Druck auf den BVB steigt immer weiter Wie löst Sebastian Kehl das Transfer-Dilemma?

Druck auf den BVB steigt immer weiter: Wie löst Sebastian Kehl das Transfer-Dilemma?
Lesezeit

Kurz nach der Rückkehr aus Bologna erreichte Borussia Dortmund am Mittwoch das nächste Transfergerücht: Karim Adeyemi, verlautete aus Italien, sei ins Visier des SSC Neapel geraten. In der Hauptstadt der Region Kampanien sucht man nach einem flinken Angreifer, der Tempo und einen guten Zug zum Tor mitbringt. Das nötige Kleingeld ist vorhanden, rund 70 Millionen Euro spülte der Transfer von Kvicha Kvaratskhelia zu Paris Saint-Germain in die Kassen der Italiener, rund 50 Millionen Euro sei der SSC bereit, in Adeyemi zu investieren.

Neue BVB-Gerüchte um Adeyemi

Angebote wie dieses flattern beim BVB in dieser Winter-Transferperiode in regelmäßigen Abständen ins Postfach. Adeyemi gehört, wenig überraschend, zu einem Kreis von Spielern, für die es in Europa einen Markt gibt. Dazu zählen auch Nico Schlotterbeck, Torhüter Gregor Kobel, natürlich Jamie Gittens, aber auch Felix Nmecha, dessen Ruf in England immer noch tadellos ist.

Dass Adeyemi in diesem Winter die Borussia verlässt, ist allerdings nahezu ausgeschlossen. Zum einen liebäugelt der 23-Jährige langfristig mit einem Engagement in England, wo der FC Chelsea sein auserkorenes Wunschziel darstellen soll. Entscheidender aber: Borussia Dortmund kann es sich aktuell ungeachtet der Attraktivität eines potenziellen Angebots gar nicht erlauben, den Flügelspieler abzugeben. Denn schon der Wechsel von Donyell Malen zu Aston Villa hat ein Loch in den Dortmunder Kader gerissen. Die ohnehin kleine Gruppe weiter auszudünnen, verbietet sich angesichts der großen Zahl von Spielen und der Ziele, die der BVB noch erreichen kann und muss.

Mehrere Problemstellen im BVB-Kader

Es ist das große Rätsel dieses Transfer-Winters: Abgänge wären möglich, auf der Zugangsseite hingegen herrscht Stillstand in Dortmund. Auch fast zwei Wochen nach Malens Abschied und nur noch gut einer Woche, ehe die Winter-Transferperiode endet. Es stockt beim BVB. Warum ist das so? Malens Abgang traf den Klub eigentlich alles andere als überraschend. Der Niederländer kokettierte schon im Sommer mit einem Abschied aus Dortmund, für den die Borussia auch damals schon offen war. Einen Interessenten konnte der Stürmer nicht bieten, das änderte sich in diesem Winter. Angesichts der dünnen Dortmunder Personaldecke war auch klar, dass bei einem erfolgreichen zweiten Anlauf Ersatz beschafft werden müsste.

Das große Verletzungspech der Hinrunde ließ zudem schon im Herbst den Wunsch wachsen, durch eine Winter-Verpflichtung die Kaderstärke zu erhöhen. Nuri Sahin übermittelte dieses Ansinnen an die sportliche Leitung. Unschwer erkennbar war die Linksverteidiger-Position die größte Schwachstelle des Kaders. Dort klaffte hinter dem gesetzten und lange mit ordentlichen Leistungen spielenden Ramy Bensebaini eine große Lücke, die sich gleichwertig auch nicht durch den Wechsel der Seiten von Julian Ryerson schließen ließ.

BVB-Kandidat Veiga zu Juventus Turin

Doch Sportdirektor Sebastian Kehl hat bislang weder einen Spieler für diese Position, noch einen Malen-Ersatz präsentieren können. Bei Linksverteidiger-Wunschkandidat Renato Veiga (21, FC Chelsea) nutzten die Londoner das Dortmunder Interesse offenbar, um für das angestrebte Leihgeschäft einen noch höheren Preis zu erzielen. Die vom BVB offerierten maximal drei Millionen Euro genügten am Ende nicht, Veiga wird sich Juventus Turin anschließen, das ist nach übereinstimmenden Medienberichten aus Italien nun fix. Leihgebühr: fünf Millionen Euro für knapp sechs Monate.

Der deutlich kompliziertere Markt im Winter liegt wie ein dicker Felsbrocken als Hindernis auf der Straße der Dringlichkeit für Verstärkungen bei Borussia Dortmund. Das Angebot ist knapp, entsprechend teuer sind die Spieler. Marcus Rashford (27, Manchester United) ist dem BVB angeboten worden, Nuri Sahin hatte den Linksaußen eigentlich als nicht ins Profil passend abgelehnt. Nun ist Sahin weg, Rashford könnte wieder ein Thema werden. Obwohl auch der Engländer teuer ist. Die Verpflichtung von Kevin Schade (23, FC Brentford) würde ebenfalls in diese Kategorie fallen, zumal der ehemalige Freiburger, vor 18 Monaten in die Premier League gewechselt, in England Stammspieler ist mit 22 Einsätzen, fünf Treffern und zwei Vorlagen.

BVB kann 30 Millionen Euro investieren

Die wenig belastbare Zusammenarbeit zwischen dem im vergangenen Mai in den Klub zurückgekehrten Kaderplaner Sven Mislintat und Sportdirektor Kehl erschwert die Festlegung auf eine kurzfristige Strategie in Sachen Transfers wie eine langfristige Planung. Immer wieder gibt es kontroverse Diskussionen um Spielerprofile, zuletzt im Sommer, als Mislintat die Verpflichtung von Rayan Cherki (Olympique Lyon) favorisierte und Kehl lange zögerte. Am Ende platzte der Wechsel des offensiven Mittelfeldspieler. Heute ist Cherkis Marktwert weiter gestiegen.

Durch den Malen-Transfer (Brutto-Transfererlös circa 25 Millionen Euro plus Boni) kann der BVB aus einem Budget von geschätzt 30 Millionen Euro schöpfen. Das ist eine ordentliche Summe. Der nahende Transferschluss am 3. Februar erhöht tagtäglich den Druck, in vorderster Linie auf Kehl als für die Kaderplanung verantwortlichen Sportdirektor. Erschwert wird die Arbeit, weil er gemeinsam mit Sport-Geschäftsführer Lars Ricken aktuell auch noch einen Trainer sucht – der idealerweise die geplanten Transfers mittragen sollte.