüllt, im DFB-Pokal war nach einem desolaten Auftritt bei RB Leipzig bereits im Viertelfinale Endstation. In unserem Spielerzeugnis nehmen wir die Leistungen der Schwarzgelben unter die Lupe. Heute im Fokus: Giovanni Reyna.
So lief die Saison für Giovanni Reyna:
Neustart in Dortmund - so lautete nach der von Verletzungen geplagten Vorsaison der Plan von Giovanni Reyna. Doch gemessen an dem riesigen Potenzial, das in dem intern als Reus-Nachfolger auserkorenen Offensivspieler schlummert, war auch diese Spielzeit eine einzige Enttäuschung. Und das trotz sieben Saisontoren. Reyna traf zwar regelmäßig, tauchte aber genauso häufig komplett ab. Vor allen in den wenigen Partien, in denen er von Beginn an ran durfte und er als Gestalter gefragt war, kam viel zu wenig. Fahrig, lethargisch und uninspiriert lief er teils über den Platz und gleichzeitig am Spiel vorbei.
Dazu kommt: Die völlig verkorkste Weltmeisterschaft in Katar mit dem US-Team und die mediale Schlammschlacht zwischen seiner Mutter Danielle und Nationaltrainer Greg Berhalter, in die der 20-Jährige unweigerlich mit reingezogen wurde, haben ihn sichtlich belastet. In Dortmund musste man lange mentale Aufbauarbeit leisten. BVB-Trainer Edin Terzic lobte auch deswegen mehrfach öffentlichkeitswirksam Reynas Eifer und seine Einstellung, hob seine große Bedeutung für die Mannschaft hervor - um ihn dann aber doch wieder trotz vieler Joker-Tore auf die Bank zu setzen.
Das sagt die Statistik:
Giovanni Reyna ist der Einwechsel-König des BVB. 18 Mal kam der US-Amerikaner von der Bank, so häufig wie kein anderer. Gemessen an der recht geringen Liga-Spielzeit von 611 Minuten sucht er extrem häufig den Abschluss. 25 Mal feuerte er auf das gegnerische Tore - sieben Schüsse landeten im Netz. Das befördert ihn in der internen Torschützenliste hinter Julian Brandt, Sebastien Haller und Donyell Malen (je neun Tore) und Jude Bellingham (acht Treffer) auf Platz drei.
In der Bundesliga und der Champions League kommt der 20-Jährige auf jeweils zwei Vorlagen. Seine Passquote von 81 Prozent passt, die Zweikampfquote von 50 Prozent ist ebenfalls sehr passabel. Alles in allem: Die nackten Zahlen stimmen beim US-Amerikaner.
Das sind die Stärken und Schwächen:
Zwischen Genie und Wahnsinn kann Reyna alles bedienen. Es sind die unberechenbaren Körpertäuschungen, mit denen er plötzlich eine ganze Hintermannschaft ausschalten kann. Oder ein Pass durch eine Schnittstelle, die nur wenige überhaupt als solche erkennen. In Dribblings blitzt immer wieder diese Unbekümmertheit am Ball auf, das riesige Talent des US-Boys. Dazu kommt seine Torgefahr: 87 Minuten braucht Reyna im Schnitt für einen Treffer.
Das muss er sich alles bewahren und gleichzeitig deutlich erwachsener werden in seinem Spiel. Es fehlt teils an Abgeklärtheit, an Abwägung bei einzelnen Aktionen, die bei Nicht-Gelingen zum fiesen Boomerang werden. Und: Er muss dringend an seiner Körpersprache arbeiten. Das teils lustlose Traben mit gesenktem Kopf kommt nicht gut an.
Ausblick und Perspektive:
In Dortmund hat man die Hoffnungen in Giovanni Reyna noch nicht aufgegeben. Die sportliche Führung des BVB denkt trotz der zuletzt enttäuschenden Jahre nicht über eine Beendigung der Zusammenarbeit in diesem Sommer nach. Aber: In der nächsten Saison muss ein großer Leistungssprung her, Reyna muss die Rolle als Nachfolger des nach der kommenden Saison vermutlich scheidenden Marco Reus‘ mit mehr Leben füllen. Andernfalls muss eine andere Lösung her - und Reyna weg.