Die EM-Verschiebung schenkt Borussia Dortmund und der Liga Zeit - mehr nicht

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Die EM-Verschiebung schenkt Borussia Dortmund und der Liga Zeit - mehr nicht

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Die Fußball-EM wird verschoben. Der BVB und die Bundesliga gewinnen dadurch mehr Zeit, um die Saison doch noch zu Ende zu spielen, doch viele Fragezeichen bleiben. Tobias Jöhren kommentiert.

Dortmund

, 17.03.2020, 15:47 Uhr / Lesedauer: 3 min

Falls es für Borussia Dortmund irgendetwas Positives am Champions-League-Achtelfinal-Aus gibt, dann offenbart es sich jetzt, eine Woche nach der 0:2-Niederlage in Paris. Der BVB muss keinen Gedanken mehr daran verschwenden, ob und wie die Königsklasse in dieser Saison zu Ende gespielt werden kann, er muss auch keinen Gedanken mehr an den DFB-Pokal verschwenden. Das Coronavirus-Problem in der Bundesliga ist mehr als groß genug.

Für Borussia Dortmund geht es „nur“ noch darum, das „Brot- und Buttergeschäft“, wie der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig den Ligabetrieb gerne umschreibt, aufrechtzuerhalten – wobei das mit dem „nur“ natürlich so eine Sache ist.

Bundesliga und Klubs profitieren von der EM-Verlegung

Immerhin eine der vielen hohen Hürden auf dem Weg zu regulären Saison-Finals haben die 36 Klubs aus der ersten und zweiten Liga am Dienstag erfolgreich überquert. Die Fußball-Europameisterschaft findet nicht wie ursprünglich geplant im kommenden Sommer in zwölf unterschiedlichen Ländern statt, sondern wird um ein Jahr verschoben. Das schenkt der Bundesliga und ihren Klubs in erster Linie Zeit, um den finanziellen Schaden zumindest ein wenig einzudämmen und vielleicht noch eine Lösung zu finden, die eine Austragung der noch ausstehenden neun Spieltage bis in den Sommer hinein ermöglicht.

Wie positiv diese Nachricht tatsächlich zu bewerten ist, wird allerdings erst die Zukunft zeigen, denn zur Wahrheit gehört freilich, dass alles andere als eine Verlegung dieser paneuropäischen EM ein ganz schlechter Scherz gewesen wäre. Mannschaften und Fans, die in Zeiten einer Pandemie und geschlossener Grenzen lustig durch Europa beziehungsweise bis nach Baku reisen, wären weder verantwortbar noch vermittelbar gewesen, vermutlich noch nicht einmal für die Uefa.

Uefa- und Fifa-Funktionäre sind unberechenbar

Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass man ja leider nie so genau weiß, was in den Parallelwelten von Uefa- und Fifa-Funktionären wirklich als unmöglich erachtet wird. Wer mit Steuerfreiheiten, Intransparenz und Korruption seit Ewigkeiten gut lebt, pfeift womöglich sogar auf eine Pandemie. Wer weiß das schon so genau? Ein echter Partylöwe lässt sich jedenfalls nicht sonderlich gerne von einer Warteschlange fressen.

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Da passt es ins Bild, dass, obwohl dieses Mal offenbar die Vernunft gesiegt hat, bereits am Dienstagvormittag, noch vor der offiziellen EM-Verlegung, Meldungen zu lesen waren, wonach sich die Uefa die Termin-Verschiebung teuer bezahlen lassen will. 301,61 Millionen Euro koste eine Verlegung des Turniers, berichtete „The Athletic“. Zahlen sollen diesen Betrag laut des Portals die Klubs und Ligen, die ihre nationalen Wettbewerbe schließlich gerne bis zum Schluss austragen wollen. Obwohl die Uefa dieser Darstellung widersprach: Wirklich überraschend käme es nicht, falls sich die Berichte bestätigten. Die Uefa ist seit jeher besser im Nehmen als im Geben – und den Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben und im Fußball hat sie schon länger verloren.

Wettbewerb-Kollision droht

Und dann ist da ja noch die neue Fifa-Klub-WM mit 24 Mannschaften, die ursprünglich erstmals im Sommer 2021 ausgetragen werden sollte, auch in China, im Corona-Epizentrum Wuhan übrigens. Eine Milliarde Dollar Preisgeld sollte dort ausgeschüttet werden. Die Klub-WM ist das Prestige-Projekt von Fifa-Präsident Giovanni Infantino, so wie die Nations League und die paneuropäische EM die Prestige-Projekte von Uefa-Präsident Aleksander Ceferin sind. Durch die EM-Verschiebung droht nun zumindest theoretisch eine Kollision zwischen der Nationen-EM und der Vereins-WM.

Eigentlich sollte spätestens jetzt jeder erkennen, dass sich die Katze halt irgendwann in den Schwanz beißt, wenn der Fußball wie eine Apfelsine ausgepresst wird und in jeder Sommerpause ein glitzerndes Großereignis stattfinden soll. Aber in Wirklichkeit werden wohl einfach zwei Katzen miteinander um die Apfelsine kämpfen. Zwei echte Partylöwen freilich, die sich nicht wirklich gut riechen können. Infantino gegen Ceferin. Hoffentlich zerreißen sie den Fußball bei ihren Revierkämpfen nicht noch weiter in Stücke. Am Ende würde nur wieder das Brot- und Buttergeschäft leiden – und vor allem dieser eigentlich so schöne Sport.

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