Der BVB steckt tief in der Krise Das Ergebnis langjähriger Fehlplanungen

Borussia Dortmund in der Krise: Das Ergebnis langjähriger Fehlplanungen
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Einige von den Fans, die Borussia Dortmunds Mannschaft nach Spielen wie zuletzt dem 0:1 gegen den FC Augsburg oder den deutlich zu zahlreich stattgefundenen Auswärts-Enttäuschungen Pfiffe entgegenschleuderten, waren noch kleine Kinder, als der BVB im Mai 2011 den Meister-Thron erklomm und diesen Triumph ein Jahr später mit dem Double wiederholte.

BVB-Auferstehung nach Beinahe-Pleite

Der BVB feierte eine wundersame Wiederauferstehung, die nach der Rettung des hoch verschuldeten Klubs am Düsseldorfer Flughafen vor nunmehr 20 Jahren eng mit dem Trainer Jürgen Klopp und vielen weiteren klugen Personal-Entscheidungen im Kader verknüpft war.

Doch schon im Jahr nach der bislang letzten Meisterschaft erhielt die Euphorie in Dortmund erste Dämpfer. Die Münchner zwei Mal bis aufs Blut gereizt zu haben, führte zu einer beeindruckenden Antwort aus dem Süden und elf Bayern-Meisterschaften in Serie.

BVB sieben Mal Vize-Meister

Der BVB ist seither satte sieben Mal als Vizemeister ins Ziel gelaufen, stand 2013 und 2024 im Champions-League-Finale. Immerhin zwei Mal gewann Dortmund (2017, 2021) den DFB-Pokal. Zum ganz großen Wurf hat es in der Bundesliga wie auch in der Königsklasse nicht mehr gereicht, verbunden oft mit großem Drama und Tränen.

Borussia Dortmund, das war in den vergangenen 15 Jahren lange der einzige Verein, der den Münchner Bayern die Stirn bot, der sich der Übermacht des Rekordmeisters entgegenstemmte. Daraus erwuchs der Begriff des „zweiten Leuchtturms“ in Deutschland, aber unter den Anhängern wie intern auf den Fluren der Geschäftsstelle auch eine sich immer weiter steigernde Erwartungshaltung, der der Klub in dieser Saison in keiner Weise gerecht werden konnte.

BVB-Niedergang nicht aus dem Nichts

Derzeit läuft die enttäuschendste Saison der vergangenen 15 Jahre, unabhängig vom tatsächlichen Ausgang nach dem 34. Spieltag kommt das keinesfalls aus dem Nichts. Borussia Dortmunds starker Auftritt gegen Real Madrid im vergangenen Juni in Wembley kaschierte vor Jahresfrist eine nur durchwachsene Bundesliga-Saison, in der Platz fünf nur deshalb für die erneute Champions-League-Qualifikation reichte, weil Deutschland einen zusätzlichen Startplatz bekam.

Vor zwei Jahren die dramatisch verspielte Meisterschaft am letzten Spieltag gegen Mainz 05, sie überdeckte, dass nach einer enttäuschenden Hinrunde nur ein Kraftakt den BVB fast noch bis an die Spitze trug.

BVB mit einem schleichenden Niedergang

Der schleichende Niedergang vollzieht sich seit Jahren, in dieser Saison ist er endgültig offen sichtbar geworden. Dazu hat auch beigetragen, dass mit dem Vorbild Borussia Dortmund etliche Vereine ihre Strukturen professionalisiert, ihre Kader sinnvoll verstärkt und nun auf- oder den BVB sogar überholt haben.

Der „Blick in den Rückspiegel“, mahnte der im Herbst scheidende Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke schon vor Jahren, sei mindestens so wichtig wie die Bayern nicht nur noch mit dem Fernglas in Sichtweite zu haben. Er hat aber nicht davor geschützt, nun vor einem radikalen Neuanfang zu stehen.

Es ist keine neue Erkenntnis, dass es mindestens so schwierig ist, eine Top-Position zu behaupten, wie überhaupt erst an die Spitze zu gelangen. Die Plätze am nun noch üppiger gedeckten Gabentisch der UEFA sind härter umkämpft als je zuvor. Nicht nur die durch finanzkräftige Großkonzerne alimentierten Klubs wie Bayer Leverkusen oder RB Leipzig stellen für Borussia Dortmund eine ernstzunehmende Bedrohung dar und haben dem BVB aktuell den Rang abgelaufen.

Mehr Konkurrenz für den BVB

Finanziell deutlich schwächer gestellte Vereine wie der SC Freiburg haben sich dank kluger Transfer-Strategien und bodenständiger Arbeit als Konkurrenten um das internationale Geschäft festgebissen. Eintracht Frankfurt schickt sich an, mit einem guten Trainer, finanziellem Spielraum dank werthaltiger Millionentransfers und mit einem klaren wirtschaftlichen Standortvorteil der nächste Klub zu werden, der dauerhaft mit dem BVB konkurrieren kann. Dazu kommen Überraschungsteams, wie im Vorjahr der VfB Stuttgart aus der schwäbischen Metropolregion, oder jetzt Mainz 05.

Die Spitze der Liga - zumindest hinter den Bayern und Leverkusen - ist enger zusammengerückt, mehr Klubs kämpfen um das große Geld. Ob Borussia Dortmund sich zu lange sicher gefühlt hat, ob am Borsigplatz zu lange der Glaube vorherrschte, den Status als mindestens die Nummer zwei dauerhaft zementiert zu haben, ist dabei eine schwer zu beantwortende Frage.

BVB-Versäumnisse und Fehleinschätzungen

Im Erfolg passieren die schlimmsten Fehler, das ist eine alte Sport-Weisheit. Viel ist in dieser Saison gegen Dortmund gelaufen, wie das große Verletzungspech. Doch der Verlauf war auch geprägt von großen Versäumnissen und gravierenden Fehleinschätzungen vor Beginn der Spielzeit.

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