Preisträger Jürgen Klopp sagt: „Andere habe Pokale gesammelt, ich Freundschaften.“ © dpa

Borussia Dortmund

„Dann wird es heller“: Jürgen Klopp und die besondere Rückkehr nach Dortmund

Eine besondere Ehrung bringt Jürgen Klopp zurück nach Dortmund. Für den ehemaligen BVB-Trainer gibt es dazu einen emotionalen Abend im früheren Wohnzimmer - inklusive Selbstironie.

Dortmund

, 04.09.2021 / Lesedauer: 4 min

30 Meter tiefer, da brodelte es. Das Epizentrum des mitreißenden Vollgasfußballs. Damals. Neun ewig anmutende Jahre ist das nun schon her, als Jürgen Klopps Rasselbande dort unten entfesselt zum Double stürmte. Freudentränen, Umarmungen, Bierduschen, ohrenbetäubender Krach. Heute steht Jürgen Klopp dort oben, im VIP-Bereich des Signal Iduna Parks, und schaut durch eine Fensterscheibe hinunter.

Nur ein paar Sekunden lang liegen gefühlt Stolz und Wehmut in seinem Blick, der über den Rasen und die leere Südtribüne schwenkt. Denn lange Zeit bleibt Klopp an diesem Abend nicht, die Erlebnisse der großen BVB-Jahre noch einmal im Kopf abflimmern zu lassen. Sie reißen sich sofort um ihn und raus aus den Gedanken. Natürlich. Wirtschaftsbosse bitten um Selfies, Handshakes mit alten Bekannten, mit Weggefährten.

Jürgen Klopp ist zu Gast in seinem früheren Wohnzimmer

Sie alle sind heute nur für ihn ins Stadion gekommen. Denn er holt sich in Dortmund, dort, wo seine Trainerkarriere unter der Pöhlerkappe so richtig Schub aufnahm, den nächsten Titel ab. Einen, den sonst noch keiner hat. Jürgen Klopp ist erster Preisträger des „German-British #Freundship Award“. Klingt zwar irgendwie hölzern, aber es steckt eine Menge dahinter. Der von der British Chamber of Commerce in Germany (BCCG) und der britischen Botschaft neu initiierte Preis ehrt das Engagement für besondere Beziehungen und die Freundschaft zwischen beiden Ländern.

Und die Organisatoren der Premiere haben mächtig aufgefahren für Klopps Gala in seinem früheren Wohnzimmer an der Strobelallee. 300 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Sport. Etliche davon extra eingeflogen von der englischen Insel. Ein Dudelsackprofi spielt zum Champagner-Empfang, James-Bond-Melodien und „You’ll never walk alone“ führen hinüber zum Anpfiff der Ehrung. Rosa gebratene Entenbrust mit Mandel-Gnocchi und British Curry mit gebratener Jakobsmuschel werden serviert. Die Tischwäsche trägt die Farben des BVB, der Blumenschmuck die des FC Liverpool. Alles soll offenbar perfekt sein an diesem besonderen Abend der Freundschaft.

BVB-Boss Watzke: „Wenn Jürgen in den Raum kommt, wird es heller“

Und Jürgen Klopp lebt es vor. Umarmt herzlich seinen früheren Chef und Noch-Immer-Freund Hans-Joachim Watzke, den BVB-Geschäftsführer. Nimmt sich Zeit für einen Plausch hier, für ein Foto dort. In jeder der Festansprachen wird klar: Heute wird ein Botschafter geehrt, den es so kein zweites Mal gibt. Die erste Auflage dieses „Freundship Awards“ könne demnach nur an den 54-jährigen Fußballlehrer gehen. „Er hat diese Gabe“, erklärt Hans-Joachim Watzke, „wenn Jürgen in den Raum kommt, wird es heller. Er schafft es, einen ganzen Verein zum Strahlen zu bringen, alle auf ein Ziel einzuschwören.“ In Dortmund gelang es, in Liverpool danach ebenso. Klopp führte beide Klubs zu lange ersehnten Titeln.

Preisträger Jürgen Klopp (l.) und Laudator Campino tragen den Tisch mit dem „German-Britisch#Freundship Award“ in Position. © dpa

Aber darum geht es am Freitagabend kaum. Es geht vielmehr um den Menschen Jürgen Klopp. Den Menschenfänger, die tiefen Sympathien, die er auszulösen vermag. „Jürgen hat mehr für die Beziehung zwischen Deutschland und England getan, als es jemals ein Diplomat leisten kann“, meint Watzke. Campino, Frontmann der Toten Hosen, überreicht seinem Freund Klopp die Trophäe, die einer Nordseewelle nachempfunden ist. Campino, Engländer mütterlicherseits, kann sich „keinen besseren Botschafter in England vorstellen.“ Es gehe um Werte wie Fairness und Toleranz.

Englands Premier Boris Johnson übermittelt schriftlich, dass es in Klopp den Richtigen getroffen habe. Liverpools Bürgermeisterin Janette Williamson ist nach Dortmund gereist, sie stuft ihn gar als „hero“ der Stadt ein. Seine Leidenschaft, sein Sinn für Humor habe alle angesteckt. Und er habe Liverpool von 30 Jahre währenden Schmerzen befreit - als er im Vorjahr endlich wieder den Meistertitel in die Stadt holte.

Jürgen Klopps markantes Lachen schallt durch den Raum

Es sind ausnahmslos salbungsvolle Worte. Und es hätten sogar noch mehr werden können laut Hans-Joachim Watzke. „Ich habe vom Protokoll drei Minuten bekommen um alles über Jürgen zu erzählen. Das ist sehr ambitioniert. Ungefähr so, als würde man von Schalker Profis gerade verlangen, Borussia Dortmund zu schlagen.“ Der Spruch sitzt in der schwarzgelben Herzkammer. Und Klopps markantes Lachen schallt durch den großen Raum.

Jürgen Klopp (M.) in seinem Element. © dpa

„Ich bin happy“, gesteht Borussias Meistercoach, der Welttrainer 2020. Als er als damals 18-Jähriger per Zug durch England getourt sei, habe er sich „schon ins Land verliebt. Für fünf Pfund Bed and Breakfast, das war toll“, erinnert er sich. „Ich komme aus dem Schwarzwald. Da ist das unvorstellbar, dass du einem, der mit einem Fünf-Pfund-Schein vor der Tür steht, sagst, leg dich da hin.“ Und schon hat er die Menschen wieder eingefangen, als er um kurz vor 22 Uhr seine Trophäe bekommt. Die „Nordseewelle“, als Symbol für die Verbindung beider Länder. Als Symbol für Freundschaft. „Andere habe Pokale gesammelt, ich Freundschaften“, flachst Klopp über verlorene Endspiele - und fordert: „Wir müssen zeigen, dass auf beiden Seiten des Wassers tolle Leute leben.“

Klopp gönnt sich ein Bier - um seine Schultern hängt ein BVB-Schal

Und später am Abend, als der offizielle Akt hinter ihm liegt und die Kameras ausgeschaltet sind, ist es wie früher in Dortmund. Klopp gönnt sich ein Bier mit BVB-Logo auf dem Glas, um seine Schultern hängt ein schwarzgelber Fanschal. Er erzählt im kleinen Kreis von lustigen Urlaubserlebnissen. „The normal one“ lacht an der Theke. Am Samstag werden noch Freunde in Mainz besucht, am Sonntag hebt der Flieger ab zurück nach Liverpool. Dort brodelt jetzt das Epizentrum seines Vollgasfußballs.

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