BVB zwischen Genie und Wahnsinn Terzic-Elf schwankt durch die Saison

BVB zwischen Genie und Wahnsinn: Terzic-Elf weiter auf der Suche nach Konstanz
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In ihrem Ablauf ähnelten sich die Szenen, die Folgen waren in beiden Fällen nicht gravierend, weil Borussia Dortmund einen Torwart in Weltklasse-Form im Kasten hatte. Erst verlor Salih Özcan leichtfertig den Ball gegen Mario Götze, Kobel bügelte den anschließenden Schuss von Kolo Muani aus. Dann der Ausrutscher von Nico Schlotterbeck gegen Jesper Lindström – nicht sein einziger Aussetzer an diesem Abend - wieder war Kobel zur Stelle. Beim BVB ging es zum Teil vogelwild zu in der Defensive – vier Tage nach einem vor allem defensiv grundsoliden Auftritt gegen Manchester City, eine der kombinationsstärksten und torgefährlichsten Mannschaften Europas.

BVB wandelt in Extremen

Auch nach mehr als einem Drittel der Saison wandelt die Borussia immer in Extremen. Zwischen Genie und Wahnsinn liegen oftmals nur wenige Tage. Beispiele gibt es reichlich allein aus den vergangenen 16 Tagen. Bei Union Berlin bringen haarsträubende Fehler Dortmund auf die Verliererstraße, sattelfest präsentiert sich die Abwehr auch wenige Tage später im Pokalspiel bei Hannover 96 nicht. Der Zweitligist hat eine Handvoll sehr guter Einschusschancen, auch hier bügelt Tormann Kobel Fehler seiner Vorderleute mit zum Teil spektakulären Paraden aus. Im Verteidigungsverhalten fehlt dem BVB die letzte Konsequenz, der letzte Zugriff. Dass am Ende ein 2:0 und das Weiterkommen steht, ist im Zustandekommen glücklich.

Wieder drei Tage später: Ein rauschendes Fußballfest gegen den VfB Stuttgart, dem die taktisch vielleicht ausgereifteste Leistung dieser Saison gegen Manchester City folgt. Dortmund muss 900 Pässe der Citizens zulassen und 73 Prozent Ballbesitz für die Engländer aushalten. Aber vors Tor kommen die Gäste nur ganz selten, weil es dem BVB gelingt, die eigenen Reihen geschlossen zu halten und die meisten wichtigen Zweikämpfe für sich zu entscheiden.

BVB mit Problemen gegen hochstehende Gegner

Das Spiel danach in Frankfurt wird lange im Gedächtnis bleiben. Ein hochklassiger Abtausch mit intensiven Zweikämpfen und dramatischen Szenen vor allem vorm Dortmunder Tor – und daher von der Dortmunder Warte her viel zu wild. Gregor Kobel allein ist es zu verdanken, dass der BVB am Ende als glücklicher Sieger dasteht, in Dortmunds Abwehrverbund einschließlich der Linie um Salih Özcan im Zentrum vor der Viererkette erfüllen allein Mats Hummels und in Ansätzen Niklas Süle ihre Aufgabe zur Zufriedenheit. Nicht nur Özcan und Schlotterbeck agieren hingegen mit bedenklichen individuellen und mannschaftstaktischen Patzern.

Auffällig ist, dass dem BVB immer dann die Souveränität im Verteidigungsverhalten verloren geht, wenn der Gegner sehr hoch und mit viel Gegnerdruck presst. Das war in Hannover so, und überdeutlich auch in Frankfurt zu bestaunen, wo die Hessen mit ihrer Offensivreihe enormen Druck entfachten – auch gegen den Ball. Die Folge: Das Dortmunder Spiel wird unsauber und fehlerbehaftet, dem Aufbau fehlt das Tempo und die Bälle gehen in der Folge viel zu schnell verloren. Es entsteht Unordnung und Unruhe. Wenn sich das mit einer schlechten Tagesform wie bei Özcan paart, klafft im defensiven Mittelfeld oft ein viel zu großes Loch.

Bereitschaft beim BVB muss da sein

Auch die Eintracht zog das Tempo durchs Zentrum immer wieder mit schnellen Vorstößen an, beispielhaft beim Gegentor zum 1:1, als sowohl Jude Bellingham als auch Özcan Frankfurts Kolo Muani nicht folgen konnten und Schlotterbeck dann gegen Kamada deutlich zu spät herausrückte und den Schuss des Japaners nicht mehr verhindern konnte.

Auf die Notwendigkeit zur Bereitschaft, bis zum Letzten um jeden Ball zu kämpfen, hat Trainer Edin Terzic immer wieder hingewiesen. Das funktionierte spät in Freiburg, als das Lapsus-Tor zum 1:1 Kräfte weckte und die Moral stärkte, es klappte nicht in Köln und in der Schlussphase gegen Bremen, als die Borussia ein sicher geglaubter Sieg noch aus den Händen glitt. Je weiter es in die Saison ging bei stetig zunehmender Belastung, torpedierten mentale und körperliche Müdigkeit Terzics Anforderungen. Dass der Trainer nicht in großem Umfang rotieren und Belastung verteilen konnte, tat ein Übriges.

Das Problem mit dem großen Verletzungspech wird sich auch in den verbleibenden vier Pflichtspielen bis zur ersehnten WM-Pause nicht beheben lassen. Immerhin bietet die schon feststehende Qualifikation fürs Achtelfinale die Möglichkeit, im letzten Gruppenspiel der Champions League am Mittwoch in Kopenhagen einige viel belastete Kräfte zu schonen.

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