Fitnessdefizit, Sprachbarriere, Physis Die Gründe hinter dem schwierigen Start von BVB-Toptalent Diallo

BVB-Toptalent überwindet Startschwierigkeiten: Auf Ousmane Diallo wartet große Herausforderung
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Mittwochabend in Dortmund-Brackel. Es ist nass, es ist kalt. Feinstes Schmuddelwetter, wie es sich für den November gehört. Kurzum: Es herrschen ungemütliche Verhältnisse – nicht nur für jemanden, der aus Spanien ganz andere Witterungen gewohnt ist. Ousmane Diallos Spielfreude im Test der BVB-U19 gegen PEC Zwolle (3:0) bremst das aber nicht. 84 Minuten lang flitzt er als Linksaußen über den tiefen Rasen. Immer wieder geht er ins Dribbling, vernascht seine Gegenspieler und trifft nach 34 Minuten selbst zum zwischenzeitlichen 2:0. „Das war ein tolles Tor von Ousmane, bei dem er ballfern 30 Meter reinsprintet. Insgesamt war das eine richtig gute erste Hälfte“, konstatiert BVB-U19-Trainer Mike Tullberg im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.

BVB-Neuzugang zunächst mit Fitnessdefizit

Ein guter Auftritt gegen einen körperlich überlegenen Gegner, der dem jungen Spanier Auftrieb geben dürfte. Denn seit seinem vielbeachteten Wechsel im Sommer von Deportivo Alaves zum BVB ist der 16-Jährige noch nicht wie erhofft durchgestartet. Real Madrid, Stadtrivale Atletico und der FC Barcelona – es waren die ganz großen Namen, die in seiner Heimat mit dem spanischen Toptalent in Verbindung gebracht wurden. Sie alle hatten Interesse bekundet. Letztlich aber machte die Borussia das Rennen, weil sie ihren Ruf nachhaltig gefestigt hat, junge Spieler mit viel Potenzial aufs nächste Level zu befördern.

Als Diallo im Sommer allein nach Dortmund zieht – seine Familie lebt weiterhin in Spanien – hat er allerdings ein gehöriges Fitness-Defizit im Schlepptau. Hinzu kommen Physis und Intensität, die im deutschen Fußball wesentlich ausgeprägter sind als im spanischen und an die sich der Youngster erst gewöhnen muss. „Es ist wichtig, ihm die notwendige Wettkampfhärte zu geben. Man sieht schon, dass er Nachholbedarf hat. Ich glaube aber, er wird das relativ schnell adaptieren, wenn er verletzungsfrei bleibt“, sagt NLZ-Direktor Lars Ricken seinerzeit im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.

BVB-Integration eine große Herausforderung

Ein fremdes Land, eine fremde Mannschaft, Heimweh und die Sprachbarriere – Diallo hat anfänglich mit dem Tapetenwechsel zu kämpfen. Der 16-Jährige spricht kaum Englisch und lernt erst seit dem Sommer Deutsch. Im BVB-Team helfen ihm Leonardo Posadas und Rafael Lubach, die ebenso Spanisch sprechen wie Daniel Rios. Der BVB-Co-Trainer wird in den ersten Monaten zu einer der wichtigsten Bezugspersonen für Diallo. Rios ist es, der ihm taktische Inhalte vermittelt.

Mike Tullberg spricht mit Lars Ricken.
BVB-U19-Trainer Mike Tullberg (links) und Nachwuchschef Lars Ricken beobachten die Entwicklung von Ousmane Diallo genau. © IMAGO/Patrick Ahlborn

Bei Videoschulungen blenden sie beim BVB zudem die spanische Übersetzung für ihren Youngster mit ein. Dennoch ist die Sprachbarriere die womöglich größte Herausforderung für alle Beteiligten. Dreimal die Woche für eineinhalb bis zwei Stunden paukt Diallo deshalb Deutsch. „Das ist für die Integration der Spieler das A und O“, betont Lars Ricken. Filippo Mane – im Januar 2022 aus Genua nach Dortmund gewechselt – ist in dieser Hinsicht vorbildlich. Dessen Integration beim BVB verlief auch deshalb so reibungslos, weil er extrem schnell die deutsche Sprache erlernte.

BVB-Youngster Diallo kämpft mit Sprachbarriere

Diallo tut sich damit noch wesentlich schwerer, weshalb es mitunter auch noch am taktischen Verständnis auf dem Platz hapert. Mike Tullberg kann aufgrund der Sprachbarriere seine Rolle als väterlich auftretender Cheftrainer daher bislang auch nur bedingt ausfüllen. „Ich habe einen gewissen Tonfall. Ousmane wird schon verstehen, ob etwas positiv oder negativ gemeint ist“, sagt der Däne zwar. Er stellt aber auch klar: „Es wird schon besser. Ousmane spricht schon ein wenig Deutsch, das muss er aber auch. Spätestens in der nächsten Saison muss er weiter sein, was die Sprache angeht. Es ist ganz wichtig, dass wir gut miteinander kommunizieren können.“

Filippo Mane und Ousmane Diallo posieren für einen Fotografen.
Nach seinem Youth-League-Debüt posierte Ousmane Diallo mit BVB-U19-Kapitän Filippo Mane. © IMAGO/Patrick Ahlborn

Im Testspiel gegen Zwolle bestärkt Tullberg seinen Linksaußen mit energischem Coaching. „Go! Go! Go, Diallo“, brüllt Tullberg vom Seitenrand, wenn der junge Spanier sich nach einem Vertikalpass seinen Weg durchs Mittelfeld bahnt und ein ums andere Mal in Eins-gegen-Eins-Duelle stürzt. In der U19 ist Diallo bisher noch nicht viel zum Zug gekommen. Kürzlich feierte der Spanier beim 2:1-Sieg in Newcastle sein (Zwei-Minuten-) Debüt in der Youth League. In der Junioren-Bundesliga verteilen sich 75 Einsatzminuten auf fünf Partien. Die teilweise zwei oder gar drei Jahre älteren Gegenspieler zeigen ihm dort aktuell noch regelmäßig die Grenzen auf.

BVB-Matchwinner im U17-Derby auf Schalke

Mehr Impact hat Diallo bereits in der U17 des BVB, für die er zuletzt weitaus häufiger auf dem Rasen stand. In fünf von sechs Fällen gehörte er dort zur Startelf von Trainer Marco Lehmann. Seinem Premierentreffer gegen Fortuna Düsseldorf ließ er seither drei weitere folgen. Beim 3:2-Sieg im Derby gegen Schalke erzielte er ein Tor und einen Assist und küsste hinterher das BVB-Wappen. Durch seine außergewöhnlichen Fähigkeiten am Ball und seine Schlitzohrigkeit ist Diallo für die Gegenspieler oft auch nur durch ein Foul zu stoppen. Drei Elfmeter hat der Spanier für Dortmund bereits herausgeholt.

Ousmane Diallo küsst das BVB-Wappen auf seinem Trikot.
Ousmane Diallo küsste nach seinem Tor im Derby gegen Schalke das BVB-Wappen auf seinem Trikot. © IMAGO/Patrick Ahlborn

Er zeigt also, dass er das erfüllen kann, was sie sich beim BVB von ihm erhoffen: ein Unterschiedspieler zu sein. Schon im Sommer sagte Lars Ricken hoffnungsfroh: „Wir gehen davon aus, dass wir eine tolle Zeit mit ihm haben werden.“ An dieser Einschätzung hat sich seither trotz des für Diallo schwierigen Beginns in Dortmund nichts geändert. Im Gegenteil: Die letzten Wochen haben Ricken in seiner Sicht bestärkt.

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